Mit ihrer Show „From Virgin To Quantum Years 2023“ kommen Tangerine Dream (Thorsten Quaeschning, Hoshiko Yamane und Paul Frick, v.l.) am 17. Oktober, 20 Uhr, ins Metropol Theater. Tickets gibt‘s bei eventim.de. Foto: Katja Ruge Mit ihrer Show „From Virgin To Quantum Years 2023“ kommen Tangerine Dream (Thorsten Quaeschning, Hoshiko Yamane und Paul Frick, v.l.) am 17. Oktober, 20 Uhr, ins Metropol Theater. Tickets gibt‘s bei eventim.de. Foto: Katja Ruge
Tangerine Dream

Ein Gefühl von Heimvorteil

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56 Jahre und kein bisschen leise: Tangerine Dream kommen ins Metropol Theater

Weser Report: Tangerine Dream ist eine seit 56 Jahren etablierte Band. Das neueste Album „Raum“ gilt allerdings als eines der erfolgreichsten – macht Sie das stolz?

Paul Frick: Auf jeden Fall!

Thorsten Quaeschning: Natürlich macht man die Musik für sich, aber man kann sich auch nicht davon befreien, stolz zu sein, wenn das Ergebnis gut angenommen wird.

Sie sind mit der Band aufgewachsen. Seit wann ist Ihnen der Name ein Begriff?

Thorsten Quaeschning: Seit den 90ern etwa, schon alleine durch die ganzen Soundtracks. Ich bin dann 2003 zu Tangerine Dream gekommen – erst nur als Testlauf. Das Tolle war, dass ich diese Musik vom Gründer Edgar Froese selbst gelernt habe. Das war schon eine Ehre und ein Privileg.

Herr Frick, sie sind erst 2020 dazugestoßen, haben nie mit Froese zusammengearbeitet. Ist das ein Nachteil oder eher von Vorteil, wenn man ganz losgelöst neue Komponenten einbringen kann?

Paul Frick: Ich habe ihn zwar nie getroffen, dennoch sind seine musikalischen Ideen sehr präsent in meinem Leben und ich kenne auch alle Geschichten, die die Kollegen über ihn erzählen. Deswegen habe ich so eine merkwürdige Vorstellung, ihn zu kennen.

Wenn man hört, dass Tangerine Dream Größen wie David Bowie, Hanz Zimmer oder Depeche Mode inspiriert hat – haben Sie da nicht manchmal das Gefühl ein schweres Erbe angetreten zu haben?

Thorsten Quaeschning: Es ist zumindest eine sehr große Verantwortung und eine Ehre, dass wir das weiterführen dürfen. Wir wissen aber, dass man es niemals allen Recht machen kann. Es gibt Leute, die Lieder aus den 70ern mögen, andere, die die 90er lieber haben. Es gibt ja insgesamt auch über 100 Alben. Wenn man da wahllos ein paar rausziehen würde, würde man nicht zwingend annehmen, dass sie von derselben Gruppe stammen – was für ihren Experimentier- und Entdeckergeist spricht. Letztlich ist es eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Ideen, die mit uns weitergeht.

Wie ordnen Sie selber Tangerine Dream heute musikalisch ein?

Thorsten Quaeschning: Elektronisch erzeugte Musik ist sehr breit gefächert. Die Idee war, alles Gelernte zu bündeln – was insgesamt auch eine ganz gute Idee für‘s Leben ist. Die Dynamik und den Entdeckerwillen dieser Musik ein wenig mehr in Form gießen, damit wollen wir das Tangerine Gefühl wecken.

Paul Frick: Es ist auch schön, auf ein jahrzehntelang gewachsenes Werk aufzubauen. Da gibt es viele Anknüpfungspunkte – musikalisch wie kompositorisch. Wir entdecken auf älteren Platten Ideen, die noch nicht wirklich ausformuliert sind und bei denen man mit der heutigen Technologie noch einiges verdeutlichen kann. Immer auch mit der Frage, wie unsere jetzige Perspektive darauf ist.

Was erwartet die Besucher bei Ihrem Konzert?

Paul Frick: Optisch wird auf jeden Fall schon durch das ziemlich große Instrumentarium was geboten, vor allem mit der Modular-Synthesizer-Wand.

Thorsten Quaeschning: Wir haben ein grandioses Lichtdesign, aber wenig Licht von vorne ins Gesicht. Das ist mir auch lieber so, denn das erdet zu sehr. Wir reden auch kaum mit den Leuten. Denn alleine durch die Art unserer Instrumente können wir ja nicht über die Bühne rennen. Vielleicht würden wir es dann eher machen. Also… wir haben immerhin angefangen, Hallo zu sagen. Aber Ansagen oder Anekdoten zwischendurch gibt es nicht. Das passt auch nicht ins Konzept: Denn die menschliche Stimme erdet ebenfalls. Und das wollen wir nicht.

Paul Frick: Gerade Instrumentalmusik hat besonders die Chance, Dinge zu tun und auszulösen, wo Sprache nicht hinkommt. Das ist das Schöne, dass sich Gefühle so auch ohne Worte transportieren lassen.

Die Session, die Sie am Ende jeder Show machen – ist das reine Improvisation?

Thorsten Quaeschning: Ja, aber wir einigen uns im Vorfeld auf ein Tempo. Das ist immer vom Saal abhängig, denn jeder Raum funktioniert anders. Und dann spielen wir zwischen zwanzig bis 60 Minuten – je nachdem wie lange wir dürfen. Für mich ist das immer das Highlight des Konzertes, denn in diesem Moment erschaffen wir Musik.

Dann nimmt eine Konzertvorbereitung viel Zeit ein?

Paul Frick: Wir mögen sehr lange Soundchecks und sind schon so zweieinhalb Stunden dabei, uns an den Raum zu gewöhnen und Dinge auszuprobieren. Dann hat man am Ende des Tages zumindest das Gefühl eines Heimvorteils.

Dann haben Sie wohl kaum Zeit, sich die Stadt anzugucken?

Paul Frick: Nur ein bisschen. Aber ich war auch schon oft in Bremen – als Kind.

Thorsten Quaeschning: Ich mag gerne Rituale. Und ich schicke immer eine Postkarte aus jeder Stadt. Das ist eine schöne Beschäftigung für 90 Minuten: durch die Stadt gehen, in einem Café eine Postkarte schreiben und die dann zur Post bringen. Das finde ich sehr, sehr schön.

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