Aufnahme aus dem Jahre 1966. Fotos: Stadtarchiv Delmenhorst
Geschichte

200 Jahre Kramermarkt

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Der Frühjahrs- und Herbstmarkt gehört fest zu Delmenhorst dazu

Der Kramermarkt lädt zweimal im Jahr – im Frühling und im Herbst – auf die Graftwiesen ein; das nächste Mal bereits vom 9. bis 13. September. Fünf Tage lang werden die Graftwiesen mit Fahrgeschäften für Klein und Groß, Schieß- und Spielgeschäften sowie verschiedensten kulinarischen Leckereien zur ganz besonderen Erlebniswelt.

Ganz normaler Markt mit Musik

Der erste Frühjahrsmarkt in Delmenhorst fand 1823 statt. Mit dem heutigen Kramermarkt hatte er nicht viel gemein. Karussells gabe es gar nicht; die 33 Marktbeschicker boten lediglich Kuchen, Eisen- und Holzwaren sowie Dinge des alltäglichen Lebens an. Es gab je eine Bude mit Büchern und mit Schreibfedern – ungewöhnlich, da zu der Zeit nur wenige Menschen lesen und schreiben konnten. Für Musik sorgten ein Mann mit Elektrisiermusik, drei Orgeldreher, sieben Musikanten und ein Harfenmädchen. Wie es auf dem Delmenhorster Markt etwa um 1850 zuging, hat Marie Fitger in ihren Erinnerungen im Jahr 1915 vermerkt (nachzulesen in den Delmenhorster Schriften 20, herausgegeben vom Heimatverein Delmenhorst): „Der Viehhandel war am Vormittag vorbei. Nachmittags aber roch noch ganz Delmenhorst nach Kuhschmutz, Branntwein und Honigkuchen.“

Die ersten Fahrgeschäfte

Die Bezeichnung „Krammarkt“ ist für das Jahr 1887 belegt – in diesem Jahr stand auch erstmals ein Karussell auf dem Markt. Das „Dampf-Velocipeden-Caroussel“ wurde durch eine Dampfmaschine in Bewegung gesetzt. Die Besucher nahmen auf Fahrrädern Platz und erlebten „das stolze Gefühl auf einem Fahrrad zu fahren“. Das war damals noch eine Besonderheit.

Der Kramermarkt war für die Bevölkerung der Stadt und aus den umliegenden Gemeinden immer ein großes Ereignis, wurden doch während des Frühjahrs- und Herbstmaktes in den Gastwirtschaften von den Behörden öffentliche Tanzbelustigungen und Musikdarbietungen zugelassen. So lud der Hotelier Schliemann zum Herbstmarkt 1888 zu einer Künstler-Vorstellung mit Artistik, Bauchredner und Tierstimmen-Imitator und einem Familien-Konzert ein.

Seit 1952 findet der Kramermarkt auf den Graftwiesen statt. Dieses Foto entstand 1960.

Anfangs fanden die „Krammärkte“ im April und Oktober lediglich halbtags statt, verbunden mit einem Viehmarkt. Diese kurze Zeitspanne zog jedoch kaum Marktbeschicker an und so forderte der Bürgermeister eine längere Marktdauer. Das Staatsministerium genehmigte eine veränderte Marktordnung: ab 1898 durfte ein „Krammarkt“ am letzten Sonntag im April von 3 Uhr nachmittags an und am folgenden Montag sowie am dritten Sonntag im Oktober und am folgenden Montag und Dienstag stattfinden. Die Bezeichnung Kramm deutete übrigens auf die Art der Waren hin, die angeboten wurden: Gegenstände des Haushalts, Kram halt.

Spätestens Anfang 1900 hatte sich die Veranstaltung von einem Verkaufs- zu einem Vergnügungsmarkt entwickelt. Zum Herbst-Markt 1902 lockte Robert Melich mit einem Kinematographen die Besucher auf den Marktplatz am Mühlendamm, den heutigen Bismarckplatz. Des Weiteren gab es unter anderem eine Berg- und Talbahn, eine russische Schaukel und einen Irrgarten. Auch eine „Museums- und Abnormitäten-Ausstellung“ warb um die Gunst der Besucher.

Der Kramermarkt etabliert sich

1950 verlängerte man den Frühjahrs- und Herbstmarkt auf fünf Tage. Zwei Jahre später zogen die Schausteller auf die Graftwiesen um. Orgelspieler, Gaukler und Abnormitätenausstellungen verschwanden weitgehend. Gewünscht waren nun Fahrgeschäfte, nach dem Motto „Immer höher, schneller, komplizierter, immer verrückter“.

Speisen und Getränke spielten weiterhin eine große Rolle. Seit 1890 war der Delmenhorster Johannes Hupka, ein gebürtiger Schlesier, auf dem Markt wegen seiner Honigkuchen bekannt. Später und bis in die heutige Zeit gehören Schmalzkuchen, Berliner, Viktoria und Apfeltaschen fest zum Kramermarkt.

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