Wenn Kinder krank sind und keine Zäpfchen oder Fiebersäfte vorrätig sind, können Apotheken auch aus Tabletten einen Saft mit der richtigen Wirkungsmenge herstellen.Foto: Pixabay
Medizin

„Bunkern ist keine Lösung“

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Ob Arzneimittel für Kinder in diesem Herbst und Winter wieder knapp werden können.

Im vergangenen Winter litten Kinder und Eltern unter Engpässen: Medikamente gegen Fieber und Schmerzen waren nicht mehr verfügbar. Momentan ist die Situation zwar entspannt, doch die kalte Jahreszeit steht vor der Tür, in der viele Kinder zeitgleich krank werden.

„Wir haben in Deutschland und Europa das Problem, dass einfache und preiswerte Medikamente, wie zum Beispiel Fiebersäfte, nicht mehr hier hergestellt werden“, sagt Stefan Trapp, Vorsitzender des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Bremen. Diese Medikamente werden in Asien produziert. „Die Abhängigkeit hat sich seit dem letzten Winter nicht geändert“, sagt Trapp.

Bei Mangel ins Ausland

Die Schwierigkeit, dass in Deutschland diese Medikamente günstig sind und bei Mangel Hersteller lieber ins Ausland verkaufen, wurde durch eine Preisbindung aufgehoben. „Wir hoffen, jetzt nicht mehr im Verteilungsnachteil zu sein“, sagt Trapp. Nachdem die Bundesregierung den Versorgungsmangel mit antibiotikahaltigen Säften für Kinder festgestellt hat, konnte die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard im April eine Verfügung erlassen, die Apotheken erlaubte, Antibiotikasäfte aus dem Ausland zu importieren. „Somit sind wir diesen Winter besser vorbereitet“, so der Kinderarzt.

Ein weiteres Problem: Kinder-Medikamente werden nicht bevorzugt produziert, da die Preise nach Wirkstoff-Menge festgelegt werden und Kinder weniger Wirkstoffe bekommen. „Wir haben Sorge, dass es diesen Winter wieder zu Engpässen kommt und beobachten die Situation“, so der Kinderarzt.

Weiterhin angespannte Lage

„Die Liefersituation hat sich teilweise, bei bestimmten Wirkstoffen, entspannt, ist aber in weiten Bereichen weiterhin angespannt“, sagt Kristin Viezens, Sprecherin des Gesundheitsressorts.

Der pharmazeutische Großhandel sei gesetzlich dazu verpflichtet, eine Bevorratung für mindestens zwei Wochen vorzuweisen, bei einigen Arzneimitteln sogar für vier Wochen vor. „In Apotheken bestehen ebenso gesetzliche Bevorratungspflichten“, weiß die Sprecherin des Gesundheitsressorts.

In Praxis anrufen

Der Großhandel, Apotheken sowie Hersteller seien gesetzlich dazu verpflichtet, eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln sicherzustellen, damit der Bedarf gedeckt ist. „Die grundsätzliche Verfügbarkeit von Arzneimitteln auf dem Markt kann jedoch kurzfristig dadurch nicht gesteigert werden“, erklärt Viezens.

Das Gesundheitsressort empfiehlt Eltern von kranken Kindern, in der Kinderarztpraxis anrufen und die Symptome der Kinder zu schildern, um dann eine Entscheidung für oder gegen einen Besuch in der Praxis zu treffen.

Aus Winter gelernt

„Wir haben uns mit den Apotheken abgestimmt und haben aus dem Winter 2022 gelernt“, so Trapp. Beispielsweise bestehe die Möglichkeit, aus Tabletten einen Saft für Kinder herzustellen, um die Grundversorgung zu sichern. „Der ist zwar nicht so lecker und teurer, aber hilft auch“, weiß der Arzt. Es bestehe also kein Anlass zur Panik. „Wir finden immer eine Lösung. Die ist nicht jedes Mal optimal und daran muss gearbeitet werden. Wir brauchen eine zuverlässige Verfügbarkeit durch die Produktion der Medikamente in Europa“, fordert er.

Wichtig sei, zwar für den Notfall Medikamente gegen Schmerz und Fieber vorrätig zu haben, aber diese nicht in Massen zu kaufen. „Bunkern ist keine Lösung. Denn dann bekommen diejenigen nichts, die es gerade akut brauchen würden.“

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