Die Unternehmerin Janina Marahrens-Hashagen ist die erste Frau, die als Präses die Handelskammer Bremen leitet. In einer Woche endet die dreijährige Amtszeit.Foto: Schlie
Interview

„Ich haue nicht auf den Tisch“

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Handelskammer-Präses Janina Marahrens-Hashagen spricht über Stil, Aufgaben und Ziele.

Weser Report: Frau Marahrens-Hashagen, in einer Woche endet Ihre Amtszeit als Präses der Handelskammer. Warum kandidieren Sie nicht erneut?

Janina Marahrens-Hashagen: Ich habe das Amt drei Jahre lang mit Freude ausgeübt, aber ich habe auch noch ein Unternehmen. Das steckt gerade in einer Phase des Übergangs an die nächste Generation. Dort werde ich dieses Jahr noch komplett arbeiten und mich im nächsten Jahr weiter zurückziehen. In der Handelskammer bleibe ich im Präsidium.

Als Präses hatten Sie oft mit Politikern zu tun. Was sind die größten Unterschiede zwischen Politik und Wirtschaft?

Die Entscheidungen fallen in der Wirtschaft schneller.

Sie fordern eine Richtlinienkompetenz für den Bürgermeister, damit er – wie Sie sagten – auch mal auf den Tisch hauen kann. Wie oft hauen Sie in Ihrem Unternehmen auf den Tisch?

Ich haue nicht auf den Tisch. Wir diskutieren gewisse Themen, absolut basisdemokratisch, aber dann muss jemand eine Entscheidung fällen, damit es vorangeht. Und wenn die Entscheidung sich als falsch erweist, ist der verantwortlich, der sie getroffen hat.

In Ihrem Unternehmen sind 50 Prozent der Belegschaft Frauen. Wie weit ist die Handelskammer?

Wir haben bei den Beschäftigten der Handelskammer mehr als 70 Prozent Frauen und auch in der Geschäftsführung haben wir eine Frau. Für die Wahl zum Plenum der Kammer bin ich losgezogen und habe versucht, Frauen zu motivieren, dafür zu kandidieren. Aber die Mitgliedschaft im Plenum ist ein Ehrenamt, das neben der Berufsarbeit ausgeübt werden muss. Wenn man kleine Kinder hat, überlegt man sich das aus Zeitgründen dreimal.

Sie lehnen eine Frauenquote ab, wollen aber, dass mehr Frauen auch in leitende Positionen kommen. Wie das?

Ich bin auch keine Quotenfrau. Ich bin dafür, Frauen zu motivieren, auch Qualifizierungsprogramme für Frauen finde ich gut. Aber das Thema wird sich in 10 bis 20 Jahren erledigt haben. Denn die jungen Frauen, die jetzt von den Universitäten und aus der beruflichen Ausbildung kommen, haben klare Ziele: Einige entscheiden sich komplett für die Familie, andere möchten Karriere machen.

Sie sind die erste Frau, die zur Schafferin gewählt wurde. Lange war die Schaffermahlzeit reine Männersache ebenso wie die Eiswette und das Tabak-Collegium. Sind Männerbünde typisch für Bremen?

Die Schaffermahlzeit hat sich ja geöffnet für Frauen. Ich bin sehr positiv aufgenommen worden. Die Eiswette war eine Wette unter Herren, an der inzwischen auch Frauen teilnehmen. Und ins Tabak-Collegium bin ich auch sehr freundlich aufgenommen worden. Es hat ein Umdenken stattgefunden, und das ist gut so.

Bildung und Ausbildung ist eine Kernaufgabe der Kammer, hatten Sie einmal gesagt. Vor allem in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik fehlen Fachkräfte. Was tun?

Das Interesse von Frauen an den Mint-Berufen nimmt zu, es müsste aber viel ausgeprägter sein und deutlich stärker gefördert werden. Das gilt auch für Männer. Wir brauchen mehr gute Mathematiklehrerinnen und -lehrer, mehr Physiklehrerinnen und -lehrer. Wenn ein junger Mensch heute eine Solaranlage bauen soll, braucht er zumindest mathematische Grundkenntnisse. Diese fehlen unserer Erfahrung nach bei vielen Schulabsolventinnen und -absolventen.

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt plant eine Ausbildungsabgabe von Unternehmen, die nicht ausbilden. Ist das ein Weg zu mehr Lehrstellen?

Ich kann Unternehmen nicht erklären, dass sie eine Umlage dafür zahlen müssen, dass sie keine Auszubildenden finden. Jetzt mit einer Zwangsabgabe zu kommen, um Defizite der schulischen Bildung zu beheben, wäre vollkommen verfehlt.

Sie haben durch Ihr Unternehmen weltweit Kontakte. Wie attraktiv ist Bremen als Arbeitsort?

Wir haben mitunter Probleme, Führungskräfte nach Bremen zu holen. Die finden Bremen toll, Stadt am Wasser, Weltkulturerbe, aber dann fragen sie sich: In welche Schule schicke ich meine Kinder? Da hat Bremen leider ein schlechtes Image.

Ein großes Thema in Ihrer Amtszeit ist der Umbau der City. Da kommt es auch auf Unternehmer an. Tun die genug dafür?

Wenn jemand in Bremen investieren will, ist es auch an Bremen, die Interessenten an die Hand zu nehmen. Mit einzelnen kleinen Maßnahmen ist es nicht getan, es müssen auch große Projekte umgesetzt werden. Bevor man zum Beispiel eine autoarme Innenstadt schaffen will, braucht man ein Gesamtkonzept. Auch der Gewerbeentwicklungsplan 2030 ist noch nicht umgesetzt. Das muss jetzt passieren, damit wir verlässliche Rahmenbedingungen bekommen.

Welche große Aufgabe vor allem bleibt aus Ihrer Zeit?

Die Verbesserung der Bildung. Daran müssen wir arbeiten. Das bleibt eine wichtige Aufgabe.

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