Das dreiköpfige Team von #powerup befindet sich in der Cramerstraße 179. Foto: pv
Interview

Mehr als nur Sozialarbeit

Von
#powerup ist die Anlaufstelle für Jugendliche / Thema Jugendkriminalität

Delme Report: Das Projekt #powerup kümmert sich um Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Kathleen Joedecke, Daniel Östreicher und Sarah Wentzel betreuen und begleiten die Teilnehmer. Wie lange gibt es das Projekt schon?

Kathleen Joedecke: #powerup läuft seit April 2021 und wir hatten mittlerweile 42 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Hinzu kommen zahlreiche Jugendliche im offenen Café.

Wie ist der Prozess, bis jemand aufgenommen wird?

Bevor die Jugendlichen zu Teilnehmern werden, führen wir ein Kennenlerngespräch. Dort wird den Fragen nachgegangen, ob das überhaupt passt und ob eine Teilnahme möglich ist. Es gibt formelle Dinge, die abgeklärt werden müssen. Wenn eine Teilnahme möglich ist, kommen sie erstmal an. Das ist auch der Unterschied zu anderen Projekten. Jeder kommt hier erstmal an und darf so sein, wie er ist. Wir haben keinen Anwesenheitszwang, wir sagen nicht, dass der Teilnehmer dreimal die Woche von 8 bis 16 Uhr vor Ort sein und vorher 1.000 Formulare ausfüllen muss.

Wie geht es weiter, sobald jemand Teilnehmer geworden ist?

Wir führen ein intensives Erstgespräch und fragen nach Wünschen, Zielen und was gebraucht wird, wo wir helfen können und auch wo Netzwerkpartner hinzugezogen werden müssen. Es wird ein individueller Hilfeplan erstellt. Das klingt ein bisschen abgehoben und nach Jugendamt, aber es dient zur Verschriftlichung dessen, was wir wissen müssen, um den Jugendlichen bestmöglich helfen zu können. Die Teilnehmer werden da natürlich miteinbezogen, sodass sie selbst sagen, was sie brauchen und wollen. Hierbei ist der Vertrauensaufbau enorm wichtig und Hauptbestandteil unserer Arbeit.

Was brauchen die meisten Jugendlichen denn von euch?

Bei den meisten sind es Behördenangelegenheiten jeglicher Art: Anträge, Formulare, finanzielle Unabhängigkeit und Begleitung zu Terminen. Das beinhaltet auch eine eigene Wohnung zu finden, weil es Zuhause aus den verschiedensten Gründen einfach nicht mehr geht. Wir begleiten die Jugendlichen für sechs bis zwölf Monate, mit – wenn sie es wünschen – der Option auf bis zu sechs Monate Nachbetreuung.

Kannst du auf die Gründe genauer eingehen?

Ich habe dafür drei meiner Jungs befragt. Der Hauptpunkt war: falsche Freunde, beziehungsweise auch das Aufwachsen in sozialen Brennpunkten. Was außerdem sofort rauskam und mit dicken Ausführungszeichen angeführt wurde, war wenig Geld. Sie müssen Straftaten begehen, um überleben zu können. Die Familie spielt auch eine Rolle, besonders vorbelastete Eltern und Verwandte. Viele Jugendliche werden mit Kriminalität groß oder in die Szene reingeboren.

Kannst du vielleicht ein konkretes Beispiel nennen?

Mir ist eine Aussage eines Teilnehmers vor Gericht im Kopf geblieben. Er sagte, dass während andere Väter mit ihren Kindern Lego bauen, habe er gelernt Kokain zu verpacken und eine Waffe zusammenzubauen.

Damit sind wir bei dem Thema Jugendkriminalität. Kannst du den Anstieg in der polizeilichen Kriminalstatistik bestätigen?

Wir betreuen viele Jugendliche, die Erfahrungen mit der Polizei gemacht haben oder kriminell geworden sind. Das Häufigste bei uns ist BtM (Betäubungsmittel), das muss man leider sagen. Wir hatten auch schon kleinere Diebstähle, Körperverletzung oder räuberische Delikte. Das allerdings nur im kleineren Rahmen. Es kommt zwar immer mal wieder vor, dass Jugendliche beispielsweise bei Kontrollen in der Graft auffallen, aber wir erkennen nicht, dass hier total ein Anstieg da ist. – Auch wenn wir in den letzten Wochen leider selbst von Kriminalität betroffen waren.

Euer Projekt ist hier einzigartig. Gibt es von eurer Seite etwas, was die Stadt besser machen könnte?

Notfall-Sleep-in-Plätze, also Notunterkünfte speziell für Jugendliche. Da sind wir auch im Austausch mit dem Brücke-Projekt Delmenhorst. Dorthin kommen aber eher die richterlichen Zuweisungen. Es gab schon ein paar Vorfälle, wo wir uns dann gefragt haben, wo die heute Nacht hinsollen. Ein besseres Netzwerk für die Verbindung untereinander wäre ebenfalls wichtig. Da sollte es auch kein Konkurrenzverhalten geben, wir machen das schließlich für die Jugendlichen.

Wie kann man Kontakt zu euch aufnehmen?

Entweder über WhatsApp, Instagram oder man kommt montags bis freitags zwischen 11.30 und 14.30 ins offene Café zu uns. Im Notfall erreicht man uns über Instagram oder WhatsApp – auch nach Feierabend sowie am Wochenende.

Neben persönlichen Gesprächen bietet #powerup unter anderem auch einen Kicker, eine Küche für das gemeinsame Mittagessen und im Hinterhof ist Platz zum Fußballspielen.Foto: pv

Zum Projekt

#powerup ist ein Projekt in Kooperation mit dem Jobcenter, agiert aber selbstständig. Zu dem dreiköpfigen Team gehören die Sozialarbeitenden Kathleen Joedecke, Daniel Östreicher und Sarah Wentzel. Der Standort befindet sich an der Cramerstraße 179. Das Team ist telefonisch unter 04221/1544520, über WhatsApp unter 0162/4 99 01 10 oder über Instagram (powerup_delmenhorst) erreichbar.

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