Im ersten Schritt des Legalisierungsprozesses ist es Privatpersonen erlaubt. bis zu drei Cannabis-Pflanzen zu besitzen und pro Monat maximal 50 Gramm der Droge in den entsprechenden Vereinen zu erwerben. Foto: Pixabay
Politik

Cannabis legal konsumieren

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Vorstellung des Zwei-Säulen-Modells / Örtliche Stimmen aus der Politik und Polizei

Erst im vergangenen Jahr wurde über die Legalisierung von Cannabis diskutiert, jetzt gibt es konkrete Pläne. Mitte April stellten der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özedemir (Grüne) das Zwei-Säulen-Modell vor.

„Die SPD und auch ich selbst begrüßen die Arbeit des Gesundheitsministers Karl Lauterbach im Bereich der Legalisierung von Cannabis. Für uns ist dabei klar, dass Gesundheitsschutz, Jugendschutz und Entkriminalisierung die Leitgedanken der neuen Drogenpolitik sein müssen“, bekräftigt Hasan Bicerik (SPD Delmenhorst).

Die erste Säule

Im ersten Schritt (erste Säule) werden demnach sogenannte Cannabis-Clubs erlaubt, in denen Mitglieder pro Tag 25 Gramm und pro Monat insgesamt 50 Gramm Cannabis legal erwerben und konsumieren dürfen. Außerdem dürfen Personen bis zu drei Pflanzen besitzen. Hierbei wird auch gleichzeitig der Schwarzmarkt in Bedrängnis gebracht, denn dort „gibt es keine Qualitätskontrollen. Gestreckte Produkte mit Giftstoffen werden ungehindert verkauft und konsumiert“, weiß Bicerik.
„Durch eine Legalisierung von Cannabis würde der Schwarzmarkt stark eingedämmt, eventuell sogar ausgetrocknet werden und so der Zugang zu härteren Drogen erschwert werden“, äußert sich Murat Kalmis (FDP Delmenhorst).

„Die geplante Legalisierung von Cannabis bietet Vor-, als auch Nachteile. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass der Schwarzmarkt vermutlich deutlich kleiner werden wird oder vielleicht sogar komplett verschwindet“, schließt sich Kristof Ogonovski (CDU Delmenhorst) der Meinung an.

Die zweite Säule

Im zweiten Schritt (zweite Säule) werden Modellregionen ausgewählt, in denen ein staatlich kontrollierter Anbau stattfindet und lizensierte Shops die Droge verkaufen. „Es bleibt abzuwarten, wie in einem zweiten Gesetzesentwurf die Abgabe von Cannabis-Produkten, ähnlich wie in den Niederlanden, in speziellen Fachgeschäften geregelt werden soll“, sagt Kalmis. Der genaue Modellentwurf soll laut Medienberichten nach der Sommerpause folgen.

Entlastung der Polizei?

„Ebenfalls positiv zu bewerten ist es, dass Polizei und Gerichte bei der Verfolgung von Delikten, die im Zusammenhang mit dem Besitz von Cannabis stehen, entlastet werden“, führt Ogonovski weiter aus. „Circa zehn Prozent der Bevölkerung konsumieren regelmäßig Cannabis. Eine staatliche regulierte Abgabe von Cannabis hätte zur Folge, dass Polizei und Staatsanwaltschaften entlastet werden“, schließt sich Bicerik an.

Allerdings sei hier zu bedenken, wie Wilfried Grieme (Leiter der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch) bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik 2022 erwähnt, dass Cannabis vom Körper langsamer abgebaut wird als beispielsweise Alkohol. Eine mangelnde Aufklärung könne dazu führen, dass die Zahl der Verkehrsunfälle mit drogen- oder medikamentenbedingter Beeinflussung zunehmen.

Zahlen aus der Verkehrsunfallstatistik

Zum Vergleich: Im Jahr 2020 gab es 107 solcher Fälle, diese Zahl stieg 2021 auf 137 und 2022 auf 150 gemeldete Vorfälle. „Die Null-Toleranz-Strategie muss trotzdem weiterhin gefahren werden“, sagt Grieme. Demnach sollte es auch bei der Legalisierung keine Mindestgrenze geben, wie es bisher bei dem Promillewert der Fall ist. „Die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Drogen würde auch nach einer möglichen Legalisierung von Cannabis verboten sein“, bestätigt Albert Seegers, Pressesprecher der hiesigen Polizeiinspektion.

„Bisherige Verurteilungen, also solche, die nach dem neuen Gesetz nicht strafbar wären, können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Dieses wäre eine nachträgliche Entkriminalisierung auch vieler junger Menschen, deren berufliche Entwicklung dadurch nicht mehr behindert wird“, führt Kalmis einen weiteren Punkt an.

Verstärkung von Prävention

„Aus medizinischer Sicht ist bekannt, dass das Gehirn erst mit 25/26 Jahren ausgereift ist“, gibt Grieme weiter zu Bedenken. Der Konsum von Cannabis könne nachhaltige Schäden anrichten. „Jungen Menschen muss klar werden, dass im jugendlichen Alter Cannabis die größten Schäden verursachen kann und dass die Entkriminalisierung und kontrollierte Abgabe an Erwachsene nicht bedeutet, dass Cannabis ein harmloses Produkt ist“, ergänzt Seegers auf Nachfrage des Delme Reports.

Aus diesem Grund sei es wichtig, neue Gesetze zu etablieren und bereits bestehende auszuarbeiten. „Bei der Diskussion um die Legalisierung von Cannabis ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, dass intensive Aufklärungsarbeit geleistet wird und dabei auch auf die Gefahren von Cannabiskonsum besonders bei jungen Menschen hingewiesen wird“, unterstützt Ogonovski die Aufklärungs- und Präventionsarbeit der in Delmenhorst bestehenden Drogenberatung. „Durch gezielte flächendeckende Informations- und Präventionskampagnen muss es gelingen, das Erstkonsumalter (von derzeit durchschnittlich 14-15 Jahren) von Cannabis deutlich nach hinten zu schieben“, sagt Seegers.

Dafür sollen auch weitere finanzielle Mittel vom Bund zur Verfügung stehen. „Die Verstärkung der Prävention und die Durchführung von Informationskampagnen muss vom Bund finanziell unterstützt werden. Niedersachsen hat bereits das Doppelte an Präventionsmitteln für den Haushalt 2024 veranschlagt“, weiß Seegers.

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