Andrej Kolesnikov betreut als ehrenamtlicher Sanitäter der Johanniter in ihrer Notunterkunft. Seine Russisch-Kenntnisse sind dabei von Vorteil. Foto: Schlie
Notunterkunft

Ungewisse Unterbringung

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Ein Besuch in der Notunterkunft: Wie Geflüchtete aus der Ukraine das Leben dort empfinden.

Mitten in einer Halle im Bremer Osten, in der eigentlich geturnt und gerannt, Handball, Fußball oder Volleyball gespielt wird, reihen sich nun die Feldbetten aneinander. Die Heinz-Thiele-Halle in Blockdiek ist zu einer Notunterkunft für geflüchtete Ukrainer geworden. 120 Personen wohnen, essen und schlafen hier momentan – manche schon seit knapp zwei Wochen.

„Zuerst hieß es, die Menschen sollen nur 24 Stunden hier bleiben. Das klappt aber nicht“, sagt Andrej Kolesnikov. Der Sanitäter der Johanniter spricht russisch und kann sich so mit den Geflüchteten verständigen. Ehrenamtlich helfen er und seine Johanniter-Kollegen, den Ukrainern, den Aufenthalt in der Sporthalle so erträglich wie möglich zu gestalten, organisieren den Betrieb und geben das Essen aus. Aber die Sanitäranlagen sind eng und nachts ist es kalt. „Die Hallen sind auf Sportbetrieb ausgelegt und nicht auf die Unterbringung von Menschen, erklärt Kolesnikov.

Müde und angeschlagen

Ein Ukrainer aus der Nähe von Kiew ist über Polen nach Deutschland geflohen. In Hannover wurde er über das zentrale Verteilungssystem nach Bremen geschickt. Nun wohnt er wie viele andere auch in der Heinz-Thiele-Halle in Blockdiek. „Wir sind müde und angeschlagen vom Krieg. Viele von uns vertragen die Nahrung nicht. Manche haben Erbrechen oder Durchfall“, erzählt er vom Leben in der Sporthalle.

Er findet, dass es unter diesen Bedingungen nicht möglich ist, hygienische Standards einzuhalten. „Vor drei Tagen hatte eine Frau und zwei Kinder eine Lebensmittelvergiftung. Wir haben versucht, den Rettungsdienst zu alarmieren aber wegen Verständnisproblemen kam dieser erst nach zwei Stunden.“

Keine Privatsphäre

Er betont, dass er zwar sehr dankbar sei, hier aufgenommen worden zu sein, doch die Ungewissheit, wie lange er hier noch mit über 100 weiteren Personen auf Feldbetten schlafen müsse, sei belastend. „Ich wünsche mir mehr Informationen darüber, wann und wie es weitergeht. Zudem brauchen wir hier Unterstützung. Jemand, der uns im Alltag, bei Anträgen und in Behörden hilft.“ Diese Art der Unterbringung sei auf Dauer nicht machbar ohne Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeit, vor allem für Kinder.

Kolesnikov kann verstehen, dass die Situation in der Halle für Unmut sorgt. „Es gibt aber auch Leute, die aus den Krisengebieten kommen und sich unter Tränen und aus tiefstem Herzen bedanken, dass sie hier unterkommen können“, erzählt der Johanniter.

Große Herausforderung für Ressort

Das Sozialressort sehe, dass die Fluchtbewegungen derzeit eine große Herausforderung sind. „Was die Unterbringung der Flüchtlinge anbetrifft, sind wir in einer absoluten Notsituation“, sagt Sozialressortsprecherin Gabriele Brünings. „Als letztes Mittel zur Unterbringung musste bereits auf Sporthallen zurückgegriffen werden“, erklärt die Sprecherin. Diese Form der Unterbringung sei allerdings alles andere als optimal. Deswegen bemühe das Ressort sich nach Kräften, die Verweildauer dort so kurz wie möglich zu halten.

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