Meter für Meter befördert der Bohrturm auf einem Feld im Huder Ortsteil Altmoorhausen ein Wasser-Sand-Gemisch an die Oberfläche. Das 15 Meter hohe und 30 Tonnen schwere Bohrgerät ist das erste sicht- und hörbare Zeichen dafür, dass das Projekt Grundwassererkundung des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbands (OOWV) in Hude die zweite Projektphase erreicht hat.
Die Suche nach Trinkwasser
In Phase eins wurden mögliche Standorte für ein späteres Wasserwerk gesucht. Vielversprechende Zielgebiete für die Grundwassererkundung vermutet der OOWV jedoch nicht nur im Südwesten der Gemeinde Hude, sondern auch im südlichen Landkreis Cloppenburg, im westlichen Ostfriesland, im Landkreis Wittmund und im südlichen Ammerland. „Es wird im gesamten Verbandsgebiet gesucht“, erklärt Sonia Voigt, Presse-Referentin beim OOWV.Doch die seien gar nicht so einfach zu lokalisieren.
Die Bodenerkundungen sind notwendig, weil die Wasserrechte des OOWV bereits jetzt zu fast 90 Prozent ausgeschöpft sind und der Wasserbedarf in der Region seit Jahren kontinuierlich ansteigt“, verdeutlicht Voigt. Gründe dafür sind unter anderem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, aber auch zunehmende Hitze und Trockenheit infolge des Klimawandels.
Im Kampf gegen den Wassermangel
Wichtig sei deshalb ein verantwortungsvoller Umgang mit Trinkwasser. Wie der Wasserverband betont, haben sowohl das Wassersparen als auch Alternativen zur Grundwasserförderung einen hohen Stellenwert. Bei der Lösungssuche werden alle Ressourcen in Betracht gezogen, wie zum Beispiel die Nutzung von Klarwasser aus Kläranlagen, von Regen- und Oberflächenwasser – vor allem für industrielle Zwecke. Die Experten sind jedoch davon überzeugt, dass diese Maßnahmen und Lösungsansätze alleine nicht ausreichen werden, den steigenden Wasserbedarf zu decken. Hier kommt die Suche zur Grundwasserförderung ins Spiel.
Die bestehenden 15 Wasserwerke im Verbandsgebiet fördern jährlich knapp 100 Millionen Kubikmeter.
In Altmoorhausen wird das Bohrgut aus bis zu 150 Metern Tiefe etappenweise an die Oberfläche befördert und in einzelnen Proben gesammelt. Was für den Laien wie mehr oder weniger feuchter Sand beziehungsweiser klumpiger Ton aussieht, gibt den Geologen Aufschluss über die Beschaffenheit des Untergrunds in der entsprechenden Tiefe.
Drei Monate Bohrzeit
„So lassen sich Schichtgrenzen feststellen und gröbere und feinere, organische und mineralische Ablagerungen unterscheiden“, erklärt Konstantin Scheihing, OOWV-Projektleiter für den Bereich Grundwassererkundung. Denn neben der Wasserqualität ist auch die Untergrundbeschaffenheit wichtig, um zu ermitteln, wie gut der Schichtaufbau des Bodens das Grundwasser schützt und wo sich mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt Grundwasser fördern lässt. „Je größer die hydraulische Durchlässigkeit, desto einfacher ist es, an dieser Stelle Grundwasser zu entnehmen“, erklärt Jürgen Sander, Fachplaner für Brunnenbau beim OOWV.
Geologisch gesehen bietet der Nordwesten Niedersachsens gute Bedingungen für die Trinkwassergewinnung aus Grundwasser. Im Laufe der letzten 2,6 Millionen Jahre und der letzten Eiszeit haben Gletscherbewegungen zum Teil tiefe Rinnenstrukturen im Untergrund hinterlassen, über denen sich mächtige Sand- und Kiesschüttungen abgelagert haben. Diese bilden heute gute Grundwasserleiter. Für eine nachhaltige Bewirtschaftung hat der OOWV auch die Grundwasserneubildung im Blick.
Rund drei Monate werden die Arbeiten an den insgesamt fünf Huder Bohrstellen in Altmoorhausen, Hemmelsberg, Hurrel und Lintel dauern. An jedem Bohrpunkt werden anschließend Grundwassermessstellen installiert, die fortlaufend Daten für das lokale Grundwassermonitoring sammeln. „Bis zur Entscheidung für einen Standort eines Wasserwerks ist es noch ein langer Weg. In der Regel dauert es zehn Jahre bis neue Wasserrechte vergeben werden“, bittet Sander um Geduld.
OGER erkundet Hude
An den fünf Huder Bohrstellen arbeitet der OOWV mit dem Leibniz Institut für angewandte Geophysik (LIAG) zusammen. Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts OGER (Optimierte Grundwassererkundung) führen die Wissenschaftler dort geoelektrische und seismische Messungen durch.
„Hierfür werden in Meterabständen Elektroden in den Boden gesteckt und Strom eingespeist, um Rückschlüsse über den geologischen Aufbau des Untergrunds zu gewinnen“, erläutert Konstantin Scheihing, OOWV-Projektleiter für den Bereich Grundwassererkundung.
„Es ist eine Win-Win-Situation“, sagt Jürgen Sander, Fachplaner für Brunnenbau beim OOWV. Der Wasserverband erfährt für ein größeres Gebiet rund um die Bohrpunkte, wie die Sedimentschichten verlaufen. Das erlaubt etwa Einschätzungen darüber, wo Sand- und wo Tonschichten liegen und wie mächtig diese jeweils sind. Umgekehrt ist das LIAG an angewandter Forschung interessiert, mit dem Ziel hydrogeologische Modelle zu erstellen, ohne eigene Bohrungen durchführen zu müssen. Gefördert wird das Projekt durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Die Forschungsergebnisse geben im Idealfall Aufschluss darüber, wo in der folgenden dritten Erkundungsphase Pumpversuche unternommen werden, um mögliche Brunnenstandorte einzugrenzen.
Verläuft diese Phase erfolgreich, liegen danach alle notwendigen Daten vor, um ein formales Wasserrechtsverfahren in Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde zu starten, die im Baudezernat des Landkreises Oldenburg angesiedelt ist.