Mehr Windkraftanlagen wie hier in Hollen sollen die Energiewende zügig voranbringen. Foto: Konczak
Energiewende

Gegenwind für Windpark-Pläne

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Ein Unternehmen will bis zu 13 Anlagen im Hohenbökener Moor errichten.

Stürmische Zeiten im Ausschuss für Gemeindeentwicklung: Die Pläne des Bremer Unternehmens wpd Windpark Ganderkesee, im Hohenbökener Moor einen interkommunalen Windpark auf Ganderkeseer und Huder Gebiet zu errichten, sind in der Sitzung in dieser Woche kontrovers diskutiert worden. Mit rund 70 Bürgern, darunter auch Vertreter von Umweltschutzverbänden, war der Saal so voll wie lange nicht mehr.
Und darum geht es: Der Windpark Hohenböken nördlich von Bookholzberg soll nach den Plänen der wpd-Investoren bis zu neun jeweils 250 Meter hohe Windenergieanlagen auf Ganderkeseer Gebiet und bis zu vier im Huder Bereich umfassen. Der Mindestabstand zu Siedlungen beträgt 1.000 Meter, zu Wohnbebauung 625 Meter und zum Hohenbökener See 250 Meter. Hintergrund ist das am 1. Februar in Kraft getretene „Wind-an-Land-Gesetz“ der Bundesregierung, wonach im Zuge der angestrebten beschleunigten Energiewende zwei Prozent der Landflächen bis 2032 für Windenergie ausgewiesen sein sollen. Der Landkreis Oldenburg müsste danach seine Areale für Windräder von bislang 1,1 Prozent auf 2,2 Prozent verdoppeln. Wenn bis zum 31. Mai 2024 kein Planaufstellungsbeschluss steht, droht eine sogenannte Verspargelung der Landschaft. Dann wäre das Aufstellen einzelner Anlagen überall möglich.

Landschaftsschutzgebiet mit hoher Artenvielfalt

Die Krux beim Hohenbökener Moor: Es handelt sich um ein ausgewiesenes Landschaftsschutzgebiet mit hoher Artenvielfalt und ein wichtiges Vogelbrutgebiet. Doch laut dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) liegt der Ausbau von Windenergie „im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit“. Neben der Schaffung des Windenergieflächengesetzes wurde zudem das Bundesnaturschutzgesetz zum 1. Februar geändert, sodass Windenergieanlagen grundsätzlich auch in Landschaftsschutzgebieten möglich sind. Mit einer Kartierung des Hohenbökener Moors wurde das Oldenburger Büro Arsu beauftragt. Einen alternativen Standort in Hengsterholz – ebenfalls ein Landschaftsschutzgebiet – schließt wpd unter anderem deshalb aus, da über 50 Prozent der Fläche bewaldet ist.
„Es ist immer ein schmaler Grad zwischen verschiedenen Schutzfaktoren. Es gibt nicht die perfekte Fläche“, räumte Nicolas Hehemann, technischer Projektleiter, ein. Der interkommunale Windpark liege lediglich auf etwa 29 Prozent des ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes, wobei 1,5 bis zwei Prozent durch die Anlagen teilweise oder ganz versiegelt werden. Zudem würden auch Faktoren wie Schall und Schattenwurf sowie Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt. Darüber hinaus könnten die Gemeinde und ihre Bürger profitieren, denn Windpark-Betreiber können betroffenen Gemeinden eine finanzielle Beteiligung zukommen lassen.

Kritik an Plänen

Den Vorwurf vom fraktionslosen Ratsherrn Martin Faqeri, „Deals“ mit der Gemeinde und ihren Bürgern zu machen, wies wpd-Geschäftsführer Rami Ramadan zurück. Zudem sei das Verfahren völlig ergebnisoffen, die Pläne könnten auch nicht genehmigt werden. Zuständig ist der Landkreis Oldenburg. Läuft alles glatt, würde der Windpark Hohenböken frühestens 2027 Strom produzieren. „Sie sind ein Investitionsunternehmen. Alles andere ist ‚Honig um den Bart schmieren‘“, meinte Dr. Michael Müller, Vorsitzender vom Fuhrenkamp-Schutzverein. Zudem sei das Hohenbökener Moor das einzige Feuchtgebiet in der Gemeinde und somit nicht kompensierbar. Die Umweltschutzverbände befürchten eine Zerstörung des Moors und der Artenvielfalt. „Eine Streuobstwiese ist keine Kompensationsmaßnahme für ein Feuchtgebiet“, meinte Ratsfrau Annegret von Essen (Grüne).
„Wir gehen sicherlich auf Risiko. Der Staat hat aber die Rahmenbedingungen geschaffen, damit Unternehmen Windparks bauen“, so Ramadan. Von fast 100 Landeigentümern habe wpd schon eine Zustimmung erhalten, wobei es ein „langer Prozess der Überzeugung“ gewesen sei. Während Philipp Albrecht (CDU) letztlich für einen schnellen Gang in das Verfahren plädierte, wollten sich andere nicht so zügig festlegen. „Wir lassen uns nicht hetzen“, erklärten Stephan Bosak (SPD) und Eike Brakmann (FDP) und erbaten mehr Zeit. „Ich weiß noch nicht, wie wir uns entscheiden“, so Ratsherr Arnold Hansen für die Gruppe Freie Wähler-UWG. Sicher sei nur, dass man mehr Fakten einholen müsse.

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