Eigentlich ist das Betreten des Molenturms in der Überseestadt nicht gestattet. Aber das gilt nicht für den Bremer Künstler Sönke Busch. Schon einmal hat er sein Atelier hier eingerichtet. Das war 2008. Nun ist er wieder dort zu finden – als Zwischennutzer.
„Das Ambiente hier ist der Wahnsinn“, freut sich der Künstler, in dessen Atelier nur ein Schreibtisch steht – mit Blick auf den Hafen. Busch versucht, jeden Tag ein paar Stunden hier zu sein. „Hauptberuflich bin ich Maler, doch dafür ist im Turm kein Platz. Hier schreibe ich“, erzählt er.
Veränderung einfangen
„Ich möchte die Überseestadt textlich einfangen und zeigen, wie sich dieser Stadtteil entwickelt“, sagt Busch. Für ihn sei es spannend, mit welcher Geschwindigkeit sich die Überseestadt verändere und wie dort das Leben einziehe. „Vor 15 Jahren war hier noch nicht so viel. Der Molenturm ist aber schon seit über 100 Jahren hier. Und mittlerweile wohnen hier so viele unterschiedliche Menschen, die sich treffen und vermischen. Ich möchte mit Herz diese Entwicklung begleiten und bin gespannt, wie man 2040 hier drüber sprechen wird“, erläutert der Künstler sein Projekt.
„Das Gebäude ist aufgrund der baulichen Gegebenheiten für viele Nutzungen nicht geeignet“, erklärt Andrea Bischoff Sprecherin der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB), die den Molenturm, im Volksmund auch Mäuseturm genannt, an Busch vermietet hat. So gebe es kein Wasser, kein WC, keine Heizung, und die Grundfläche pro Etage betrage knapp drei Quadratmeter. „Ich fahre mit dem Fahrrad, um am Waller Sand auf Toilette zu gehen“, schmunzelt der Künstler. Man müsse das schon können, findet er.
Nutzung mit kulturellem Mehrwert
„Dass hier mit Sönke Busch jemand diese Einschränkungen in Kauf nimmt und nun Leben in den Turm einzieht und eine Nutzung mit kulturellem Mehrwert erfolgt, freut uns sehr“, betont Bischoff. Der Molenturm ist zum Wahrzeichen der Überseestadt geworden und ein unter Denkmalschutz stehendes Funktionsgebäude. An der Turmspitze befindet sich das Steuerbordfeuer der Einfahrt zum Wendebecken. Das Leuchtfeuer weist auch heute noch Schiffen ihren Weg, wenn sie vom Wendebecken kommen oder dorthin unterwegs sind.
Der aktuelle Zwischennutzungsvertrag läuft bis zum 31. Oktober 2022. „Die Voraussetzungen der Immobilie sind schwierig, gerade im Winter“, so Bischoff. Weitere Planungen zur Nutzung gebe es daher nicht. Eine Verlängerung der Zwischennutzung sei aber durchaus möglich.
„Ich muss mal schauen, ob es hier mit einfach verglasten Fenstern und Minustemperaturen im Winter so angenehm ist“, lacht Busch und ergänzt: „Mein Anliegen ist es, hier zu bleiben. So wie vieles in der Überseestadt ist das hier ein längerfristiges Projekt und ohne diesen Ausblick wäre mein Leben schon trauriger.“