Symbol-Foto Pixabay
Familien

„Desaströse Planungspolitik“

Von
Delmenhorster Politik stimmt Kita-Bedarfsplanung nach hitziger Diskussion zu

Die letzte Ratssitzung vor der Sommerpause war eine hitzige: Lars Konukiewitz (SPD) verlangte von Oberbürgermeisterin Petra Gerlach mehrfach lautstark „Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit!“ Er wollte wissen, warum es im laufenden Jahr bislang erst zwei Ratssitzungen gegeben habe und wie es sein könne, dass im öffentlichen und im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 21. Juni unterschiedliche Tatsachen zur Kita-Planung vermeldet worden seien.

Die Ausschussmitglieder stimmten der Kindertagesstätten-Bedarfsplanung für die Jahre 2023 bis 2029 und damit auch der Planung für den Bau der Kita Westfalenstraße zu. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und damit auch der Presse, soll die Stadtverwaltung dann jedoch eingeräumt haben, dass man die Planung für diese Kita gar nicht fristgerecht abschließen könne.

Der Erste Stadtrat, Markus Pragal, erklärte diese scheinbare Diskrepanz damit, dass die beiden Vorgänge unabhängig voneinander besprochen worden seien und der zeitliche Wiederspruch erst zu spät auffiel. Konukiewitz kündigte an, diesen Vorgang weiter verfolgen zu wollen.

Zu wenig neue Kitas

Andrea Lotsios (SPD), die bereits im Jugendhilfeausschuss auf die Folgen für die Familien durch fehlende Betreuungsplätze für Kinder hingewiesen hatte, kritisierte in der Ratssitzung erneut die „desaströse Planungspolitik“ der Stadtverwaltung. „Im vergangenen Jahr hieß es noch, dass bis 2027 sieben neue Kitas entstehen. Und in der ersten Fassung des Bedarfsplans war die Rede davon, dass ab 2023 jährlich zwei Kitas gebaut werden“, so Lotsios. In der aktuellen Planung sei nach der Kita-Eröffnung an der Westfalenstraße erst einmal Schluss. Die nächste Kita werde planungsgemäß erst 2027 eröffnet.

„Wir sind hier nicht vor Gericht oder im Wahlkampf“, erwiderte Gerlach und bat um eine sachliche Debatte. Kristof Ogonovski (CDU) warf der SPD einen „schlechten Stil“ vor und erinnerte daran, dass das Problem von fehlenden Betreuungsplätzen für Kinder seit mehr als zehn Jahren bestehe. „In meinen zwölf Jahren im Stadtrat komme das Thema immer wieder auf“, meldet sich Marianne Huismann (Grüne) zu Wort. Wie beim Klimaschutz habe sie den Eindruck, dass die Stadt auch bei den fehlenden Kindergartenplätzen nicht weiterkomme. Murat Kalmis (FDP) gab zu Bedenken, dass Delmenhorst kein Einzelfall sei und verwies auf die angespannte Personalsituation im Rathaus.

„Die Kinderbetreuung ist ein deutschlandweites Problem“

„Die Kinderbetreuung ist ein deutschlandweites Problem“, sagte Pragal. Durch die neue elektronische Kita-Anmeldung würden jedoch erstmals Echtzahlen vorliegen. „Die sind deutlich geringer, als die errechneten Bedarfe. Wir sind gut aufgestellt bei den Plätzen für Über-Dreijährige. Bei den Unter-Dreijährigen fehlen dagegen Plätze.“

Im Krippenbereich fehlen statistisch unter der Annahme einer 41-prozentigen Versorgungsquote zum 1. August 306 Betreuungsplätze. Auf Grundlage der tatsächlichen Anmeldesituation reduziert sich das Minus auf 132 fehlende Plätze. Diese Anzahl unversorgter Kinder unter drei Jahren entspricht in etwa der Anzahl Kinder über drei Jahren, die aktuell in der Tagespflege betreut werden, weil sie keinen Kindergartenplatz bekommen haben. Durch diesen Umstand sieht man sich in der Verwaltung darin bestätigt, den Fokus auf den Ausbau der Betreuungskapazitäten bei den Über-Drei- bis Sechsjährige zu legen. Im Kindertagesstätten-Bedarfsplan 2023 bis 2029 ist unter „Fazit und Ausblick“ zu lesen, dass hierdurch mittelfristig Kapazitäten in der Tagespflege für die Betreuung von Unter-Dreijährigen frei werden. Zu Beginn des Kita-Jahres 2025/26 soll die Versorgungsquote bei 100 Prozent liegen.

Delmenhorster Konzept soll ausgebaut werden

Das Angebot des Delmenhorster Konzeptes mit mehr kleinen Gruppen soll ausgebaut werden. Diese Entwicklung wird jedoch mit einer Reduzierung der Betreuungsplätze einhergehen. Nicht zuletzt sind in der aktuellen Bedarfsplanung alle Nachmittagsbetreuungsplätze einbezo­gen. Aus Sich der Verwaltung wird es in der Praxis jedoch zunehmend problematisch diese Plätze zu vermitteln, da sie in den seltensten Fällen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerecht werden.

Letztlich wurde der Kita-Bedarfsplan vor der Sommerpause mit 14 Gegenstimmen beschlossen.

 

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren...

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner