In vielen Städten und Gemeinden sind Büchereien nicht mehr nur reine Ausleihstellen. Sie entwickeln sich immer mehr zu Orten der Begegnung, des Verweilens, etwa mit gemütlichen Leseecken, die der Aufenthaltsqualität einen hohen Stellenwert geben. So steht auch die Ganderkeseer Gemeindebücherei nicht still. Sie wurde bereits umfassend umgebaut, und auch das digitale Angebot ist gewachsen.
Nun peilt Büchereileiterin Sigrid Kautzsch den nächsten Schritt Richtung Zukunft an. Die „open library“, eine Bücherei, die bis in den späten Abend hinein oder auch 24 Stunden lang zugänglich ist. Somit können die Kunden auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten die Gemeindebücherei als Ort des Rückzugs, der Bildung oder Begegnung nutzen. Die Bücherei soll sich so immer mehr zu einem „Dritten Ort“ entwickeln – ein Ort der Gemeinschaft, der einen Ausgleich zu Familie und Beruf bietet. Für dieses Jahr noch ist die Umstellung des Verbuchungssystems auf RFID-Technik geplant, und zwei Selbstverbucher-Terminals sollen aufgestellt werden. Somit können auch außerhalb der Öffnungszeiten Medien ausgeliehen oder zurückgegeben werden. Dann wäre lediglich jemand zur Aufsicht in der Bücherei, wie Kautzsch am Donnerstag im Ausschuss für Soziales und Gesellschaft erläuterte.
Außenstellen haben gelitten
Zum größten Teil werde das Projekt durch Zuschussmittel finanziert, für die Gemeinde bleibe ein kleiner Eigenanteil. Die Bitte der Büchereileiterin um künftige Unterstützung stieß im Ausschuss nicht auf taube Ohren. „Jeder Cent für die Bildung, zu der auch die Gemeindebücherei zählt, ist gut investiert“, erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Ulf Moritz, der die Idee der „open library“ sehr begrüßte. Auch CDU-Fraktionsvorsitzender Philipp Albrecht betonte die Wichtigkeit des Bildungsauftrags der Gemeindebücherei. Viele Menschen würden bei Büchereien an verstaubte Regale denken. „Sie entwickeln neue Ideen und gehen mit der Zeit. Das ist wichtig“, meinte Albrecht gegenüber Kautzsch.
Und wie viele andere Institutionen hofft auch die Gemeindebücherei Ganderkesee, nach einer langen holprigen Zeit mit vielen pandemiebedingten Einschränkungen nun wieder voll durchstarten zu können. Die sehr langen Schließzeiten im Jahr 2020 hätten den Außenstellen in Bookholzberg und Schierbrok sehr geschadet. 2021 galt es dann, diese Außenstellen wieder zu reaktivieren, wie Kautzsch in ihrem Jahresbericht erklärte. In beiden Büchereien wurde das Bestandskonzept überarbeitet und angepasst. Sowohl die Hauptstelle als auch die Zweigstellen blieben bis März vergangenen Jahres geschlossen. „Die ersten drei Monate waren heftig. Es war alles eingestampft, was die Bücherei als solche ausmacht“, so Kautzsch. Kein Publikumsverkehr, kein Aufenthalt, nur Ausleihe. Sehr dankbar angenommen wurde laut Leiterin der Abholservice, der in der Hauptstelle angeboten wurde.
Gut etabliert hat sich die „Bibliothek der Dinge“, wobei sich Nutzer Dinge wie Nähmaschinen, Beschriftungsgeräte, Geräte zum Abspielen von Medien oder Experimentierkästen ausleihen können. Als Renner hat sich dabei der Popcornmaker herausgestellt. Er ist schon bis in den Sommer hinein stark gefragt.