Kitze werden im Mai und Juni geboren und von den Ricken in Wiesen oder Anbauflächen abgelegt. In den ersten 14 Tagen drücken sie sich bei Gefahr instinktiv ins hohe Gras.Foto: Rehkitzrettung Fischerhude Kitze werden im Mai und Juni geboren und von den Ricken in Wiesen oder Anbauflächen abgelegt. In den ersten 14 Tagen drücken sie sich bei Gefahr instinktiv ins hohe Gras. Foto: Rehkitzrettung Fischerhude
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Kitze in Sicherheit bringen

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Die Setzzeit der Rehe hat begonnen. Der Nachwuchs wird oft „ausgemäht“

Nicht nur Kinder freuen sich, wenn sie einmal ein „so niedliches Bambi“ zu Gesicht bekommen. Tatsächlich hat die Setzzeit bei den Rehen längst begonnen. Für die frisch gesetzten Kitze (so heißen die Jungtiere bei den Rehen) ist die Zeit der Kinderstube allerdings eine gefährliche Zeit und keine Idylle.

Fressfeinde wie der Fuchs spezialisieren sich im Frühsommer oft auf die Kitze als Hauptnahrungsquelle und folgen der trächtigen Ricke (das ist das weibliche Reh) oft schon, um den Nachwuchs später besser zu finden. Die Kitze sind nach der Geburt nämlich noch geruchsarm und nicht so einfach aufzuspüren. Sie drücken sich bei Gefahr ins hohe Gras, weil sie nicht davon springen können.

Auch um keine Füchse auf die Spur des Kitzes zu bringen, kommt die Ricke anfangs nur alle paar Stunden zu dem Kitz, um es zu säugen. Die andere Zeit bleibt das Kitz versteckt im Gras. Tragischerweise fällt die Setzzeit allerdings gerade mit der Zeit der ersten Mahd (ein anderes Wort für „Mähen“) zusammen, erklärt Tierärztin Dr. Alexandra Dörnath.

Wildtierverluste vermeiden

„Wenn die Bauern mit dem großen Mähgeräten über die Weiden fahren, spielt sich immer wieder eine Tragödie ab“, berichtet sie. „Die versteckt im Gras liegenden Kitze flüchten nicht und werden vom Bauern dann einfach ‚ausgemäht‘ und zerstückelt“, bedauert Dörnath.

Dabei ist dieses Tierleid vermeidbar: Die Bauern sind gesetzlich dazu verpflichtet, aktiv an der Vermeidung von Wildtierverlusten mitzuwirken. Das heißt, dass die zu mähenden Wiesen vorher abgesucht werden müssen. Und zwar am Abend vorher (mit anschließender Vergrämung) und am Morgen vor der Mahd.

Alexandra Dörnath

Die Expertin: Dr. Alexandra Dörnath aus der Tierarztpraxis Klein-Mexiko Foto: pv

Vielen Landwirten ist das allerdings offenbar zu aufwändig, deshalb wird häufig auf das Absuchen verzichtet. Oft wird den Landwirten dabei Hilfe angeboten. Sowohl ansässige Jäger wie private Initiativen bieten ihre Hilfe an und suchen die Wiesen vorher mit Drohnen, Wärmebildkameras und Helfern ab.

Gerade erst am vergangenen Sonntag haben sich die Helfer und Drohnenpiloten der Rehkitzrettung Fischerhude um 5.30 Uhr getroffen, um 25 Hektar Wiesen im Bremer Umland abzusuchen. Die auch aus Bremen kommenden Helfer entdeckten diesmal zwar nur ein paar Rehe und ein Kitz, verscheuchten dabei aber auch noch einige Hasen von den Wiesen.

Ansonsten ist das Vorgehen der Ehrenamtlichen immer gleich. Die Wiesen wurden zuvor bereits ausgemessen und die Daten der Drohne eingegeben. Die fliegt das Feld systematisch ab. Sobald der Pilot dabei ein Kitz oder einen Hasen entdeckt, leitet er per Funk die Helfer zu dem Ort.

Tierleid verhindern

Entdecken die ein Kitz, ist es eine Möglichkeit, einen Wäschekorb darüber zu stülpen und den Korb mit Heringen zu fixieren. Danach wird eine Fahnenstange in den Boden eingebracht, damit der Bauer sieht, wo das Kitz liegt und er den Bereich beim Mähen ausspart. Nach der Mahd kommen die Helfer dann erneut und nehmen den Wäschekorb wieder ab.

„Oftmals wartet die Ricke dann schon in der Nähe und schaut nach ihrem Kitz“, berichtet Sarah Meyer von der Rehkitzrettung Fischerhude. „Ein tolles Engagement, dass den Tieren wirklich hilft“, findet auch Dörnath. „Ich würde mir wünschen, dass diese Art der Kitzrettung überall stattfindet, wo die Wiesen gemäht werden. Dadurch könnte viel unnötiges Tierleid verhindert werden.“

Falls Ihnen ein Thema rund um einheimische Wildtiere und auch Exoten unter den Nägeln brennt, schreiben Sie uns einfach unter martin.bollmann@weserreport.de eine Mail.

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