Es ist ja nicht so, als wären die „normalen“ Lehrer an der Grundschule Uphuser Straße unbeliebt. Ganz im Gegenteil. Trotzdem hat man den Eindruck, dass in der nach oben offenen Beliebtheitsskala zwei junge Leute unangefochten an der Spitze stehen.
„Die beiden werden oft von einer Traube von Kindern umringt“, beschreibt Schulleiterin Ingrid Moke das, was sie fast täglich bei ihren beiden Bundesfreiwilligen beobachtet.
Selin Erdogmus und Tom Heyde sind seit einem dreiviertel Jahr als „Bufdis“ an der Schule in Bremen-Osterholz.
Eine Entscheidungshilfe
Für Erdogmus, die Lehramt studieren will, war es der Test, ob sie sich an der Uni eher für Grundschullehramt oder für weiterführende Schule entscheiden soll. Ihr Fazit der Zeit an der Uphuser Straße fällt eindeutig aus: „Es macht unglaublich Spaß, weil die Kinder in den ersten Jahren so viel lernen und sich so toll entwickeln“, schwärmt die junge Frau.
„Außerdem sind die Kinder an der Grundschule so unglaublich niedlich – zum Beispiel wenn sie miteinander streiten, sich dann entschuldigen und alles ist vergessen, so als wäre es nie passiert.“
Bufdi-Kollege Heyde, der BWL studieren möchte, ist beinahe durch Zufall an seinen aktuellen Job geraten.
Heyde wohnt in der Nachbarschaft, besuchte früher selbst die Schule an der Uphuser Straße und traf durch Zufall deren Hausmeister beim Gassigehen. „Es war ein anderer Hund als noch zu meiner Zeit. Aber immer noch der gleiche Hausmeister“, berichtet Heyde mit einem Lachen über den Moment und das anschließende Gespräch, das ihn auf die Idee brachte sich bei seiner ehemaligen Schule zu bewerben.
Täglicher Umgang mit Kindern
Für Heyde war es ein glücklicher Zufall. Zwar will er nicht vom Wirtschaftsstudium auf Lehramt umsatteln, doch „ich habe was gelernt für die Zukunft.
Der tägliche Umgang mit Kindern war für mich neu, aber total interessant wie Kinder manche Sachen wahrnehmen und wie sie denken. Das hat mir wirklich großen Spaß gemacht.“
Bereits im fünften Jahr gibt es inzwischen Bufdis an der Schule Uphuser Straße. Hier sind sie eine Erfolgsgeschiche – für beide Seiten.
„Für junge Leute bietet so ein Jahr eine tolle Möglichkeit, sich zu erproben und sich zu orientieren, persönliche Kompetenzen zu erwerben, Verantwortung zu übernehmen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln und viel Wertschätzung zu erfahren“, berichtet Schulleiterin Moke.
Und was sagt die Basis – was sagen die Kids an der Schule? „Ich finde die beiden toll. Wenn ich mich beim spielen auf dem Schulhof verletze, helfen sie mir“, erklärt der kleine Nimrod.
Für den Sechsjährigen ist das eine große Sache, für die beiden Bufdis eine Art Routineeinsatz. Und davon gibt es viele innerhalb eines Schultags. „Manchmal brauchen die Kinder einfach jemanden, der in diesem Moment für sie da ist“, bestätigt Erdogmus.
„Das sind oft die kleinen Dinge, die viel Zeit und Aufmerksamkeit von einem Lehrer erfordern, wenn er allein mit 24 Kindern ist: Eine Flasche fällt um und läuft aus, ein Kind braucht ein Pflaster oder muss getröstet werden – ein anders findet sei Arbeitsblatt nicht“, beschreibt Moke.
Hausaufgabenbetreuung und mehr
In solchen Situationen seien die Bufdis Gold wert. Ebenso wenn die Kinder zum Mittagessen sicher und im Gänsemarsch durch den Verkehr zur benachbarten Albert-Einstein-Schule begleitet werden müssen oder bei der Hausaufgabenbetreuung.
„Außerdem“, fährt Moke fort, „sind die Bufdis eine wichtige Konstante für die Kinder – weil sie sowohl am Vor- und Nachmittag immer da sind“, was die Lehrer nicht leisten könnten.
Dass der eigentliche Job ihnen Spaß macht, ist der eine wichtige Aspekt für die Bufdis. Dass sie sich auch ansonsten wohlfühlen an der Schule, der andere. Das gesamte Kollegium sei total nett, immer hilfsbereit und ansprechbar berichten und die Zwei, die sich jederzeit wieder für einen Bundesfreiwilligendienst in der Schule entscheiden würden.
Das hört Moke gerne, die Zeit von Selin Erdogmus und Tom Heyde ist jedoch mit dem Ende des Schuljahrs abgelaufen und dafür suchen sie an der Schule Uphuser Straße zwei neue Leute. „Speziell für Abiturienten oder Fachoberschüler eine sehr interessante Sache“, findet Moke.
Natürlich könnten Interessenten auch erstmal hospitieren und eine Probezeit gebe es außerdem. So gesehen habe jede und jeder die Gelegenheit in den Bufdi-Job einmal reinzuschnuppern.
Bundesfreiwilligendienst
In Bremer Schulen sind aktuell 20 Bufis eingesetzt. Zwölf Personen absolvieren dort zudem ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), was mit dem BFD vergleichbar ist.
Für das kommende Schuljahr erhöht sich die Zahl auf 25 BFD und zwölf FSJ. In den Kinder- und Familienzentren von Kita Bremen sind im Moment 19 FSJ/Bufdis aktiv. Es könnten 25 beschäftigt werden.
In den Einrichtungen im Bundesland Bremen sind derzeit insgesamt 370 Bufdis im Einsatz – 226 davon sind Frauen, 144 Männer. Die meisten Bufdis sind in der Altersklasse bis 27 Jahre. Nach oben hin ist aber alles offen.
Es gibt auch Bufdis im Rentenalter. Bewerben kann man sich immer direkt bei der jeweiligen Einrichtung.