Der alte Hertie-Klotz ist bald Geschichte, der Wonnepark im Entstehen begriffen, in der City sollen mit Marienviertel und Kirchenquartier attraktive Wohn- und Arbeitsbereiche geschaffen werden. „Es herrscht eine Aufbruchsstimmung“, meint Benjamin Kemper – und die gelte es zu nutzen. Der Projektleiter der Firma „Cima Beratung + Management“ aus Hannover hat dafür mit Berater Leonardo Schmidt und Projektassistentin Aleke Berndt einen problematischen „Dauerbrenner“ in Delmenhorst unter die Lupe genommen.
Weiterentwicklung im Quartier
Für die östliche Innenstadt rund um den Schweinemarkt erstellte das Team eine Machbarkeits- und Entwicklungsstudie, die das Potential für einen sogenannten Business Improvement District (BID) zeigt. In einem BID können sich Einzelhändler, Gastronomen, Dienstleister, aber auch Bewohner und Grundstückseigentümer zusammenschließen, um „ihr“ Quartier gemeinsam weiterzuentwickeln. Leerständen soll somit der Kampf angesagt werden, das Areal soll aufgewertet werden, Immobilien in ihrem Wert erhalten bleiben. Das Ganze fußt auf dem Niedersächsischen Quartiersgesetz (NQG), das der Landtag 2021 beschlossen hat.
Historische Bausubstanz mit viel Potenzial
Die Profis von Cima sehen Potenzial in der östlichen City. Untersucht wurde der Bereich zwischen „Am Vorwerk“, der Cramerstraße mit dem Schweinemarkt, Park-, Kirch- und Schulstraße bis zur Delme, Lutherstraße und Logemannsgang. „Es gibt einige Altbauten mit prägenden Fassaden. Solch eine gut erhaltene historische Bausubstanz findet man nicht in jeder Stadt“, wusste Schmidt bei der Präsentation der Studienergebnisse in dieser Woche zu berichten. Weitere Stärken: viele inhabergeführte Geschäfte, ein branchenübergreifender Mix, Gastronomie mit Verweilcharakter und die direkte Anbindung an den Rathausplatz. Aus Sicht des Beratungsbüros bietet die Neuentwicklung des Hertie-Areals viel Potenzial. Darüber hinaus erwähnten sie lobend die hohe Aufenthaltsqualität, die bereits in einem Teilbereich der sanierten Langen Straße bestehe.
Mehr Grün statt Parkplatz
Einen Minuspunkt sehen die Experten beim Schweinemarkt und der östlichen Langen Straße, die bislang wenig zum Verweilen einladen. „Müssen Parkplätze beim Schweinemarkt sein? Sie nehmen viel Fläche weg, die anders genutzt werden kann“, so Schmidt. Darüber hinaus nehme das Einzelsangebot in östliche Richtung ab, einige Dienstleistungen seien eher dem unteren Preissegment zuzuordnen, der öffentliche Raum sei nicht gestaltet und es gebe zu wenig Grün.
Als mögliche Elemente einer „Frischzellenkur“ sieht das Planungsteam unter anderem ein Umkrempeln des Schweinemarktes in einen Ort zum Verweilen mit Begrünung, Sitzflächen und Spielgeräten für Kinder, zusätzliche Pflanzzonen, eine Stärkung des Kunst-, Kultur- und Freizeitangebotes mit Veranstaltungen und Aktionen oder auch eine wechselnde Fassadengestaltung. Insgesamt würde der BID in der östlichen Innenstadt 45.000 Quadratmeter umfassen und 115 Grundstücke von 87 Eigentümern betreffen. Voraussetzung ist, dass mindestens 15 Prozent der Grundstückseigentümer mit mindestens 15 Prozent ihrer Flächen zustimmen. Widersprechen mehr als 30 Prozent, bekommt das Projekt kein grünes Licht.
Die organisierte Kerngruppe des Quartiers würde eine eigene Rechtsform bekommen, in der Regel als Verein, und nach einem Antrag bei der Stadt eine Quartierssatzung erhalten. Eine Person steht letztlich als Ansprechpartner zur Verfügung. Mögliche Akteure finden sich nach Meinung der Cima in der Stadt genug. Nach zwei Info-Veranstaltungen gebe es bereits Menschen, die sich dem Projekt widmen wollen. Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Oldenburg habe Interesse. Finanziert werden die BIDs, die es schon in mehreren Bundesländern gibt, durch Abgaben der Eigentümer.
Die Machbarkeits- und Entwicklungsstudie, die mit dem Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt“ gefördert wurde, soll nun als Leitpfaden für die weiteren Schritte dienen. Mehr Infos zur Studie gibt es auf delmenhorst.de.