Eine nationale Reserve für Medikamente – das schlägt beispielsweise der Apothekerverband Nordrhein vor, um besonders die kritische Versorgungslage bei Antibiotika für Kinder in den Griff zu bekommen. In Bremen sieht man das anders.
„Die rechtlichen und organisatorischen Anforderungen sind sehr hoch“, sagt Isabel Justus, Geschäftsführerin der Apothekerkammer Bremen. Zudem werde der Versorgungsengpass noch verstärkt, wenn die wenigen Antibiotika in nationalen Reserven gelagert würden.
Keine nachhaltige Lösung
Auch das Bremer Gesundheitsressort sieht in der nationalen Reserve keine nachhaltige Lösung: „Wir haben uns bereits mit der Frage einer Reserve für Arzneimittel beschäftigt“, so Sprecher Lukas Fuhrmann. Nicht zuletzt die Pandemie habe gezeigt, dass neben Schutzausrüstung auch Medikamente sinnvoll bevorratet werden können.
„Allerdings sind die Hürden bei der Bevorratung von Medikamenten deutlich höher, als bei Schutzausrüstung, weshalb diese bislang nicht umgesetzt werden kann“, erklärt Fuhrmann.
Allgemeinverfügung
Da sich die Versorgungssituation in den vergangenen Wochen noch verschärft hat, hat die Gesundheitssenatorin vor Kurzem eine Allgemeinverfügung erlassen, die es Apotheken erlaubt, bestimmte Antibiotikasäfte unbürokratisch aus dem Ausland zu importieren.
„Diese Antibiotika haben keine Zulassung in Deutschland, in dem jeweiligen EU-Land aber auf jeden Fall“, erklärt Fuhrmann. Der Import war vorher schon möglich, allerdings nur in Einzelfällen mit expliziter Verordnung. „Jetzt können die Antibiotika quasi regulär im Ausland eingekauft werden“, so der Sprecher.
Apotheken nutzen Verordnung
Justus sieht die Allgemeinverfügung als hilfreich an, um dem aktuellen Versorgungsengpass etwas entgegenzuwirken. „Bei einer Umfrage von uns haben von 26 Apotheken bislang 16 angegeben, mit der Allgemeinverfügung Ware aus dem Ausland importiert zu haben“, sagt die Apothekerkammer-Geschäftsführerin.
In den Augen der Bremer Apotheker müssen allerdings verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um Lieferengpässe von Medikamenten zu bekämpfen. Justus plädiert beispielsweise dafür, dass Engpässe von pharmazeutischen Unternehmen und Großhandel verpflichtend bekanntgegeben werden und die Produktion von Wirkstoffen und Arzneimitteln unter hohen Umweltschutz- und Sozialstandards wieder verstärkt in der EU stattfinden müssen.
EU-weite Lösungen
„Für Patienten dürfen durch Lieferengpässe keine höheren Aufzahlungen wegen Festbeträgen und Zuzahlungen entstehen“, ergänzt sie. Außerdem müsse der Mehraufwand in Apotheken angemessen honoriert werden. Auch Bundes- und EU-weit brauche es Lösungen.