Zugang für ausreichend Wasser ist unbedingt erforderlich, damit Pflanzen in der Stadt gedeihen können. Foto: WR
Urbanes Leben

Grüne Möglichkeiten für Städte

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Heiße Stadt und kühler Wald - so ist das gängige Klischee. Aber muss das zwingend so sein?

Technisch spricht nichts dagegen, die Städte nachhaltig zu begrünen. In diesem Artikel stellen wir eine Reihe von heute verfügbaren Lösungen vor.

Eine Pflanze steht immer für Fotosynthese, Osmose und Schatten. Mit der Photosynthese setzt die Pflanze Sauerstoff frei und bindet Kohlendioxid. Die Osmose regelt den Wasserhaushalt der Pflanze, wovon sie stets große Mengen auch an die Umwelt abgibt. Schließlich sind hohe Bäume mit dichtem Blätterwerk ganz besonders angenehme Schattenspender. Zusammen bieten diese drei Faktoren das, was Städte vor allem im Sommer dringend brauchen: Abkühlung.

Pflanzen wie Büsche, Bäume und Ranken sind vergleichsweise genügsame Lebewesen. Ganz ohne Fürsorge und Pflege kommen sie in einer urbanen Umgebung aber nicht aus. Da der Bürgersteig nicht gerade das natürliche Habitat eines Baumes ist, muss die Umgebung auf seine Bedürfnisse angepasst werden. Das bedeutet vor allem, seinen Zugang zu ausreichend Wasser sicher zu stellen.

Wasser für Baum und Busch

Der Klimawandel hat die durchschnittliche Niederschlagsmenge dramatisch sinken lassen. Für die Städte ist dies besonders fatal. Die wenigen Bäume entlang der Straße bekommen kaum noch ausreichend Wasser ab. Die Folgen sind, dass viele Bäume regelrecht verdurstet sind und gefällt werden mussten. So setzt sich ein gefährlicher Kreislauf in Gang: Weniger Bäume können die Stadt weniger abkühlen, was den Niederschlag über dem Hotspot weiter absenkt.

Bislang bestand die einzige Lösung darin, die Bäume künstlich zu bewässern. Dies ist aber in mehrfacher Hinsicht ineffizient. Zum einem kostet die Bewässerung große Mengen Trinkwasser. Zum anderen bindet das Wasser-Management wertvolle Ressourcen an Technik und Manpower.
Die Lösung der Zeit heißt hier: Selbstversorgende Systeme. Anstatt das wenige anfallende Regenwasser sofort über die Kanalisation abzuleiten, stehen heute andere Konzepte bereit. Darin wird das Wasser in Tanks direkt am Baum gesammelt. Diese Tanks sind von oben unsichtbar und können gefahrlos betreten werden. Diese einfache und kostengünstige Lösung wird beispielsweise von der Humberg GmbH angeboten.

Die flächendeckende Verteilung dieser Mini-Rückhaltebecken hat noch einen weiteren Vorteil. Wenn es im Sommer zu Regenfällen kommt, dann haben sie immer häufiger einen wolkenbruchartigen Charakter. Die Kanalisation ist in diesem Fall von den plötzlich auftretenden Wassermassen überfordert. Die Folgen sind vollgelaufene Keller, überflutete Straßen oder Bäche, die zu reißenden Strömen werden. Mit einer entsprechenden Menge an diesen Mini-Rückhaltebecken lässt sich die Wolkenbruch-Situation erheblich entschärfen.

Nutzpflanzen in der Stadt

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Neben den zahlreichen Konzepten für die nachhaltige Stadtbegrünung hat sich in den letzten Jahren ein weiterer Trend etabliert. Mit dem „Urban Gardening“ oder „Urban Farming“ wird die urbane Umgebung für die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel eingesetzt. Was mit einer kleinen Gruppe Enthusiasten begonnen hat, ist inzwischen zu einer eigenen Branche mit einer stark wachsenden Industrie geworden. Ob leichte Gewächshäuser für Flachdächer, vertikale Bepflanzungslösungen für Fassaden oder Indoor-Farming mit Aquaponik, die Möglichkeiten zur urbanen Primärproduktion von Nahrungsmitteln sind vielfältig.

Auch hier lassen sich direkte und indirekte Vorteile für das Stadtklima feststellen. Wie die Bäume, binden die schnell wachsenden Gemüse und Kräuter große Mengen an Kohlendioxid. Gleichzeitig setzen sie auch entsprechende Mengen Sauerstoff und Feuchtigkeit frei. Besonders nachhaltig am Urban Gardening ist aber die Verkürzung der Transportwege. Die selbst angebauten Nahrungsmittel lassen sich ganz einfach per Transportfahrrad zum nächsten Markt fahren. Kilometerlange LKW-Touren sind mit dieser Lösung nicht mehr erforderlich.

Fassaden begrünen mit Ranken – und Rasen

Fassaden müssen nicht unbedingt lebensfeindliche Orte sein. Sie eignen sich durchaus für eine Begrünung, wenn man den entsprechenden Pflanzen ein wenig Hilfestellung gibt. Wilder Wein ist eine Kletterpflanze, die schnell ein mittelgroßes Gebäude komplett eingrünen kann. Direkt am Mauerwerk sollte sie nicht wuchern, da sie dort tatsächlich Schaden am Putz anrichten kann. Aber mit einem vorgeschraubten Klettergitter kann sie ebenso gut wachsen – zum Vorteil von allen. In der Wachstumsperiode bildet sie große Blätter aus. Sie kühlen das dahinter liegende Gebäude nachhaltig ab. Das senkt beispielsweise die Energiekosten für eine Klimaanlage. Im Herbst wirft diese Ranke ihre Blätter mit einem Feuerwerk an Farbenpracht ab, die jedes Herz erfreut.

Es gibt auch heute schon Lösungen für vertikal angebrachte Rasenflächen. Selbst Blumenwiesen lassen sich auf dieser Weise an Hauswänden montieren. Der Vorteil dieser kurzen, krautartigen Gewächse ist ihr schnelles Wachstum. Sie spenden zwar keinen Schatten, doch ihre emittierte Feuchtigkeit trägt ebenfalls zur Kühlung und Reinigung der Stadtluft bei.

Die Stadt – neuer Lebensraum für Insekten

Der Schock der Nachricht aus dem Jahr 2018 steckt vielen noch in den Knochen: Es wurde festgestellt, dass Deutschland seit 1990 3/4 seiner Insektenpopulation verloren hat. Der Grund dafür ist der exzessive Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln und die weitergehende Zerstörung der natürlichen Lebensräume. Mit den Insekten sind auch deren Fressfeinde wie Vögel, Frösche und Eidechsen gefährdet. Die Begrünung der Städte kann auch bei diesem Problem eine Lösung bieten. Mit der konsequenten Ausrichtung einer „insektenfreundlichen Stadt“ lässt sich dieser Trend umkehren. Das müssen nicht nur die Blumenbeete für die Bienen sein

Praktisch jede zugängliche Pflanze bietet einen Mikro-Lebensraum für ein angepasstes Insekt. Konsequenterweise sollten wir dann aber auch das Beleuchtungsmanagement unserer Städte neu überdenken. Permanent leuchtende Straßenlaternen und Schaufenster bedeuten für Milliarden an Motten und Fliegen einen sinnlosen Tod. Angesichts des enormen Populationsverlustes bei den Kerbtieren sollten wir hier schleunigst zu anderen Konzepten kommen. Doch wie man es am Beispiel der Mini-Wasserspeicher für die Baumbewässerung gesehen hat: Wenn wir wollen, können wir Lösungen entwickeln, die für alle nur Vorteile bieten- auch für die Insekten.

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