Dieses Gemälde von Marie und ihrem Bruder Arthur Fitger gehört der Städtischen Kunstsammlung an. Foto: JensWeyers Dieses Gemälde von Marie und ihrem Bruder Arthur Fitger gehört der Städtischen Kunstsammlung an. Foto: JensWeyers
Heimatverein

Vor der Industriealisierung

Von
Heimatverein Delmenhorst widmet sich Marie Fitgers Erinnerungen an das Delmenhorst ihrer Kindheit

Marie Fitger wurde 1843 als jüngere Schwester des später berühmten Malers und Dichters Arthur Fitger im Posthaus in Delmenhorst geboren. 1915 verfasste sie ihre Erinnerungen an Delmenhorst vor der Industrialisierung handschriftlich für ihre Familie.

Handschriftlich Erinnerungen

1928 erteilte sie Georg von Lindern die Erlaubnis sie mit Schreibmaschine abzutippen. Diese 59 Seiten werden bis heute im Stadtarchiv Delmenhorst aufbewahrt. Ausschnitte dieser Erinnerungen durfte der Herausgeber und spätere langjährige Vorsitzende des Heimatvereins, Georg von Lindern, im Delmenhorster Heimatjahrbuch von 1929 veröffentlichen.

Das Foto zeigt Marie und Cornelia Fitger (Datum unbekannt) Bildrechte: Stadtarchiv Delmenhorst

Das Foto zeigt Marie und Cornelia Fitger (Datum unbekannt) Bildrechte: Stadtarchiv Delmenhorst

Nun ist es an der Zeit, ihre vollständigen Erinnerungen an Delmenhorst gedruckt herauszugeben. Diese Aufgabe übernimmt der Heimatverein Delmenhorst mit einer neuen Delmenhorster Schrift. Herta Hoffmann, 1. Vorsitzende des Heimatvereins Delmenhorst, sitzt gerade daran, das mit Schreibmaschine Geschriebene in den Computer zu „tippen“.

Heimatverein widmet Marie Fitger eine Delmenhorster Schrift

„Wie sah er aus, der Schauplatz unserer Kindheit? Er ist verwandelt und wird so, wie wir ihn kannten, nie wieder sein. In unserer Kindheit, das heißt in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, war Delmenhorst eine von Ackerbürgern bewohnte kleine Landstadt mit nicht ganz 2.000 Einwohnern. Die Häuser reihten sich eng an der Langen Straße entlang, die sich in einem flachen Bogen vom Bremer Tor zum Oldenburger Tor zog. Moorstraße, die jetzige Cramerstraße (östlich), Papenstraße und Kirchstraße (nordwestlich), Gartenstraße (westlich) waren nur schmale kurze Nebengässchen.“ So beginnen Marie Fitgers Erinnerungen, abgedruckt im Heimatjahrbuch 1929.

Marie Fitger verstarb im November 1929 in Bremen, wo sie den großen Haushalt ihres Bruders führte und nach seinem Tod 1909 seinen Nachlass verwaltete.

Heimatjahrbuch von 1929

Georg von Lindern beschreibt in seinem Vorwort zum Heimatjahrbuch von 1929 seine Ziele: „Delmenhorst ist Industriestadt geworden und zählt bereits 26.000 Einwohner. Viele Familien haben in der Delmestadt eine neue Heimat gefunden, und die Eltern können ihren Kindern wenig von den wechselvollen Schicksalen der Stadt erzählen, in der diese geboren wurden. Da mag es für das Heimatjahrbuch eine dankbare Aufgabe sein, all das zu sammeln, was sich noch vom alten Delmenhorst bis in unsere Zeit gerettet hat, und es in Buchform nach und nach in jedes Delmenhorster Haus zu bringen.“

Marie Fitger erinnerte sich lebhaft an das Leben in Delmenhorst vor der Eisenbahn. „Die Lebensader Delmenhorsts war damals die Post. Auf ihrer Fahrt von Hamburg über Bremen, Oldenburg bis Amsterdam brachten die großen neunsitzigen Postwagen mit dem hohen Verdeck für die Gepäckstücke den Verkehr vor unsere Tür. Achtmal am Tage und einmal nachts um 1 Uhr rasselten die schweren Kolosse hin und her vierspännig durch die Stadt. Die Trompeten des Postillons gaben so sicher wie die Turmuhr die Zeit an. Gab es viele Reisende, mussten Packwagen und „Beischäsen“ gestellt werden, dann meldete der kommende Postillon schon von der Ferne die Anzahl. Weiter vom Fuhrenkamp her tönte das Signal: „Die Preußen, die haben Paris genommen, es werden bald bessere Zeiten kommen. Tuut, tuut, tuut!“
Im Stall wurde aufgeschirrt zur prompten Weiterfahrt, denn der Aufenthalt vor der Tür währte nur sieben Minuten. Auf Pferdekräfte kam es an; denn es war noch die Zeit, wo die starken gehorsamen Geschöpfe allein Eisenbahnen, Automobile, Motorräder, Fahrräder, Flugzeuge, Telegraphen und Telefone buchstäblich „vertraten“, neben all ihren Aufgaben als Ackerpferde. Wenn die Postwagen ankamen, sammelten sich die Bürger in der Nähe, um Neuigkeiten aufzuschnappen. Im Jahre 1848 wurden die Abendzeitungen auf offenem Markte vorgelesen.“

Heimatverein sucht Anekdoten aus Delmenhorst

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Heimatvereins Delmenhorst rufen die Vereinsmitglieder die Delmenhorster dazu auf, sich an ihre Kindheit und Jugend zu erinnern und Anekdoten und Erlebnisse aufzuschreiben. Im Heimatjahrbuch 2023 sollen diese Erzählungen aus Delmenhorst gesammelt werden. Seinen Beitrag schickt man am besten digital an heimatverein.delmenhorst@gmx.de.

Mehr zum Heimatverein findet man auf der Homepage unter 

Das Foto zeigt den berühmten Maler und Dichter Arthur Fitger. Bildrechte: Stadtarchiv Delmenhorst

Das Foto zeigt den berühmten Maler und Dichter Arthur Fitger. Bildrechte: Stadtarchiv Delmenhorst

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner