Harm Wienbergen ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie und leitet das Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung.Foto: Wienbergen
Kampagne

„Der größte Fehler ist nichts tun“

Von
Prof. Harm Wienbergen von der Stiftung Bremer Herzen spricht über den plötzlichen Herztod.

Weser Report: Nächste Woche startet die Kampagne „Herzkrank – schütz dich vor Herzstillstand“. Worum geht es da?

Wienbergen: Diese Kampagne ist dazu gedacht, um auf das Thema „Plötzlicher Herztod“ aufmerksam zu machen. Das passiert häufiger als man denkt. 65.000 plötzliche Herztote gibt es in Deutschland pro Jahr. Und deswegen ist es für uns wichtig, darauf aufmerksam zu machen.

Was ist denn überhaupt ein plötzlicher Herztod?

Die Ursachen sind in der Regel bösartige Herzrhythmusstörungen, vor allem das sogenannte Kammerflimmern. Das bedeutet, der Herzmuskel zuckt nur noch unkoordiniert und das Herz kann nicht mehr effektiv schlagen. Bei der Asystolie schlägt das Herz gar nicht mehr. Diese beiden Störungen können zum plötzlichen Herztod führen.

Wie kann es überhaupt zu solchen Störungen kommen?

Es gibt Grunderkrankungen, die das bewirken können. Die Häufigste ist die Durchblutungsstörung im Herzen, die sogenannte koronare Herzkrankheit. Wenn die Herzkranzgefäße sich verengen oder sich ganz verschließen, dann kann das zu bösartigen Herzrhythmusstörungen führen. Die Maximalform ist der Herzinfarkt. Es gibt aber auch noch seltenere Ursachen, wie Entzündungen im Herzen, zum Beispiel wenn man einen grippalen Effekt hatte und sich zu schnell wieder belastet. Angeborene Herzkrankheiten sind selten weitere Ursachen des plötzlichen Herztodes. Am häufigsten ist aber die koronare Herzkrankheit und da ist die gute Nachricht, dass man dort vorbeugen kann.

Wie genau kann man da vorbeugen?

Die Durchblutungsstörungen kommen durch Risikofaktoren: Rauchen, Übergewicht, hohes Cholesterin. Und da muss man eigentlich möglichst früh eingreifen. Am besten beginnt man schon im Kindesalter damit zu vermitteln, warum es wichtig ist, nicht zu rauchen, ein gesundes Gewicht zu haben oder Cholesterin oder Blutdruck zu messen.
Letztendlich ist Vorbeugung essenziell, damit es nicht zu den Durchblutungsstörungen im Herzen und so zu plötzlichem Herztod kommen kann. Deswegen ist es auch wichtig, in Schulen zu gehen und das zu propagieren. Deutschland ist relativ schlecht bei Präventionsmaßnahmen im europäischen Vergleich.

Und wie sollte man reagieren, wenn jemand bewusstlos wird?

Hier ist eine schnelle Reaktion wichtig. Wenn der Kreislauf zusammengebrochen und wirklich Kammerflimmern aufgetreten ist, muss schnell etwas unternommen werden. Das Gehirn übersteht ungefähr drei bis fünf Minuten relativ unbeschadet, wenn es nicht durchblutet wird. Ab dann kommt es zu bleibenden Schäden, Pflegefall und Tod. Dieser Zeitraum muss also überbrückt werden. In der Regel ist der Rettungsdienst nicht so schnell vor Ort. Deswegen muss der Laie aktiv werden.
Da sind die Schlagwörter „prüfen, rufen, drücken“ wichtig: Also erst prüft man, was los ist, spricht die Person an. Bei keiner Reaktion den Notruf wählen und dann unverzüglich mit einer Herzdruckmassage beginnen. Die Beatmung, die viele noch kennen, braucht man mittlerweile für Laien nicht mehr, weil das oft auch eine gewisse Hürde ist, überhaupt zu beginnen. Unerlässlich ist, die Herzdruckmassage kräftig durchzuführen, bis der Rettungsdienst da ist ohne Pause, damit das Blut wieder zirkuliert und es nicht zu bleibenden Schäden kommt.
Fatal ist es, wenn die Leute nur drumherum stehen und zugucken. Da wollen wir die Scheu nehmen. Der größte Fehler, den man machen kann, ist gar nichts zu tun.

Veranstaltungen zur Kampagne

Die Stiftung Bremer Herzen informiert am 14. November um 16 Uhr zu diesem Thema in einem Präsensseminar in der Fortbildungsakademie am Klinikum Links der Weser, SenatorWeßling-Straße 1a. Es gibt Vorträge durch Experten für Elektrophysiologie und für Innere Medizin. Um 17.45 Uhr folgt ein Reanimationstraining. Anmeldung zu Seminar und Reanimationstraining unter bremerherzen.de/anmeldung-patientenseminar
Am 15. November wird die Stiftung Bremer Herzen von 9.30 bis 14 Uhr eine Reanimationsschulung im Foyer der Bremischen Bürgerschaft durchführen. Dort werden Abgeordnete, Mitarbeitende und interessierte Passanten in der Herzdruckmassage geschult und ausgebildet.

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