Ulrich Droste (Vorsitzender des Fördervereins der örtlichen Wirtschaft), Oberbürgermeisterin Petra Gerlach und Gastreferent Andreas Paschke (MES-Competence und Solution Center) führten durch den Abend (v.li.)Foto: tk
Wirtschaftsempfang

Netzwerken beim Delmenhorster Wirtschaftsempfang

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Stelldichein von Geschäftswelt, Politik und Stadtverwaltung in der Markthalle. Mit Bildergalerie

„Wir stehen vor großen Herausforderungen, aber auch vor enormen Chancen. Delmenhorst hat nach unserer Meinung enormes Potenzial, vielleicht sogar die besten Entwicklungsmöglichkeiten aller Städte in Niedersachsen. Was wir jetzt brauchen sind keine Bedenkenträger. Lassen Sie uns alle Fortschritt wagen und mutig sein“, forderte Ulrich Droste beim Delmenhorster Wirtschaftsempfang, zu dem der Förderverein der örtlichen Wirtschaft eingeladen hatte.

Klare Worte in Richtung Politik und Stadtverwaltung fand Ulrich Drosten  in seiner Rede beim Wirtschaftempfang. Foto: Konczak

Droste steht dem Verein seit der Mitgliederversammlung im Frühjahr als Vorsitzender ehrenamtlich vor. Er hieß am vergangenen Donnerstag, 30. Juni, in der Markthalle zahlreiche geladene Gäste, darunter Vertreter aus der Politik und von der Verwaltungsspitze der Stadt Delmenhorst – auch Oberbürgermeisterin Petra Gerlach war anwesend – sowie Persönlichkeiten aus der örtlichen Wirtschaft willkommen. Die Oberbürgermeisterin lobte die Anwesenden als „wichtige Akteure in der Stadt“ und dankte den Unternehmerinnen und Unternehmern für ihr oft auch soziales Engagement.

Fachkräftemangel

Als Rektor einer Berufsbildenden Schule wunderte es wohl nicht, dass Droste in seiner Rede die Schulentwicklung ansprach. „Es gibt kaum einen Wirtschaftsbereich, der nicht über einen Fachkräftemangel klagt. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, diesem zu begegnen: Fachkräfte für Delmenhorst zu gewinnen oder eine verstärkte Förderung, Ausbildung und Qualifizierung von jungen Menschen. Bei beiden Möglichkeiten ist das Schulsystem ein wichtiges Kriterium und das, was wir im Bereich der Schulentwicklung momentan in Delmenhorst erleben, ist kein Aushängeschild.“ Hier müsse schnellstmöglich Klarheit geschaffen werden, sowohl von der Verwaltung als auch vom Rat.

Netzwerken gehört beim Wirtschaftsempfang dazu

Apropos Fachkräftemangel: Der Förderverein der örtlichen Wirtschaft zeigte zwar durchaus Verständnis, dass auch die Stadtverwaltung davon betroffen sei. Trotzdem könne es nicht sein, dass sich im Bauamt die Dauer von Genehmigungsverfahren noch lange nicht normalisiert habe und das bei stark nachlassenden Bauanträgen. Droste: „Wir fragen uns, wie sollen die großen Projekte wie beispielsweise das Marienviertel, der Wonnepark, die Hertie-Nachnutzung von der Verwaltung umgesetzt werden, wenn bereits kleinere Bauvorhaben monatelang verzögert werden?“

Entwicklung der ehemaligen DLW-Fläche

Aus Sicht des Fördervereins der örtlichen Wirtschaft stelle zudem die Entwicklung der ehemaligen DLW-Fläche durch die Deutsche Habitat eine gute Chance für die Stadt dar, um Frequenz in die Innenstadt zu bringen, die Klimabilanz zu verbessern und zahlungsfähige Neubürger in die Stadt zu holen. Der Förderverein ist bei bei den Beratungen oder zur Frage zum Gewerbeflächenanteil direkt mit eingebunden. „Die Stadt sollte die Chance ergreifen und durch einen Aufstellungsbeschluss eine Bauleitplanung auf den Weg bringen. Keine Entscheidung zu treffen, ist auch eine Entscheidung, aber keine gute. Wir brauchen klare und funktionierende Strukturen in Politik und Verwaltung bei der Fülle an Aufgaben und eine Priorisierung von Kernprojekten und für die Abwicklung. Es sollte eine Projektgesellschaft gegründet werden, die sich nicht in einem so engen Korsett wie die Verwaltung bewegen muss“, forderte der Vereinsvorsitzende.

Lebhafte Diskussion Foto: tk

Im vergangenem Jahr haben der Förderverein der örtlichen Wirtschaft und die Stadtverwaltung den direkten Kontakt verstärkt. Um ein besseres Verständnis für die jeweiligen Erwartungen und Wünsche zu erhalten, wurden runde Tische initiiert, an denen Unternehmer, die Wirtschaftsförderung, die Stadtplanung und die Bauordnung teilnahmen. Die Oberbürgermeisterin besuchte 2022 rund 100 Unternehmen. Dieses Angebot zum direkten Austausch will sie fortsetzen. Interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer können sich gerne im Rathaus melden.

Umweltschutz vor Gewerbe?

80 Prozent der Delmenhorster Betriebe, die in der Industrie- und Handelskammer (IHK) organisiert sind, würden sich wieder für Delmenhorst als Standort entscheiden. Das ergab eine Befragung zum IHK-Atlas 2022. Droste: „Das ist ein erfreulicher Wert. Jedoch bemängelten die Teilnehmer der Umfrage das Image der Stadt, die Digitalisierung der Verwaltung, die Dauer der Genehmigungsverfahren und die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen.“ Knapp 30 Prozent der Firmen würden sich gerne vergrößern. „Da ist es bedauerlich, dass das Thema Gewerbegebiet Wissmannstraße so lange vernachlässigt wurde.“ Nun sei die Politik gefragt: Umweltschutz vor Gewerbe? Flächen zur Wohn- und Gewerbenutzung freigeben oder möglichst vermeiden? Klimamusterstadt ja, aber wie? In moderne Umwelttechnologien investieren oder jeden Baum schützen ohne Rücksicht auf sonstige Konsequenzen? Aus Sicht des Fördervereins müsste der Stadtrat solche richtungsweisenden Fragen verlässlich beantworten.

Wirtschaftsempfang in der Markthalle.                    Foto: tk

Die Unternehmensvertretung fordert von Verwaltung und Politik, dass „der Bereich Innenstadt konsequent und langfristig entwickelt werden muss. Popup-Stores seien kein Konzept, sondern zeitlich befristete Subventionen für Kleingewerbetreibende, um damit einen Leerstand zu überbrücken“. Exemplarisch verwies Droste auf das mit einer Fördersumme in Höhe von 1,8 Millionen Euro dotierte Projekt „Perspektive Innenstadt“. Von den geplanten 18 Anträgen seien lediglich zwei Projekte nachhaltig gewesen, viele hätte gar nicht stattgefunden. Die Erwartungen der Kaufmannschaft in Delmenhorst wurden nicht erfüllt. „Aber das eigentlich Gravierende daran ist, das immense Kapazitäten von Seiten der Wirtschaftsförderung und der Verwaltung gebunden waren,  die sinnvoller und gewinnbringender an anderen Stellen der Innenstadtentwicklung und der Förderung unserer Betriebe hätten eingesetzt werden können“, beklagt Droste.

Hoffnungsträger für die Innenstadt: Förderprogramm „Resiliente Innenstadt“

Ein Hoffnungsträger für die Innenstadt ist das Förderprogramm „resiliente Innenstadt“, dass ein Gesamtvolumen von 10,5 Millionen Euro umfasst. Wolfgang Etrich, Mitglied im Vorstand der Volksbank Delmenhorst Schierbrok sowie Mitglied im Förderverein der örtlichen Wirtschaft, ist im Steuerkreis vertreten. Schwerpunkte sind laut Antrag ein Ausbildungs- und Berufsqualifizierungscampus, die Neuentwicklung und Gestaltung des Bahnhofsbereichs und die Erschließung und Aufwertung der Delme als blaues Band.

Jürgen Waßer (Mitte) ist Mitglied im Förderverein der örtlichen Wirtschaft

Der Förderverein hat bereits vor fünf Jahren seine Vorstellung von einer Bildungseinrichtung in der Stadt entwickelt, Gelder in die Hand genommen und eine Fachkraft angestellt, um die unterschiedlichen Möglichkeiten und die Rahmenbedingungen für eine solche Einrichtung zusammenzustellen. Ziel war und ist es, einen Bildungsgang in Delmenhorst zu implementieren, der die heimischen Betriebe bei der Umsetzung der digitalen Transformation unterstützt und im besten Fall Strahlkraft ins Umland entwickelt. Am 29. Juni erhielt der Förderverein eine Zusage für Fördermittel.

Gewerbeflächenentwicklungskonzept

Beim Wirtschaftsempfang sprach die Oberbürgermeisterin auch das Thema Gewerbeflächenentwicklungskonzept an. Es soll im Herbst diesen Jahres vorgestellt werden. „Wir haben als Förderverein bereits 2017 Gelder für ein Gewerbekataster und die Entwicklung von Gewerbeflächen zur Verfügung gestellt und mahnen dies seit Jahren regelmäßig an“, erinnerte Droste. Man sei gespannt, welche Gewerbeflächen entwickelt und ausgewiesen werden sollen und welche Gewerbebereiche künftig angesiedelt werden sollen.

Spannender Vortrag Foto: tk

Bereits beim Wirtschaftsempfang im vergangenen Jahr forderte der damalige Vereinsvorsitzende, Wolfgang Etrich: „Wir brauchen dringend ein Gewerbeflächen- und Ansiedlungskonzept, um dieses Thema langfristig zu organisieren, um wieder attraktiv zu sein für Arbeitgeber, Einnahmen für die Stadtkasse zu erzielen und um das Thema aus Bauch- und Einzelfallentscheidungen rauszuhalten.“

Die Unternehmensvertretung fordert eine Stärkung der Wirtschaftsförderung. Sie müsse die Koordination und Gesamtprojektleitung für die wichtigsten privaten Investitionsprojekte in Delmenhorst innehaben.

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