Der Alltag eines Journalisten ist oftmals mit Klischees behaftet: Sie rasen von einem Termin zum nächsten, das Telefon klingelt ständig und jederzeit muss er oder sie für die nächste Titelstory bereit sein. Emre Altug ist seit Mai 2022 als Volontär beim Weser-Report angestellt und berichtet über seine bisherigen Erfahrungen.
Delme Report: Wie bist du zum Journalismus gekommen und was sind deine Qualifikationen?
Emre Altug: Nach dem Abitur habe ich fünf Semester in Hannover Rechtswissenschaften studiert, bis ich merkte, wie unglücklich ich mit meiner Entscheidung war. Beim Schreiben von Hausarbeiten bemerkte ich, wie sehr mir das Schreiben gefiel. Ich unterbrach mein Studium und suchte nach Möglichkeiten, diese neu entdeckte Leidenschaft in einem dafür geeigneten Beruf auszuleben. Der Plan war, zurück in der Heimat in Bremen an der Hochschule Journalistik zu studieren. Die Hochschule entschied sich jedoch 2015 dafür, diesen Studiengang aus Kostengründen zu streichen. Ich wollte nicht wieder umziehen und so entschied ich mich, es über Umwegen in den Journalismus zu versuchen.
Dafür habe ich an der Uni Bremen Germanistik und Kulturwissenschaften studiert. Belegte viele General Studies, die zu meinem Vorhaben passten und absolvierte mein Pflichtpraktikum bei Radio Bremen. An der Uni habe ich auch für ein Semester beim Unimagazin ScheinWerfer mitgewirkt, wo ich ein Artikel zu dem Graffiti-Tag „Detlef“ schrieb.
Nach dem Studium machte ich mir Gedanken über den nächsten Schritt. Sollte es ein Master in Germanistik oder einer in Journalistik werden? Sollte ich versuchen in eine der begehrten Journalismus-Schulen zu gelangen? Oder war ich mit 28 schon „zu alt“ um diesen Weg weiterzugehen und sollte mich deswegen nochmal anders orientieren? Es dauerte einige Monate des Suchens und Hinterfragens bis ich auf eine Stellenanzeige im Weser-Report stieß, wo stand, dass gerade nach einem Volontär gesucht wird. Meiner Bewerbung legte ich als Arbeitsprobe meinen ScheinWerfer-Artikel bei, was sich als sehr hilfreich herausstellen sollte. Danach ging es zack zack. Nach einem zwei-wöchigen Praktikum ging es schon los mit dem Volontariat.
Welche Aufgaben begegnen dir täglich?
Mein Tag in der Redaktion beginnt damit, dass ich, mit meinem ersten Kaffee natürlich, das Internet und das Mailkonto der Redaktion nach geeigneten lokalen Geschichten durchforste. Um 10 Uhr tauschen wir uns im Zoom-Meeting über Ideen für die nächste Ausgabe aus. Wenn die Idee gut ist, gehe ich der Geschichten nach und mache eine detaillierte Recherche, suche nach Kontaktpersonen und beziehe die nötigen Informationen für den Artikel. Wenn es eine Pressemeldung dazu gibt, filtere ich die Informationen daraus. Wenn es ein Pressetermin ist, besuche ich diesen.
Pressetermine sind immer wieder eine gute Gelegenheit, um neue Kontakte außerhalb der Redaktion zu knüpfen. Habe ich alle Informationen, schreibe ich den Artikel und kümmere mich um das Layout. Wenn es mal sein muss – was oft vorkommt -, fotografiere ich auch. Ich war so begeistert vom Fotografieren, dass ich mir als Geburtstagsgeschenk eine Fujifilm Systemkamera zugelegt habe. So habe ich einen nicht unwesentlichen Teil meiner Arbeit zu einem Hobby gemacht
Welcher Pressetermin war dein bisheriges Highlight?
Mein Interview mit DJ BOBO. Auch wenn ich nicht unbedingt ein langjähriger Fan von Eurodance bin, war es für mich eine sehr schöne Erfahrung. Während des Interviews war Herr Baumann sehr bescheiden und nahbar. Das machte mein erstes Interview mit einem Star sehr unkompliziert und ich konnte viel aus dieser Gelegenheit lernen.
Worauf freust du dich noch während deiner Zeit beim Weser Report?
Am meisten freue ich mich auf die Volontärsausbildung der Akademie für Publizistik in Hamburg, die jeder Volo des Weser-Reports einmal für vier Wochen besuchen darf. Mai 2023 bin ich endlich dran.
Für wen ist das Volontariat und der Beruf des Journalist geeignet?
Das Volontariat ist für jeden geeignet, der den ersten Schritt in die journalistische Arbeitswelt machen möchte. Hier erwirbt man nicht nur die „Hard Skills“ wie schreiben und redigieren, sondern man lernt, was eine gute Geschichte ausmacht und wie diese zu verpacken ist. Man kommt mit vielen verschiedenen Menschen, Gruppierungen und Sichtweisen in Kontakt, sodass man an seinen Menschenkenntnissen und Interview-Skills feilen kann.
Die vielen Pressetermine sind eine gute Möglichkeit andere junge Journalisten und ihre Medien kennenzulernen und so Kontakte in der Medienwelt zu knüpfen. Jeder der es mag Dinge zu verstehen, seinen Horizont gerne erweitert, sich also aus seiner „Bubble“ traut und gerne mit Sprache spielt ist bei diesem Beruf richtig. Es ist wichtig, die aktuellen Ereignisse zu verfolgen und ein Interesse an der Recherche- und Schreibarbeit zu haben. Auch hilft es über ein gewisses Ausdauervermögen zu verfügen, denn es ist völlig normal auch wegen Spätterminen oder dem Korrekturlesen mal Überstunden zu machen.