Einen gewissen Mut zur Schlampigkeit spornt der Naturschutzbund (Nabu) im eigenen Garten an. „Wenn Brennessel und Salweide als wichtigstes Raupenfutter wieder wachsen dürfen, gibt es Schmetterlinge, was gleichzeitig Futter für die Meisen ist“, heißt es seitens des Vereins. Diese Anregung gibt der Nabu im Zuge der mittlerweile 18. Stunde der Gartenvögel, die an diesem Wochenende ansteht.
Diese steht unter besseren Zeichen als in den vergangenen Jahren, denn erstmals seit längerer Zeit grassiert derzeit keine Seuche unter den Gartenvögeln. Amseln wurden durch den Usutu-Virus um fast die Hälfte dezimiert und erholen sich laut Nabu bislang nur langsam. Auch Blaumeisen und Grünfinken litten stark unter Vogelkrankheiten.
Das kann der Nabu aus den reichhaltigen Daten der vergangenen Vogelzählstunden lesen, aber auch ein weiterer Trend macht sich bemerkbar: der Rückgang der Artenvielfalt. Hieran sind der Ansicht des Nabu zufolge auch Gärten schuld, die entweder keine Natur zulassen oder mit exotischem Grün aus dem Ausland ausstaffiert werden. Daher der Aufruf zu mehr Naturnähe und einem größeren Mut zur Schlampigkeit.
Zurückgekehrt ist auch der Mauersegler. In einigen Gegenden Niedersachsens wurden am vergangenen Freitag die ersten Mauersegler gesichtet. „Das ist etwas später als sonst, fällt aber auch nicht völlig aus dem Rahmen“, berichtet Rüdiger Wohlers vom Nabu, der die Tiere mit ihrem typischen sichelförmigen Erscheinungsbild über der Innenstadt von Oldenburg fliegen sah. „Um den 1. Mai herum kommen die Mauersegler meist zu uns in den Norden zurück, bis sie uns etwa um den 1. August recht pünktlich wieder verlassen, um in ihre weit entfernten westafrikanischen Überwinterungsgebiete zu ziehen. Manchmal verzögern sich diese Daten, je nach Wetterlage. Die anhaltende Trockenheit in Norddeutschland, die auffallend wenige Insekten – die Nahrung der Mauersegler – in der Luft sein lässt, hat vielleicht zu der kleinen Verzögerung beigetragen,“ so der Naturschützer weiter.
Jungvögel brauchen nur selten menschliche Hilfe
Ein weiteres Phänomen ist den Naturschützern in letzter Zeit ins Auge gefallen. Bei der Telefonzentrale des Nabu melden sich vermehrt besorgte Bürger, die sich um sogenannte Ästlinge sorgen. Hierbei handelt es sich um Jungvögel, die sich teilweise noch unbeholfen und nicht ganz flugfähig auf dem Boden oder im Gebüsch bewegen.
Doch laut Nabu liegt hierbei selten ein Notfall vor. Vielfach sieht man die Vogeleltern nicht, da sie sich an der Anwesenheit des beobachtenden Menschen stören oder auch noch andere Jungtiere zu versorgen haben. Natürlich kann einem Elternteil etwas zustoßen, dann steht aber noch der Partner zur Jungenversorgung zur Verfügung. Noch nackte Jungvögel sollten möglichst vorsichtig ins Nest zurückgesetzt werden.
„Aus falsch verstandener Tierliebe werden leider zahlreiche Ästlinge eingesammelt“, so Leonie Jordan vom Nabu. „Doch Ästlinge sind so stark auf ihre Vogeleltern geprägt, dass sie sich von Menschen fast gar nicht mehr füttern lassen. Das kann für das eingesammelte Tier den Tod bedeuten.“ Nur wenn ein Tier augenscheinlich verletzt ist, sollte man ihm helfen, das erlaubt auch das Tierschutzgesetz.