Pia Adler, Auszubildende zur Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement bei Starofit in Ganderkesee, wird nach dem Abschluss übernommen. Bis dahin steht ihr Prokurist und Ausbilder Christian Benedikt zur Seite. Foto: Konczak
Nachwuchs

Noch viele freie Lehrstellen

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Großteil der Ausbildungsplätze in Stadt und Landkreis bislang unbesetzt / Beste Chancen

Auf dem Ausbildungsmarkt hat die heiße Phase begonnen. Im August und September starten in den meisten Firmen neue Azubis durch. Doch im Landkreis Oldenburg sowie in der Stadt Delmenhorst berichten die Betriebe derzeit noch von vielen unbesetzten Lehrstellen. Die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer (IHK) hat bislang im Landkreis weniger als rund 30 Prozent, in Delmenhorst weniger als 20 Prozent, der Ausbildungsverträge des gesamten Vorjahres registriert. Die Chancen für Schulabgänger seien selten so gut wie jetzt.

Neue Generation bringt Veränderung

„Die Betriebe suchen intensiv. Der Fachkräftebedarf in den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungswirtschaft ist sehr groß“, erklärte Ludger Wester, stellvertretender Leiter des Bereichs Bildung bei der IHK, in dieser Woche in einem Mediengespräch bei der Firma Starofit in Ganderkesee. Dabei habe sich das Bewerbungsverfahren im Laufe der Zeit geändert. Mittlerweile suchen die Firmen das ganze Jahr durch, potenzielle Azubis entscheiden sich immer kurzfristiger. Zudem, so die IHK, habe die gesamtwirtschaftliche Lage dazu geführt, dass manche Betriebe nicht ausbilden können.

Auch bei Starofit macht sich der Wandel auf dem Bewerbungsmarkt bemerkbar. „Eigentlich wollte ich immer bis Weihnachten durch sein mit den Ausbildungsverträgen für das nächste Jahr. Das kann ich heute vergessen“, sagt Geschäftsführer Kai Beecken. Sein Betrieb bildet seit 40 Jahren aus, 80 Prozent der Mitarbeiter haben ihre Lehre auch dort absolviert – Chef Beecken eingeschlossen. Der allererste Azubi ist sogar heute noch bei Starofit dabei. Viele Mitarbeiter haben nach der Ausbildung nebenberuflich studiert, aktuell sind es vier. Zwölf Auszubildende sowie ein Jahrespraktikant arbeiten derzeit bei Starofit an ihrer beruflichen Zukunft. Seit 2020 gehört auch Pia Adler als angehende Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement dazu. „Ich habe vorher zwei Semester Umweltwissenschaften studiert, aber das war mir zu theoretisch“, sagt die 23-Jährige, die gerade im dritten Lehrjahr ist und nach dem Abschluss übernommen wird. Mit ihrem Abitur gehört Adler zu den 35 Prozent der Azubis im Bereich der IHK, die einen Gymnasialabschluss haben. „Alle Schulformen sind willkommen, von der Hauptschule bis zum Gymnasium“, betont Wester.

Freie Lehrstellen in Logistik und Einzelhandel

„Es gibt vielseitige Möglichkeiten“, ergänzt Florian Ötjen-Meyer, Bereichsleiter bei der Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven. In Delmenhorst kämen auf 100 unbesetzte Ausbildungsstellen etwa doppelt so viele Bewerber. „Vor allem im Einzelhandel und auch in der Logistik wird in der Stadt Delmenhorst viel angeboten“, weiß er. Im Landkreis Oldenburg sind es statistisch 73 Bewerber bei 100 offenen Stellen. Der Experte rät Schulabgängern dazu, Angebote zur Berufsberatung für die Orientierung zu nutzen. Auch Unternehmen berät die Agentur für Arbeit mit ihrem Arbeitgeber-Service.

Die Oldenburgische IHK zählt in ihrem Bereich 130 Berufe. Die Top 10 der beliebtesten Ausbildungen sind bei Azubis wie auch bei den Betrieben gleich. An der Spitze stehen kaufmännische und technische Berufe. Dabei setzen viele Firmen nicht unbedingt ein perfektes Schulabschlusszeugnis voraus. „Junge Menschen sollten den Mut ergreifen und sich trotzdem bewerben“, meint Ötjen-Meyer, der auch zu Initiativbewerbungen rät.

„Die duale Ausbildung bietet viele Chancen“, ist sich auch Stefan Schnier, IHK-Vizepräsident und Prokurist bei J. H. Tönnjes, sicher. Die Verbindung von Theorie und Praxis sei ein wesentliches Asset, um das man hier in manch anderen Ländern beneidet werde. Und gute Mitarbeiter hole man langfristig über eine Ausbildung in den Betrieb.

Auf der Suche nach Nachwuchs

Die IHK greift kräftig unter die Arme und setzt beispielsweise Ausbildungsbotschafter ein – Azubis, die mit Schülern über ihre Erfahrungen sprechen. Im März startete eine bundesweite Kampagne unter dem Motto „Was wir mal werden wollen: stolz auf uns“ und dem Hashtag „könnenlernen“. Dabei sollen etwa mit Videos auf dem Portal TikTok junge Menschen erreicht werden. Außerdem stellt die IHK Material für Unternehmen zur Verfügung.

Auch bei Starofit weiß man um die Wichtigkeit, den Nachwuchs gezielt anzusprechen. „Wir versuchen, präsent zu sein, gehen in die Schulen, beteiligen uns an Börsen, bieten Praktika an“, sagt Beecken. Und apropos Praktikum: Das halten alle Beteiligten immer für sinnvoll. „Selbst wenn man dadurch nur feststellt, dass der Beruf nichts für einen ist“, so Wester.

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