„In Delmenhorst ist eine ganze Straße verschwunden“, klagt Henoch Langer, Anwohner an der Frankenstraße. Die rund drei Meter breite Straße (Flurstück 775) – insgesamt knapp 200 Quadratmeter Fläche – diente einem Teil der Anwohner an der Franken- und Wendenstraße als Zuwegung zum hinteren Teil ihrer Grundstücke. – sogar per Pkw, wie die Ausrichtung eines Carports belegt. Zumindest bis vor sechs Wochen.
Seitdem versperrt ein Bauzaun rund um das Gelände eines früheren Supermarktes die Zugänge. Der neue Eigentümer ist sich keines Vergehens bewusst, in seinen Unterlagen taucht die angebliche Straße gar nicht mehr auf. Er kaufte die komplette Fläche, will dort mehrere Mehrfamilienhäuser bauen lassen. Auf dem Flurstück 775 werden die Fahrzeuge der zukünftigen Mieter stehen. Der jetzige Bauzaun diene der Sicherung der Baustelle.
Fehlende Kommunikation
Die direkten Nachbarn ärgert dagegen die fehlende Kommunikation. Sie mussten sogar ihre Gartenpforte verlegen, um überhaupt noch auf ihr Grundstück zu kommen. Ihren Carport können sie momentan gar nicht mehr nutzen.
Vermutlich in den 1980er Jahren wurde das Flurstück 775 dem großen Eckgrundstück Friesen-, Franken- und Wendenstraße zugeordnet. Die eingangs genannte Straße verschwand aus den Plänen. „Bis jetzt fiel das nur niemandem auf“, bedauert Langer. Bei Google Maps ist dagegen ein Weg sogar immer noch eingezeichnet.
„Fragen an das Bauordnungs- und Katasteramt mit der Bitte um Klärung blieben erfolglos“, klagen die Anwohner. Sie kontaktierten daraufhin die Delmenhorster Politik. Bei FDP-Fraktionsgeschäftsführer Claus Hübscher trafen sie auf offene Ohren. Er traf sich mit den Bürgerinnen und Bürgern, nahm ebenfalls Kontakt mit der Stadtverwaltung auf und kontaktierte den DELME REPORT.
Kein Recht auf die Zuwegung
Auf DELME REPORT-Nachfrage zu der möglichen Kontaktaufnahme durch die Anlieger, heißt es aus dem Rathaus: „Die Angelegenheit ist eindeutig. Leider konnte der nach Aktenlage und Recherche klare Sachverhalt den Beschwerdeführer (den Anliegern, Anmerkung der Redaktion) in mindestens vier Telefonaten nicht vermittelt werden.“ Die Bautätigkeit sei genehmigt. „Es ist wichtig zu betonen, dass kein Recht auf diese Zuwegung besteht. Folglich sieht die Stadtverwaltung auch keine Veranlassung gegen das begonnene Bauvorhaben einzuschreiten“, teilt Timo Frers, Pressesprecher der Stadt Delmenhorst mit.
Das sehen die Anwohner anders und verweisen auf ältere Vertragsunterlagen, in denen es heißt: „die zum öffentlichen Straßennetz führenden Verbindungswege sind auch für die Zukunft aufrecht zu erhalten.“
Schiedsfrau als Option
Claus Hübscher zeigt Verständnis für die Nöte der betroffenen Anlieger: „Statt Zäune zu bauen, hätten sich die Beteiligten informativ vor der Erteilung der Baugenehmigung zusammensetzen sollen und den Ablauf des Bauvorhabens mit seinen Auswirkungen auf die Nachbarschaft darstellen sollen.“ Er sieht in dem Zusammenhang ein Versäumnis der Bauverwaltung. „Auch die Position der Steucon Grundbesitz- und Beteiligungs-AG ist nicht nachvollziehbar und gehört aufgeklärt“, so Hübscher. Der FDP-Politiker rät den benachteiligten Anliegern Kontakt mit der zuständigen Schiedsfrau aufzunehmen und um eine Klärung der Angelegenheit zu bitten.