Wer eine Behinderung hat und im Landkreis unterwegs ist, stößt auf zahlreiche Barrieren. Bei einem Rundgang durch die Innenstadt von Osterholz-Scharmbeck klärt der Kreisbehindertenbeauftragte Michael Schumacher über die Missstände auf, sieht aber auch den Willen zur Besserung.
„Da war die Idee schon mal da“, sagt Schumacher und zeigt auf den Zugang zum Haus am Markt. Doch der eigentlich barrierefrei anmutende Aufgang ist viel zu steil. „Ohne Hilfe kommt man als Rollstuhlfahrer da nicht hoch.“
Überhaupt ist die Innenstadt ein echter Dorn im Auge für den Kreisbehindertenbeauftragten und die Einwohner mit Handicap, die er vertritt. „Hier gab es früher mal Behindertentoiletten“, erklärt Schumacher am Schlauchturm. Das ist allerdings schon bald zwanzig Jahre her. Im Haus am Markt gibt es zwar eine Behindertentoilette und auch im Bahnhof findet man eine vor. Doch diese seien nur zu den Öffnungszeiten nutzbar, so Schumacher. Das WC am Schlauchturm sei durch Münzeneinwurf rund um die Uhr nutzbar gewesen.
Das Thema Toilette ist ein echtes Ärgernis für den Kreisbehindertenbeirat. Die Mitglieder empören sich bei beinahe jeder Sitzung über den Zustand im Haus am Markt. Denn wer hier auf das WC will und sehbehindert ist, muss mindestens mit einer dicken Beule an der Stirn rechnen: Der Weg führt direkt auf den Treppenaufgang zu, der unglücklicherweise auf Kopfhöhe beginnt. „Mir wurde von der Hausverwaltung gesagt, dass hier so schnell wie möglich Abhilfe geschaffen werden soll“, so Schumacher. Das Gespräch mit der für Schumacher nur schwer erreichbaren Haus am Markt-Verwaltung habe im Winter stattgefunden.
Seither hat sich augenscheinlich nichts getan. Auf Anfrage der Redaktion bestätigt ein Mitarbeiter der Dorle Herrmann Wohnungsverwaltung, Hausverwalter vom Haus am Markt, dass das Problem im Laufe des Juni beseitigt werden soll.
Immerhin: Etwas hat sich durch die Nachfrage unserer Redaktion bereits ergeben. Wie der Haus am Markt-Verwaltungssprecher am Freitag, 26. Mai, bestätigte, wurde die „Endlosbaustelle“ (Foto) auf der rechten Seite des Hintereingangs verkleinert. Jetzt können Rollstuhlfahrer und Menschen, die auf einen Rollator angewiesen sind, wieder den Fußweg nutzen und müssen nicht quer über den Parkplatz hinter den Autos entlang gehen.
Für Schumacher ein „Teilerfolg“. Er kämpft oft genug gegen die sprichwörtlichen Windmühlen an. Gerade erst war der Beiratsvorsitzende mit einem Vertreter des Landkreises unterwegs. Der Grund: Nicht überall funktionieren die akustischen Signale an den Ampeln. Auf das sogenannte „Freigebesignal“ (ein schnelles Piepen) sind sehbehinderte Menschen allerdings angewiesen, wenn sie eine Straße überqueren wollen. „Das ist natürlich richtig schlecht, wenn die Ampeln dann nicht funktionieren“, so Schumacher. Zwölf Anlagen habe Schumacher dem Verwaltungsangestellten gezeigt. Beim Landkreis räumt man ein, dass nicht alle funktionieren. Es gäbe „Handlungsbedarf“. „Der Landkreis geht derzeit davon aus, dass die Mängel – je nach Verfügbarkeit von Material und Servicefirmen – noch im Sommer behoben werden“, so Verwaltungssprecher Sven Sonström.
Dass viele Probleme nur zögerlich angegangen werden, nimmt Schumacher der Verwaltung von Stadt und Landkreis nicht übel. „Alle sind offen für meine Anliegen.“ Nur an der Umsetzung hapere es. „Wir müssen mehr aufeinander achten und uns öfter in die Lage von Menschen mit Behinderung versetzen. Dann wäre viel gewonnen.“