Ertrinken passiert im Stillen. Symbolbild: pixabay
Rettung

Ertrinkende rufen selten „Hilfe“

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DLRG gibt wichtige Tipps, um Unfälle zu vermeiden

Mindestens 355 Menschen sind im Jahr 2022 in Deutschland durch Ertrinken ums Leben gekommen. Das zeigen Daten der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Wir sprachen mit der Leiterin für Öffentlichkeitsarbeit der DLRG-Ortsgruppe Delmenhorst. Jana Springmann, ertrinken primär Nichtschwimmer?

Jana Springmann: Statistiken und Untersuchungen zeigen, dass sie ein erhöhtes Risiko haben, an Ertrinkungsunfällen beteiligt zu sein. Menschen, die nicht schwimmen können oder nur über begrenzte Schwimmfähigkeit verfügen, sind in Gefahr, wenn sie sich in der Nähe von Wasser aufhalten, sei es in Schwimmbädern, Seen, Flüssen oder am Meer. Sie verfügen oft nicht über die notwendigen Fähigkeiten, um angemessen auf Gefahren zu reagieren.

Was raten Sie Nichtschwimmern?

Es ist von großer Bedeutung, dass sie das Schwimmen erlernen und sich der potenziellen Gefahr bewusst sind. Die DLRG Ortsgruppe in Delmenhorst bietet Schwimmkurse für jedes Alter an. (Info: delmenhorst.dlrg.de) Aber auch geübte Schwimmer dürfen ihre Fähigkeiten nicht überschätzen und können in Not geraten oder gar ertrinken.

In diesem Jahr ertranken mehrfach erfahrene Wassersportler, die an einem heißen Sommertag auf einem Stand-up-Paddling (SUP) Board unterwegs waren. Was ist so gefährlich daran?

Gefährlich wird es, wenn der aufgeheizte Körper unerwartet ins kalte Wasser fällt. Ein Kälteschock kann die Folge sein. Hierbei verengen sich die Atemwege reflexartig, die Folge sind Atemnot und Panik. Die Kälte kann auch Muskelkrämpfe verursachen, die die Bewegungsfähigkeit einschränken und das Schwimmen erschweren.
Die Kombination aus körperlicher Anstrengung beim Wassersport und der plötzlichen Abkühlung kann zu schneller Erschöpfung führen. Deshalb ist es so wichtig, dass man beim Sport auf dem Wasser eine Rettungsweste trägt und die Wetterbedingungen berücksichtigt, um das Risiko eines Unfalls zu minimieren. Viele SUP-Fahrer treiben bei Wind und Strömung auch auf das Meer raus. Wir haben an der Küste unzählige erfahrene und trainierte SUP Fahrer bei ablandigem Wind retten müssen.

Wie erkennt man als Laie eine ertrinkende Person?

Das ist gar nicht so einfach, da es oft nicht den dramatischen Szenen entspricht, die in Filmen gezeigt werden. Hier sind einige Anzeichen, auf die man achten sollte: Ertrinkende Personen rufen selten laut um Hilfe, da sie mit dem Atmen und Überleben beschäftigt sind. Und sie versuchen über Wasser zu bleiben, halten sich dadurch oft vertikal im Wasser, rudern mit den Armen oder gehen immer wieder unter. Vom Spielen ist dies manchmal schwer zu unterscheiden.

Was mache ich, wenn ich Zeuge eines Ertrinkungsunfalls werde?

Es ist wichtig, schnell und überlegt zu handeln. Rufen Sie sofort den Notruf an oder lassen Sie jemand anderen in Ihrer Nähe den Notruf absetzen. Je schneller Hilfe kommt, desto besser. Wenn möglich, werfen Sie dem Ertrinkenden eine Rettungsboje oder einen Gegenstand zu, den er greifen kann, um sich über Wasser zu halten. Im Zweifelsfall sollte man immer einen erfahrenen Schwimmer oder Rettungsschwimmer um Unterstützung bitten. Um sich nicht selber in Gefahr zu bringen, ist es bei der Rettung wichtig, den direkten Körperkontakt zu vermeiden, da der Ertrinkende instinktiv versuchen könnte, sich an Ihnen festzuklammern. Wenn der Ertrinkende aus dem Wasser gerettet wurde, können lebensrettende Maßnahmen erforderlich sein. Falls die Person bewusstlos ist, aber atmet, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage, um die Atemwege freizuhalten. Falls sie bewusstlos ist und nicht normal atmet, führen Sie die Herz-Lungen-Wiederbelebung durch, bis professionelle Hilfe eintrifft. Wickeln Sie die Person in trockene Kleidungsstücke oder Decken ein, um sie warm zu halten, da Unterkühlung ein mögliches Risiko sein kann.Um gut auf den Ernstfall vorbereitet zu sein, bietet die DLRG Ortsgruppe Delmenhorst Erste-Hilfe Kurse und Rettungsschwimmkurse für Interessierte und zum Auffrischen an.

Zeigen ertrinkende Kinder andere Reaktionen als Erwachsene?

Ja, sie ermüden schneller, teilweise auch sehr plötzlich und haben möglicherweise nicht genug Kraft, um sich über Wasser zu halten. Kinder können unerwartet untergehen, ohne vorherige Anzeichen von Schwierigkeiten zu zeigen. Wenn ein Kind nicht gut schwimmen kann, kann dies zu einem schnelleren und gefährlicheren Ertrinkungsrisiko führen. Eltern dürfen die Schwimmfähigkeiten ihrer Kinder nicht überschätzen.

Kann man mit dem Seepferchen-Abzeichen bereits sicher schwimmen?

Nein. Das Seepferchen ist kein Schwimmabzeichen, sondern nur eine Zwischenstufe als Motivation um weiterzumachen. Deshalb ist es so wichtig, dass Eltern und Betreuer von Kindern in der Nähe von Gewässern besonders aufmerksam sind und die Kinder niemals unbeaufsichtigt lassen. Eine frühzeitige Schwimmausbildung und das Tragen von Schwimmhilfen können das Risiko von Ertrinkungsunfällen bei Kindern verringern, aber eine ständige Aufsicht bleibt unerlässlich.

Gibt es bestimmte Beschwerden mit denen man umgehend zum Arzt sollte?

Schwierigkeiten beim Atmen können auf mögliche Lungenverletzungen hinweisen. Anhaltender Husten oder Keuchen nach dem Badeunfall kann auf eine mögliche Atemwegsreizung oder -verengung hindeuten. Wenn das Kind desorientiert ist oder Verhaltensänderungen zeigt, könnte dies auf eine mögliche Hirnverletzung hindeuten. Falls das Kind Schmerzen hat oder Verletzungen erlitten hat, ist eine ärztliche Untersuchung wichtig, um mögliche Verletzungen auszuschließen oder zu behandeln. Anhaltendes Erbrechen oder Übelkeit kann auf eine mögliche Reaktion des Körpers auf den Badeunfall hinweisen. Wenn Wasser verschluckt beziehungsweise eingeatmet wurde, kann dies auch noch bis zu 24 Stunden später zum Ertrinken führen. Und zwar selbst dann, wenn vorher alles gut erschien und keine Wiederbelebung notwendig war. Ein Warnzeichen kann Husten sein. Wenn das Kind Wasser in die Lunge bekommen hat kann dies unter Umständen zu Folgeschäden führen, im schlimmsten Fall zum Tod. Daher ist nach jedem Ertrinkungsnotfall unbedingt immer ein Arzt aufzusuchen. Die rechtzeitige ärztliche Versorgung kann entscheidend sein, um das Wohlergehen des Kindes zu gewährleisten.

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