„Ich weiß gar nicht, ob ich das aushalten kann, wenn gleich die Säge an den Baum gesetzt wird“, sagt Andrea Hilken, die in der Bennigsenstraße wohnt. Nicht nur dort sollen die Bäume verschwinden, auch in der Stresemannstraße und in der Steubenstraße. Insgesamt müssen 180 Bäume weichen, darunter alte Eichen. Wolle sich Bremen um den Platz als erste baumfreie Stadt Deutschlands bewerben, fragt sich Hilken.
Die Bäume stehen der geplanten Strecke der Straßenbahnlinie 2 im Weg. Durch die neue Trasse, die Querspange Ost, soll die Vahr besser mit der Innenstadt verbunden werden. Ende 2025 sollen die wichtigsten Bauarbeiten abgeschlossen sein, zum Jahreswechsel 2025/26 die ersten Straßenbahnen über die neue Trasse fahren.
42 Millionen Euro
Rund 42 Millionen Euro kostet das Projekt. Schon der Betrag stößt Alexandra Dörnath sauer auf. Auch sie demonstriert wie viele andere gegen die Fällung der Bäume. Im Jahr 2012 seien die Planer noch von 31,5 Millionen ausgegangen, meint die Tierärztin, die seit vielen Jahren in der Benningsenstraße eine Praxis betreibt. Jetzt werde jeder Meter Bremer Straßenbahnschiene teurer als für den französischen Hochgeschwindigkeitszug TGV, behauptet die Tierärztin. „Ich habe geweint als die ersten Bäume fielen. Jetzt bin ich nur noch wütend“, sagt sie. „Die Bäume sind doch unsere natürlichen Klimaanlagen.“ Und Umweltsenatorin Maike Schaefer habe doch erst vor einigen Monaten den Klimanotstand ausgerufen, sagt Dörnath.
Jens Tittmann. Sprecher der Senatorin, sieht darin keinen Widerspruch. Das mache durchaus Sinn, verteidigt er Schaefer, die zugleich auch Senatorin für Mobilität ist und den Aufsichtsrat der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) leitet. Durch die höhere Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) entfielen viele Fahrten mit dem Pkw und dadurch werde weniger CO2 ausgestoßen, erklärt Tittmann. Experten rechnen damit, dass der ÖPNV durch die neue Verbindung so attraktiv werde, dass in Bremen rund 1.500 Fahrgäste zusätzlich Bus und Bahn benutzen werden – täglich. Und rechnen deshalb mit einer halben Millionen neuer Fahrgäste im Jahr.
Projekt für Verkehrswende
„Die Querverbindung Ost ist ein wichtiges Projekt im Rahmen der Verkehrswende. Es ist zusammen mit dem Verkehrsentwicklungsplan einstimmig von der Bürgerschaft beschlossen worden“, erklärt Schaefer: „Dass für diese Straßenbahnverbindung, die künftig dazu beitragen wird, hunderte Tonnen Kohlendioxid im Jahr einzusparen, jetzt 180 Bäume gefällt werden müssen, ist sehr schmerzlich. Wir pflanzen dafür aber auch 238 Bäume neu an“, so die Senatorin.