Thomas Kruse ist neuer Vorstandsvorsitzender der Krankenhausgesellschaft Bremen, die die Interessen aller 14 Kliniken im Bundesland vertritt. Hauptberuflich arbeitet er vom Jahreswechsel 2022/23 an als Geschäftsführer des Diako-Krankenhauses in der Hansestadt.Foto: Schlie Thomas Kruse ist neuer Vorstandsvorsitzender der Krankenhausgesellschaft Bremen, die die Interessen aller 14 Kliniken im Bundesland vertritt. Hauptberuflich arbeitet er vom Jahreswechsel 2022/23 an als Geschäftsführer des Diako-Krankenhauses in der Hansestadt. Foto: Schlie
Interview

„Zahl der Patienten sinkt nicht“

Von
Krankenhaus-Vertreter Thomas Kruse über die Zukunft der Bremer Kliniken

Weser Report: Herr Kruse, im Sommer haben die Krankenhäuser bundesweit die Alarmstufe rot ausgerufen. Wie vielen Kliniken in Bremen droht das Aus?

Thomas Kruse: Ohne die Hilfe des Bundes wäre jedes Krankenhaus in eine problematische Lage gekommen. Aber Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen angesichts steigender Energiekosten jetzt insgesamt acht Milliarden Euro zugesagt. Die Unterstützung begrüßen wir, aber sie reicht nicht aus. Denn nicht nur die Energiekosten steigen, sondern auch die Sachkosten und voraussichtlich auch die Personalkosten. In der nächsten Tarifrunde werden die Gewerkschaften vermutlich einen Inflationsausgleich für die Beschäftigten fordern. Das bekommen wir nicht refinanziert.

Sie haben fast zehn Jahre lang das kommunale Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide als kaufmännischer Geschäftsführer geleitet, bevor Sie nach Bremen wechselten. Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz hat sie dafür gelobt, dass das Klinikum in den letzten acht Jahren immer schwarze Zahlen geschrieben hat. Wie haben Sie das geschafft?

Am Anfang hatten wir hohe Jahresdefizite zu verzeichnen, auch die Liquidität war problematisch. Entscheidend war, dass Führungskräfte und Mitarbeiter gemerkt haben, sie können mehr machen, können die Produktivität erhöhen. Wir haben es geschafft, die Schlagkraft zu steigern und die Ressourcen gut einzusetzen. So ist es uns gelungen, relativ schnell die Kurve zu bekommen.

Was können die Bremer Kliniken davon lernen?

Das kann ich nicht beurteilen. Es gibt kein Patentrezept. Was getan werden kann, hängt von der jeweiligen Situation ab. Nicht an jedem Standort kann man alles machen.

Sara Sheikhzadeh, Vorständin der privaten Asklepios-Kliniken, sagt, die kleinen unrentablen Krankenhäuser müssten geschlossen werden. Auch andere Experten fordern das. Wie viele sollten aufgeben?

In den beiden vergangenen Corona-Jahren mussten Krankenhäuser Leistungen einschränken, weil sie aufgrund der Pandemie Kapazitäten verringern mussten.

Die Frage ist, welche Versorgung mit Krankenhäusern langfristig notwendig ist. Fest steht: Die Bevölkerung altert.

Der Trend geht doch dahin, mehr Patienten ambulant zu versorgen statt stationär, also braucht man weniger Betten, oder nicht?

Es wird zwar immer noch in Betten gedacht, wenn es um die Krankenhausversorgung geht. Und die Krankenhäuser müssen auch immer Betten über den aktuellen Bedarf hinaus vorhalten.

Aber relevant ist die Zahl der Patienten. Und die wird nicht sinken. Wie sie versorgt werden, ob stationär oder ambulant, entscheidet der Arzt nach medizinischen Kriterien und nicht danach, was dem Krankenhaus mehr Geld einbringt. Grundsätzlich muss man die gesamte Versorgung überdenken. Da gibt es Optimierungsbedarf.

Wir fordern ja auch, dass Krankenhäuser die Patienten übergreifend versorgen dürfen, also stationär und ambulant. In der Psychiatrie zum Beispiel gibt es das schon.

Dagegen dürften sich die niedergelassenen Ärzte wehren.

Auch die niedergelassenen Ärzte können Ambulanzen anbieten und so die Versorgung sicherstellen.

Also durch etwa Versorgungszentren in den Stadtteilen?

Ich glaube, das wird die Zukunft sein. In ländlichen Regionen, wo Ärzte ohne Nachfolger in den Ruhestand gehen, müssen Krankenhäuser diese Versorgung sicherstellen; in der Stadt können auch niedergelassene Ärzte Ambulanzzentren betreiben.

Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser sind keine Konkurrenten, sondern ergänzen sich gegenseitig. Es ist die Frage, wie man Versorgung organisiert.

In Bremen hatte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard die Klinikvertreter an einen Tisch geholt, um auszuloten, welche Klinik welchen Schwerpunkt anbieten soll. Darauf konnten sich die Kliniken nicht einigen, die Gespräche sind geplatzt.

Sie sind nicht gescheitert, aber wir müssen erst einmal sehen, welche Rahmenbedingungen der Bund für die medizinische Versorgung vorgibt. Im Frühjahr oder Mitte nächsten Jahres können wir in Bremen weitermachen.

Wird es in zehn Jahre im Land Bremen noch genauso viele Kliniken geben wie derzeit?

Das kann ich nicht beantworten, vielleicht weniger Betten und mehr ambulante Leistungen.

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