„Wir sind voll bis unters Dach“, sagt Gaby Schwab, Sprecherin des Bremer Tierschutzvereins. Das liege mittlerweile nicht nur mehr daran, dass sich Menschen in Corona-Zeiten ein Haustier geholt haben und nun damit überfordert sind. „Die steigenden Kosten durch Inflation und Energiekrise trifft viele Haustierbesitzer“, weiß Schwab. Deswegen habe das Tierheim gerade einen Aufnahmestopp: Nur wenn Tiere ausziehen, können neue abgegeben werden.
Bremer, die seit zehn Jahren ihren Hund oder ihre Katze hätten, könnten sich nun Futter oder Tierarztkosten nicht mehr leisten. „Es rufen Leute bei uns weinend an, weil sie die Kosten für ihre Tiere nicht mehr tragen können“, erzählt Schwab. Vor allem Rentner, die oft nur noch ihr Haustier hätten, seien betroffen. „Wir als Tierschutzverein können da allerdings wenig tun. Auch unsere Kapazitäten sind am Ende“, bedauert Schwab.
Aufnahmestopp bei Tiertafel
Auch die Bremer Tiertafel merkt, dass sowohl die Tierarztkosten als auch die Inflation den Menschen zu schaffen macht. „Es kommen Anfragen zur Übernahme von Tierarztkosten. Das machen wir aber nur bei Kunden, die schon sechs Monate bei uns sind“, sagt der Vorsitzende Stefan Evers. Seine Erfahrung zeige: Lieber geben die Leute noch Geld für ihre Tiere aus und kaufen ihnen etwas zu essen als sich selbst.
Die Tiertafel hat es sich zur Aufgabe gemacht, Tierhaltern in Not zu helfen. „Momentan haben wir durch die Inflation allerdings weniger Spenden, aber mehr Kosten. Deswegen nehmen wir auch gerade keine neuen Tierhalter an – erstmal bis Ende Oktober“, so Evers. Auch Helfer, die mit anpacken können, fehlen, um die rund 100 Hunde, 100 Katzen und einige Kleintiere, die von der Tiertafel Hilfe bekommen, weiter zu versorgen.
Gestiegene Tierarztkosten
Gerade die gestiegenen Tierarztkosten sind für viele ein Problem. Bernhard Bindernagel, Vorsitzender des Tierarztverbands Niedersachsen/Bremen, erläutert: „Die neue Gebührenordnung für Tierärzte ist die erste grundlegende Aktualisierung seit 1999. Ohne diese Erneuerung wäre schon bald eine flächendeckende tierärztliche Versorgung nicht mehr möglich gewesen.“ Viele Praxen müssetn Neukunden ablehnen, da sie an oder über ihrer Belastungsgrenze arbeiten würden.
Im Durchschnitt seien die Kosten um ungefähr 25 Prozent gestiegen. Ziel sei es, jedem Tier eine bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. „Das Thema Kosten sollte hierbei im Vorfeld geklärt sein. Dann gibt es keine Probleme mit unerwarteten Rechnungen. Viele Praxen bieten für besondere Fälle Ratenzahlungen an“, sagt Bindernagel, findet aber: „Wer ein Tier in die Familie aufnehmen möchte, sollte sich vorher überlegen, welche Kosten für Futter, Steuern und Tierarztkosten entstehen.“
Krankenversicherung empfohlen
Um Gebühren besser zu kalkulieren, empfiehlt der Verband, sich zu Tierkrankenversicherungen beraten zu lassen. „Gerade in unvorhergesehenen Notsituationen helfen Versicherungen sich auf sein Tier und nicht die Kosten konzentrieren zu können“, so Bindernagel.
„Versicherungen sind aber besonders bei alten Hunden aufgrund des Alters oft nicht mehr möglich oder sehr teuer“, betont Schwab. Aber gerade diese Tiere sind aufgrund von Krankheiten oft angewiesen auf Spezialfutter oder die Einnahme spezieller Medikamente.
Evers findet, dass in Bremen ehrenamtliche Tierärzte fehlen. „Wir bekommen oft die Nachfrage, ob es solche Angebote hier gibt“, so der Vorsitzende der Tiertafel. Bei der Hamburger Tiertafel gebe es Tierärzte, die wenigstens Kleinigkeiten kostenfrei behandeln könnten. So etwas fehle in Bremen noch.