Noch sitzt er hoch zu Ross, unübersehbar auf einem sechs Meter hohen Sockel direkt neben dem St.-Petri-Dom: Otto von Bismarck, erster Reichskanzler des Deutschen Reiches. Erst vor zwei Jahren ließ Bremen das Denkmal für rund 100.000 Euro sanieren, um es vor dem Verfall zu retten. Doch ist das Denkmal überhaupt noch zeitgemäß?
Schon wird über einen Abriss gestritten. Den wird der Senat nicht zulassen, aber bleiben, wie es ist, soll das Denkmal auch nicht.
Ein Schild an oder vor dem Sockel soll über Bismarcks Taten aufklären. Wie es aussehen soll, was genau darauf stehen soll, steht noch nicht fest. Aber, heißt es aus dem Kulturressort, die Sache sei in Arbeit. Im Sommer soll ein Vorschlag vorliegen und die Deputation für Kultur darüber diskutieren.
Gesamtes Ensemble unter Denkmalschutz
Schon das Aussehen der Tafel muss sorgfältig bedacht werden. Denn nicht nur das Standbild steht unter Denkmalschutz, sondern das gesamte Ensemble mit dem Dom und dem Rathaus. Darauf hatte Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz schon im Dezember in der Bürgerschaft hingewiesen.
Noch mehr Diskussionen dürfte der Text auslösen, der auf der Tafel stehen soll. Denn Bismarck, so Staatsrätin Emigholz, ist „eine ambivalente Persönlichkeit“. Er gründete 1871 nicht nur das Deutsche Reich, er schuf auch die erste deutsche Kolonie, als er 1884 die Handelsniederlassung des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz an der afrikanischen Südwestküste, dem heutige Namibia, unter den Schutz des Reiches stellte.
Im selben Jahr lud er die Vertreter der USA und der europäischen Mächte nach Berlin ein, um Afrika untereinander aufzuteilen. Die Menschen dort wurden unterdrückt, die Rohstoffe geplündert. In der Schlacht von Ohamakari töteten die deutschen Besatzer rund 80.000 Menschen.
Geschichte nicht tilgen
Auch dafür steht Bismarck. „Wir müssen uns der Verantwortung stellen“, sagt Claas Rohmeyer, der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft. Er warnt vor einem Sturz des Denkmals. „Wir würden einen Teil unserer Geschichte in der Öffentlichkeit tilgen.“ Außerdem dürfe man Bismarck „nicht auf den Kolonialismus reduzieren“. In der Tat führte er beispielsweise auch die Sozialversicherung ein.
Bei einer Tafel am Denkmal will es Rohmeyer nicht belassen. „Wir müssen den jungen Menschen in Namibia ein Signal für die Zukunft geben, sie in der Bildung und Aufarbeitung der Vergangenheit unterstützen.“
Und in Bremen sollte man die Wirkung des Denkmals umkehren ins Gegenteil. Vorbild ist für ihn der steinerne Elefant in Schwachhausen, 1932 zur Ehre deutscher Kolonialisten errichtet, heute vor allem dank des Engagements des Grünen-Politikers Ralph Saxe ein Mahnmal gegen Unterdrückung.