Die „Stiftung Lesen“ schlägt Alarm: Nur noch 32 Prozent der Jugendlichen greifen laut jüngster Studie regelmäßig zum Buch. Das sei der niedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Doch ist es um die Lesefreude der Heranwachsenden im Landkreis ebenfalls so schlecht bestellt? Eine Umfrage unserer Redaktion zeigt: Mitnichten. Buchhandlungen, Bibliotheken und Schulen lassen sich einiges einfallen, um die Lust am geschriebenen Wort zu entfachen.
Schlüsselrolle der Lehrkräfte
„Schon vor 20 Jahren, als ich angefangen habe, wurde das Buch totgeredet“, sagt die Leiterin der Grasberger Bücherei Evelin Meyer. „Doch es ist immer noch da.“ Das Leseverhalten hänge auch vom Engagement der Lehrkräfte ab. Und: „Umso mehr die Kinder mit der Pubertät kämpfen“, umso geringer werde das Interesse. Sei jedoch zuvor eine gute Grundlage gelegt worden, „kommt das Interesse wieder“.
Fixe Lesezeiten im Unterricht
„Lesen ist nicht mehr selbstverständlich heutzutage und bedarf einer besonderen Einführung“, sagt die Leiterin der Integrierten Gesamtschule (IGS) Lilienthal, Karina Kögel-Renken. „Insgesamt ist Lesen eher unbeliebt, aber wenn man es intensiv fördert und als etwas Selbstverständliches einführt, läuft es gut. Die Lesezeit an der IGS – 10 bis 15 Minuten zu Beginn des Unterrichts- ist dafür sehr gut geeignet.“
„Fantasy ist total angesagt“
Kristin Krause von der Buchhandlung „Buchstäblich“ in Lilienthal bedauert, dass viele Lehrkräfte jedes Jahr auf dieselben Titel setzen. Dabei gebe es viel Neues, „Auswahl genug würde es geben“. Bei den Lütschen komme die „Schule der magischen Tiere“ sehr gut an. Jede neue Generation liebt es.“ Beliebt sei derzeit die comicmäßig gemachte Kinderbuchreihe „Lotta-Leben“. Die gesellschaftskritische Autorin Ursula Poznanski wiederum spreche Jugendliche an. „Fantasy allgemein ist sowieso total angesagt.“ Um den Lesenachwuchs zu erreichen, setzt „Buchstäblich“ auf die Vorstellung von Titeln auf Plattformen wie Instagram oder TicToc. Astrid Lindgren und Harry Potter zählen zu den Dauerbrennern. „Asymmetrisch“ zur Digitalisierung sei, dass E-Books für die Jugend „überhaupt nicht interessant“ seien.
Sachbücher sind weniger gefragt
Das Team der Hamberger Bücherei kann den Abwärtstrend beim Lesen „nicht bestätigen. Das Ausleihverhalten bei Bilder- und Kinderbücher ist gestiegen.“ „Wir haben prozentual einen hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen“, bestätigt auch die Lilienthaler Bibliothekarin Karin Hölscher. Hölscher und ihr Team versuchen, „Kinder und Familien möglichst frühzeitig ans Buch heranzuführen“. Ob Bilderbücher, Leseanfänger oder Teenager – alle finden ein differenziertes Angebot. Im Kommen sei Tierfantasy wie die „Warrior Cats“. „Bei den Sachbüchern gibt es schon einen Rückgang.“
Traditionelle Rollenverteilung
Die traditionelle Geschlechterprägung macht auch vorm Bücherregal nicht halt. „Mädchen stehen auf Pferde und Elfen, Jungs auf Star Wars und Lego Star Wars“, sagt Hölscher. Silke Schroeter von der Worpsweder Buchhandlung Netzel bedauert, dass viele Kinder- und Jugendbuchverlage an den Rollenklischees festhalten.
Mangas sind der Renner
„Bei uns kommen schon ziemlich viele Kinder und Jugendliche zum Buchkauf“, sagt Sabine Gartmann von der preisgekrönten Buchhandlung „Die Schatulle“ in der Kreisstadt. „Wir haben vor einiger Zeit angefangen, Manga, also japanische Comics, zu führen. Die Eltern ziehen mit.“ Viele seien heilfroh, „dass die Kids überhaupt lesen.“ Wichtig sei es, die Kulturtechnik Lesen zu pflegen. Die Schatulle organisiert auch Lesungen von Autoren in Osterholz-Scharmbecker Grundschulen.