Protestbanner in der unteren Rathaushalle. Beteiligung sei nicht ergebnisoffen und finde erst statt, wenn die Entscheidungen bereits getroffen worden seien, kritisiert der Zusammenschluss der Bürgerinitiativen. Foto: Schlie
Bürgerinitiativen

Das Salz in der Suppe der Demokratie

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Was Bremer Bürgerinitiativen ärgert und was sie gemeinsam erkämpfen wollen.

Ihre Beweggründe sind ganz unterschiedlich, doch der Ärger über die Art, wie mit ihnen umgegangen wird, vereint sie. 17 Bremer Bürgerinitiativen haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Gehör zu finden. Meistens geht es um Projekte aus den Bereichen Bau und Verkehr.

„Ernsthafte Bürgerbeteiligung und Transparenz“, nennt Ingo Kramer von „Kein Hochhaus im Viertel“ zwei zentrale Anliegen des Zusammenschlusses. Die Regierungspolitik in Bremen sei von einem eklatanten Widerspruch zwischen theoretischen Einsichten und praktischem Handeln gekennzeichnet, kritisieren die Aktivisten in einer Mitteilung.

Ingo Kramer Foto: Schlie

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Beteiligung nur pro forma erfolgt. Bürger werden erst gehört, wenn die Entscheidung längst gefallen sind“, erklärt Kramer. Als Beispiel führt er vorhabenbezogene Bebauungspläne an. „Ein Investor bezahlt das gesamte Verfahren und alle Gutachten. Am Ende bekommt er zur Belohnung seinen Bebauungsplan. Der Bürger wird gehört aber nicht mehr ernst genommen“, meint er.

Informationen fließen langsam

Auch mit der viel zitierten und gesetzlich sogar verbrieften vorgeschriebenen Transparenz sei es nicht weit her. „Wenn man nach dem Informationsfreiheitsgesetz Einblick in Verwaltungsvorgänge einfordert, bekommt man entweder gar keine Antwort oder erst sehr spät oder die Unterlagen sind unvollständig“, sagt der Sprecher von „Kein Hochhaus im Viertel“.

Ein Schuss Frustration ist immer herauszuhören, wenn die Aktivisten von ihren Anliegen berichten. „Wir sind von der Politik enttäuscht. Unsere gewählten Vertreter setzen sich nicht für die Bürger ein“, sagt etwa Hilde Kohake von „Mobilitätsfrieden – Östliche Vorstadt“. „Wir wurden am Runden Tisch Rennbahn auf die Zuschauertribüne verbannt – Bürgerbeteiligung sieht anders aus“, beklagt Andreas Sponbiel von „Rennbahngelände Bremen“.

Frank Imhoff nahm sich Zeit, um sich zu informieren und mit den Vertretern der Bürgerinitiativen zu sprechen. Foto: Schlie

Mit einem Tag der Bürgerinitiativen in der unteren Rathaushalle machte der Zusammenschluss in den beiden vergangenen Tagen auf die Anliegen aufmerksam. Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff erschien zur Eröffnung, nahm sich Zeit, um an den einzelnen Ständen mit den Aktivisten zu diskutieren und lobte die Rolle der Bürgerinitiativen in einer lebendigen Demokratie.

Probleme ins Bewusstsein der Parteien rücken

„Ihre Aufgabe ist es, Probleme in das Bewusstsein zu rücken, die von den Parteien nicht beachtet werden“, sagt Imhoff. Er habe keine Angst vor Bürgerinitiativen. „Es liegt an uns als Politik, auf Bürgerinitiativen einzugehen und uns auch mit ihnen zu streiten. Wer die Bürger nicht ernst nimmt, wird am Ende verlieren. Politik darf sich nicht von der Bevölkerung entfernen“, mahnt er.

Eine Vorlage, die Ingo Kramer gerne aufnimmt: „Demokratie erschöpft sich nicht darin, alle vier Jahre zur Wahl zu gehen. Wir sind das Salz in der Suppe der demokratischen Gesellschaft“, sagt er.

Folgende Bürgerinitiativen sind am Zusammenschluss beteiligt: Stadtgestaltung Vegesack, Grünes St. Magnus, Erhalt der nördlichen Lesumwiesen, Oslebshausen und Umzu, Mobilitätsfrieden – Findorff, Bremer Bahnhofsplatz Initiative, Platanen am Deich, Blumenstraße, Kein Hochhaus im Viertel, Mobilitätsfrieden – Östliche Vorstadt, Bürger:inneninitiative Pro-test Kornstraße, Klimawald Gete-Vahr, Pro Unibad, Rennbahngelände Bremen, Pro Mühlenfeld, Querspange Ost – Nein, danke und Leben im Viertel .

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