Die Chemie stimmt bei Schauspieler Peter Lüchinger und Bestseller-Autor Martin Walker, im Interview und bei der gemeinsamen Lesung. Foto: Konczak
Interview

Périgord meets Shakespeare

Von
Im Gespräch: Buchautor Martin Walker und Schauspieler Peter Lüchinger

Rund 100 Personen besuchten am vergangenen Donnerstag das diesjährige Finale von „Crime with Wine“, einer gemeinsamen Krimi-Lesereihe von Stadtbücherei und Volkshochschule Delmenhorst. Der besonders große Zulauf lag mit Sicherheit an den beiden prominenten Gästen, die für einen Besuch in der Bücherei gewonnen werden konnten: Bestseller-Autor Martin Walker und Peter Lüchinger, Schauspieler der Bremer Shakespeare Company.

Beide lasen – Walker auf Englisch und Lüchinger auf Deutsch – Ausschnitte aus dem inzwischen 15. Fall der Bruno-Reihe „Troubadour“ sowie dem neuen Werk „Bruno, Chef de cuisine und andere Geschichten aus dem Périgord“.

Der Abend war ein Genuss für Ohr, Auge und Gaumen gleichermaßen. Beide Männer verzauberten ihre Zuhörerschaft mit wohlklingenden Stimmen, einer lebendigen Vortragsweise, raumgreifenden Gesten und einer lebendigen Mimik. Die Chemie zwischen den Vortragenden stimmte von Anfang an und das, obwohl Lüchinger die Roman-Reihe und deren Urheber bislang nicht einmal kannte.

Besondere Geschenke waren für die Fans jene Momente, in denen Walker aus seinem spannenden Leben erzählte und über Land und Leute im französischen Périgord schwärmte. Als „Bruder im Geiste“ empfand Walker – ein Genussmensch – Christian Asseburg von Jacques’ Weindepot, der die passenden Weine mitbrachte. Einen prall gefüllten Büchertisch hatte die Buchhändlerin Sabine Jünemann bestückt.

Das Walker nicht nur lebendig schreiben und erzählen, sondern auch singen kann, bewies er zum Ende des Abends, als er einen Chanson von Jacques Brel anstimmte. Den Anwesenden wird die Veranstaltung sicher noch lange im Gedächtnis bleiben. Sie machte Lust auf Bücher, Kochen, Geselligkeit und eine Reise in das Périgord.

Plausch mit Peter Lüchinger (links) und Martin Walker.                           Foto: Konczak

Wir trafen Martin Walker und  Peter Lüchinger vorab zum Gespräch.

Herr Walker, Sie sind schottischer Historiker, politischer Journalist und Schriftsteller. Wie landeten Sie im Périgord?

Martin Walker: Meine Frau Julia und ich sind beruflich viel gereist. Ich war für den Guardian als Journalist auf der ganzen Welt unterwegs, meine Frau arbeitete als Moskau-Korrespondentin und anschließend Food- und Style-Journalistin. Freunde von uns hatten ein Haus im Südwesten Frankreichs, im Périgord. Sie haben wir jedes Jahr für zwei Wochen besucht. Aufgrund unser zwei Töchter wollten wir eine Heimat, ein Zuhause finden. Ich befand mich gerade im Vorraum des Weißen Hauses in Washington und bereitete mich auf ein Interview mit Hillary Clinton vor, da rief mich Julia an und verkündete: ‚Ich habe unser Haus gefunden.‘ Und sie hatte Recht. Es war unser Traumhaus.

Wie kam die Romanfigur Bruno ins Spiel?

Martin Walker: Die Menschen im Périgord sind sehr herzlich. Ich meldete mich im Tennis-Club an und lernte dort den Dorfpolizisten kennen, der Kindern das Tennisspielen beibrachte. Er ist auch Jäger und diente als Vorlage für Bruno. Ich bin kein literarischer Schriftsteller, sondern Journalist. Ich beschreibe was ich sehe. Ich liebe es neue Menschen kennenzulernen und bin sehr wissbegierig. Für mich ist das Leben im Périgord sehr wichtig: Die Landschaft, die prähistorische und mittelalterliche Geschichte, die Kultur, Musik und Sprache. Und natürlich das gute Essen und der Wein. Deshalb lese ich auch viel über die Geschichte der Region.

In Ihren Kriminalromanen spielen auch Archäologie und historische Fundorte eine Rolle.

Martin Walker: Das Périgord ist älter als Frankreich. Man läuft los und stößt nach kurzer Zeit auf prähistorische Stätten. Es gibt hier diese Höhlen, am bekanntesten sind die von Lasceaux, mit wunderschönen Malereien, sie sind 20.000 Jahre alt. In einer Höhle sah ich neben Abbildungen von Tiergestalten den Abdruck von Kinderhänden an den Felswänden. Das inspirierte mich zu dem Roman „Schatten an der Wand“.

Gerade ist auf Deutsch der 15. Kriminalroman mit Bruno, Chef de Police erschienen. Im Deutschsprachigen Raum haben Sie ein Millionenpublikum.

Martin Walker: Ja, das stimmt. Ich gebe in Deutschland jedes Jahr mehrere 100 Lesungen. Die Deutschen wollen nicht einfach nur ein Buch lesen; sie wollen den Autoren kennenlernen, ihm zuhören, ihn sehen und riechen (lacht). Mein erstes Bruno-Kochbuch wurde sogar zuerst auf Deutsch übersetzt. In Englisch kommt es jetzt erst heraus. Dann gehe ich gemeinsam mit meiner Frau Julia auf Lesereise.

Wie viel Bruno steckt in Martin Walker?

Martin Walker: Wir hatten immer Bassets, haben zum Einzug in unser Haus im Périgord einen Hahn und vier Hühner geschenkt bekommen und – wie in den Büchern beschrieben – isst man dort selten alleine. Ich habe jedes der in den Romanen genannten Rezepte selber gekocht. Unter Anleitung meiner Frau. Sie ist darin viel besser. Sie ist Gastrokritikerin und Schriftstellerin. Die Menschen im Périgord lieben Bruderschaften für die Spezialität der Region, wie zum Beispiel eine Wein- und eine Trüffelgilde. Und jede Bruderschaft hat ihre eigenen Kostüme. Auch ich bin Mitglied in mehreren Organisationen.

Sie sprechen neben englisch und französisch auch russisch und deutsch. Warum lassen Sie sich bei Ihren Lesungen in Deutschland von Schauspielern begleiten?

Martin Walker: Ich schreibe seit mehr als 15 Jahren die Bruno-Bücher. Damals war mein Deutsch noch sehr bescheiden. Mittlerweile ist es besser geworden. Ich lerne eine neue Sprache vor allem durch Lieder. Mein Deutsch verdanke ich Kurt Weil und Berthold Brecht. „Und der Haifisch, der hat Zähne…“ Trotzdem lese ich bei Lesungen vor Publikum lieber auf Englisch und überlasse den Schauspielern das Deutsche.

Peter Lüchinger, Sie sind seit 1989 Ensemblemitglied und seit 1994 Teil des Vorstands der Bremer Shakespeare Company. Was lernt man leichter, zeitgenössische Texte oder Texte von Shakespeare?

Peter Lüchinger: Ganz klar Shakespeare. Das Hirn will diese Sprache aufsaugen.

In Bremen haben Sie in den vergangenen 34 Jahren große Shakespeare-Rollen gespielt. Warum ist Anfang Dezember 2023 Schluss damit?

Peter Lüchinger: Ich bleibe auch danach Bremen erhalten. Wir haben bei der Shakespeare Company jedoch die Regel, dass man das Ensemble verlässt, sobald man ins Rentenalter eintritt. Das ist bei mir der Fall. Aber ich kann danach tun was ich will. Auch auf der Bühne spielen. Aktuell spiele ich die Hauptfigur in Yasmina Rezas „Anne-Marie die Schönheit“. Und auch in weiteren Shakespeare-Stücken werde ich weiterhin zu sehen sein.

Seit 2017 kennen die Bremer und Bremerinnen Sie auch als Schneider bei der Bremer Eiswette. Wie lange geben Sie noch den Schneider?

Peter Lüchinger: Solange ich nicht vom Deich rolle (lacht)

Herr Lüchinger, kannten Sie vor der gemeinsamen Lesung die Romane von Martin Walker?

Peter Lüchinger: Nein (lacht) Ich kannte weder den Autor noch die Bücher. Für die Lesung in Delmenhorst habe ich mich selbstverständlich mit beidem beschäftigt. Und ich muss sagen, ich habe Lust bekommen in den Südwesten Frankreichs zu reisen und mir die beschriebenen Orte real anzusehen.

 

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