WESER REPORT: Was bedeutet Immobilienverrentung und wie ist die Unterscheidung zur Leibrente?
Thomas Mai: Eine Leibrente ist eine lebenslange Rente. So wie die Rente von der Deutschen Rentenversicherung. Bei der Immobilienverrentung wird die Immobilie ganz oder teilweise verkauft. Den Erlös nutzt man dann entweder zum Leben oder überlässt ihn dem Anbieter, der einem dafür eine lebenslange Rente zahlt. Dafür gibt es verschiedene Modelle. Eines ist, dass man die Immobilie verkauft und sie zurückmietet. Daneben gibt es Darlehensmodelle, dass man Eigentümer bleibt und eine Hypothek aufnimmt, zum Beispiel sogenannte Best-Ager-Darlehen. Zu jedem Modell gibt es auch viele Anbieter.
Ist Immobilienverrentung ein neues Finanzierungsmodell?
Nein, aber der Markt hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Wir kannten das als Verbraucherzentrale auch schon früher. Seit 2015/2016 ist das Angebot durch Eintritt einiger Marktteilnehmer und Trittbrettfahrer sehr groß geworden. Die Nachfragen bei uns sind auch stark gestiegen.
Für wen ist so ein Modell sinnvoll?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Das ist eine spezielle Zielgruppe. Zunächst muss ich eine Immobilie besitzen, die möglichst auch abbezahlt ist. Und man muss Bedarf an einer Finanzspritze haben. Etwa wenn die Rente nicht reicht oder man sich nochmal etwas gönnen will.
Welche Vorteile bringt die Immobilienverrentung?
Der Vorteil ist einfach, dass man in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben kann, dass man das Wohnrecht nicht aufgibt und trotzdem erstmal Geld dafür bekommt. Für Leute, die viel Haus haben, aber wenig Rente ist das eine Chance auf eine mehr oder weniger lukrative Auszahlung. Das ist für viele Nutzer das Hauptmotiv.
Welche Risiken bringt sie mit sich?
Ein Nachteil ist, dass ich nach dem Verkauf nicht mehr an einer Wertsteigerung des Hauses partizipiere. Andererseits bin ich Mieter. Je nach Modell erwarte ich eine lebenslange Rentenzahlung oder muss vielleicht ein Nutzungsentgelt bezahlen. Das heißt man muss mit der Finanzspritze, die man bekommt, kalkulieren.
Was muss man bedenken?
Für viele ist das erstmal verlockend. Ich muss mich aber mit drei wesentlichen Punkten auseinandersetzen: Habe ich überhaupt den Bedarf am lebenslangen Wohnrecht? Kann und will ich dort für die nächsten vier, fünf oder zehn Jahre wohnen bleiben? Muss am Haus nur etwas verändert werden oder brauche ich vielleicht generell eine altersgerechte, barrierefreie Wohnung? Steht ohnehin ein Wohnortwechsel an? Man muss auch mit der Familie sprechen. Dann sollte man auf jeden Fall die Angebote mehrerer Anbieter einholen. Auch um mal zu fühlen, was ist mein Haus wert, wie viel Kapital bekomme ich bei dem Einen oder dem Anderen. Da gibt es sehr große Preisunterschiede. Schließlich muss ich neben der wirtschaftlichen Seite auch die rechtliche betrachten. Bekomme ich das lebenslange Wohnrecht auch ins Grundbuch eingetragen? Gibt es im Kleingedruckten in den notariellen Verträgen Stolperfallen, etwa Durchführungs- oder Nutzungsentgelte? Deshalb sollte man auch überlegen, von wem man Hilfe bekommen kann. Gibt es in der Familie einen Juristen, frage ich beim Anwalt oder der Verbraucherzentrale nach? Wenn das geklärt ist, kann es eine runde Sache werden.
Was passiert, wenn die Bewohner doch pflegebedürftig werden und ins Heim ziehen müssen?
Das kommt auf die Ausgestaltung der Verträge an. Der Käufer will ja nicht nur das Eigentum, sondern auch die Immobilie. Manchmal gibt es die Möglichkeit, das Wohnrecht zusätzlich zu versilbern, wenn man vorzeitig auszieht. Wenn eine Leibrente vereinbart wurde, wird die bis zum Tod bezahlt, egal wo man wohnt.
Wie wird die Rente gegen eine Insolvenz des Käufers abgesichert?
Das erfolgt in der Regel durch die Eintragung einer Reallast im Grundbuch. Allerdings muss ich mein Recht erstmal durchsetzen, wenn die Rentenzahlung ausbleibt. Das kann mehrere Monate dauern. Deshalb sollte man auch finanziell vorsorgen und immer etwas auf der hohen Kante haben.Ro