Wirtschaftsprofessorin Jutta Günther übernimmt am Donnerstag die Leitung der Universität Bremen.Foto: Schlie Wirtschaftsprofessorin Jutta Günther übernimmt am Donnerstag die Leitung der Universität Bremen. Foto: Schlie
Interview

„Eine Riesen-Auszeichnung“

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Was die neue Universitätsrektorin Jutta Günther jetzt anpacken will

Weser Report: Frau Günther, Kammern und Betriebe klagen darüber, dass viele Schulabgänger lieber studieren wollen statt eine Ausbildung zu beginnen. Warum schnappt die Universität den Unternehmen die jungen Leute weg?

Jutta Günther: Jeder sollte genau das machen, was er am besten kann und seinen Neigungen folgen. Ich habe zuerst eine Ausbildung gemacht und bin dann zum Studium gekommen. Für viele ist der direkte Weg zur Universität der richtige, für andere die berufliche Ausbildung. Das muss jeder für sich herausfinden.

Als Bundeswirtschaftsminister hat Peter Altmaier einen Plan für den Aufbau einer Klima-Universität vorgelegt. Bremens Wissenschaftssenatorin Claudia Schilling sieht sie in Bremen. Wie weit sind Sie?

Die Universität hat sich auf den Weg gemacht und die Themen Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität in den Mittelpunkt gestellt. Mit dem Akademischen Senat und dem Rektorat verfolge ich das Ziel, die Universität auf dem Gebiet noch stärker aufzustellen, im Studium, in der Forschung und im Campusbetrieb.

Planen Sie einen Studiengang Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema und zieht sich bereits durch viele Studiengänge. In der Entstehung ist derzeit ein neuer Bachelor-Studiengang „Sustainability in the natural sciences“. Er wird von den drei Fachbereichen Physik und Elektrotechnik, Biologie sowie Geowissenschaften bespielt und soll junge Menschen aus der ganzen Welt anziehen, deshalb wird er englischsprachig sein.

Dafür erhält die Universität zusätzliche Mittel?

Nein, den müssen wir weitgehend aus dem Bestand planen.

Wie soll das gehen? Ist die Universität nicht schon unterfinanziert?

Gemessen am Bundesdurchschnitt sind wir in der Grundversorgung unterfinanziert. Dafür leisten wir eine Menge in der Forschung und der Lehre. Und wir akquirieren im Vergleich zu anderen deutschen Universitäten überdurchschnittlich viele Drittmittel zusätzlich zur Grundversorgung. Die Hälfte der Drittmittel kommt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Das ist eine Riesen-Auszeichnung für unsere Universität. Die andere Hälfte der Drittmittel erhalten wir von Bundesministerien, Institutionen des Landes Bremen und von Stiftungen.

Und von privaten Unternehmen?

Von der gewerblichen Wirtschaft stammt rund 1 Prozent der Drittmittel. Das liegt an der Wirtschaftsstruktur im Nordwesten. In Bremen und der Region gibt es nur wenige Zentralen von Großunternehmen. Mercedes zum Beispiel hat hier zwar ein sehr großes Werk, aber Forschung und Entwicklung sind am Hauptsitz in Stuttgart angesiedelt. Ähnlich ist es bei anderen größeren Unternehmen. Deshalb ist die Möglichkeit, Drittmittel zu akquirieren, limitiert. Außerdem haben wir in Bremen sehr viele außeruniversitäre Forschungsinstitute, die zum Teil sehr industrienah forschen. Da fällt das Potenzial für die Universität nicht so üppig aus.

Besteht bei der Annahme von Drittmitteln nicht die Gefahr, dass die Geldgeber zu viel Einfluss auf die Arbeit der Universität nehmen?

Wenn ein Drittmittelprojekt zustande kommt, beruht das auf Gegenseitigkeit. So ein Projekt ist nur auf Augenhöhe aller Beteiligten möglich. Und da sollte man das Selbstbewusstsein unserer Kolleginnen und Kollegen nicht unterschätzen.

Für 2026 schreibt die DFG, das ist die wichtigste Fördereinrichtung für die deutsche Wissenschaft, wieder eine bundesweite Exzellenzinitiative und damit zusätzliche Fördergelder aus. Wie will sich die Universität Bremen daran beteiligen?

Wir sind mit einem ambitionierten Team am Start. Dazu gehören die Materialwissenschaften, die Sozialwissenschaften, die Informatik mit Künstlicher Intelligenz und Robotik sowie die Meereswissenschaften, also das Marum, das derzeit schon ein Exzellenzcluster hat, aber einen Verlängerungsantrag einreichen muss. Das sind die vier Bereiche, in denen schon die größten Vorarbeiten für den Wettbewerb geleistet wurden. Wenn mindestens zwei dieser vier Cluster gefördert werden, kann sich die Universität auch um den Titel einer Exzellenz-Universität bewerben.

Kooperieren Sie für den Exzellenz-Wettbewerb mit anderen Universitäten und Hochschulen?

Ja, aber es steht noch nicht zu 100 Prozent fest.

Auch mit der neu ausgerichteten privaten Jacobs University in Bremen-Nord?

Nicht für den Exzellenz-Wettbewerb.

Wie weit sind die Pläne für eine räumliche Erweiterung der Universität, etwa in die Innenstadt?

Es laufen weiterhin Gespräche, auch in der Innenstadt mit einzelnen Fachbereichen oder Instituten präsent zu sein. Wir brauchen auf jeden Fall zusätzlichen Raum. Der kann aber auch an einem anderen Ort als dem Brill entstehen.

Auch außerhalb der Innenstadt?

Zunächst einmal gehen wir davon aus, dass es in der Innenstadt eine Möglichkeit zur Erweiterung geben wird. Genaueres können wir aber erst sagen, wenn die Machbarkeitsstudie vorliegt, was bald der Fall sein wird. Sollte es wider Erwarten zu keiner Erweiterungsmöglichkeit in der Innenstadt kommen, müssen andere Möglichkeiten erwogen werden.

Wie beginnt im Oktober das Wintersemester?

Unbedingt in Präsenz. Das ist unsere Absicht.

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