Die Aufregung ist groß auf beiden Seiten: Während die Menschen bereits wissen, was gleich passieren wird, sind die schottischen Rinder eher scheu. Doch dann verlässt das erste zögernd den Viehanhänger und jegliche Nervosität ist verflogen. Fluchs folgen auch die anderen zotteligen Wesen und das Waldweide-Projekt kann offiziell im Hutewald Hasbruch starten.
Früher grasten im Wald Ziegen, Schafe, Rinder, Schweine und Gänse, später wurde es dann allerdings verboten. „In diesen lichten Wäldern, in dem das Vieh alles Grün fraß, an das es herankam und mit seinem Dung düngte, herrschte eine hohe Artenvielfalt“, schildert Uwe Mestemacher, Leiter des Forstamtes Neuenburg. Durch diese Jahrhunderte überdauernde Tradition hat der Wald auch sein besonderes Aussehen geprägt von großkronigen, knorrigen Eichen und Hainbuchen.
Waldweideprojekt
„Mit dem Waldweideprojekt wollen wir wieder an die lichten Eichenwaldstrukturen von damals anknüpfen. Diesen Wald muss man sich mosaikartig vorstellen mit dichteren Waldpartien, lockerem Baum- und Strauchbestand und Wiesenflächen. Auf der Projektfläche im Süden des Hasbruch soll wieder eine typische Hute- und Triftlandschaft entstehen“, erklärt Eva-Maria Langfermann, Leiterin des Amtes für Naturschutz und Landschaftspflege.
Bereits seit 30 Jahren war es Thema bei den Landesforsten, nun konnte es im Rahmen des Projekts „Vielfalt in Geest und Moor“ realisiert werden. Verantwortlich für die Umsetzung ist die Naturschutzstiftung des Landkreises Oldenburg in Kooperation mit den Niedersächsischen Landesforsten und der Umweltstiftung Weser-Ems.
Hochlandrinder und Exmoorponies
Damit die neun schottischen Hochlandrinder und die sechs Exmoorponies sich in dem 36 Hektar großen Waldgebiet wohl fühlen, musste einiges vorbereitet werden. Zunächst lichtete das Forstamt im Jahr 2020 24 Hektar Waldanteil, dafür mussten größere Bäume entnommen und Teile des Unter- und Zwischenbaumbestandes entfernt werden.
Ebenfalls Teil der Vorbereitung war ein drei Kilometer langer Weidezaun, errichtet vom Landkreis. Damit wird das Hutewaldareal begrenzt. „Ein Waldweg führt durch die Projektfläche. Er ist mit selbstschließenden Pforten ausgestattet. Wegebreite Roste verhindern, dass die Tiere das Areal verlassen, aber die Waldbesuchenden die Waldweideflächen ganz nah erleben können“, beschreibt Langfermann.
Somit eröffnet sich also gleichzeitig eine Wanderstrecke für Interessierte mitten durch den neuen Lebensraum der 15 neuen tierischen Bewohner.
Führungen, Workshops, Umweltbildungsangebote für Kinder und Jugendliche
„Wir wollen die Menschen mitnehmen. Dazu arbeiten wir mit den Akteuren rund um den Hasbruch eng zusammen. Es soll regelmäßige Führungen geben, Workshops, Umweltbildungsangebote für Kinder und Jugendliche. Außerdem wollen wir die örtlichen Gästeführerinnen und Gästeführer ausbilden, damit sie das Waldweideprojekt mit in ihr Portfolio aufnehmen können“, sagt Langfermann.
Gleichzeitig soll hier beobachtet werden, ob so die Artenvielfalt wieder langfristig steigt, wie Mestemacher erklärt: „Wir erwarten mit der Zeit eine Fülle von licht- und wärmeliebenden Waldrand- und Saumarten wie zum Beispiel Knabenkräuter, Sumpf-Hornklee und Kuckuckslichtnelke.“
Die zotteligen Wesen erobern nach über 140 Jahren wieder den Wald. Sie haben große Erwartungen zu erfüllen, immerhin soll die Artenvielfalt gesteigert werden und damit ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.