Gebannt lauschen die Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Eltern auf das Ergebnis bezüglich der Schulentwicklungsplanung bei der Ratssitzung. Foto: Konrad
Schulentwicklung

Die Vielfalt der Schulformen

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Ratsmitglieder stimmen für den Fortbestand der Haupt- und Realschulen in Delmenhorst

Volles Haus in der com.media am vergangenen Donnerstag bei der Ratssitzung. Die verschiedenen Schulen der Delmenhorst Schullandschaft haben sich versammelt und kämpfen mit Erfolg für den Erhalt aller Schulform. Die Ratsmitglieder stimmten mit 21 zu 20 Gegenstimmen für den Erhalt der Haupt- und Realschulen.

Zum Kontext: In Delmenhorst wird seit Jahren über die Schulentwicklungsplanung diskutiert. Im Dezember 2021 wurde das Institut Dr. Garbe, Lexis & von Berlepsch PartG mit der Durchführung einer Schulentwicklungsplanung für den Sekundarbereich beauftragt. Dieser kann hier eingesehen werden.

Auflösung der Haupt- und Realschulen

„Im Gutachten stellt das beauftragte Institut, wofür die Stadt 80.000 Euro ausgegeben hat, fest, dass die Variante 3 präferiert werden sollte“, fasst Isabel D‘Ambrosio (Die Linke) das Ergebnis zusammen. In dieser Variante würden die Schulformen reduziert und eine bessere Steuerung der Schülerströme ermöglicht werden. Dafür würden die Haupt- und Realschulen aufgelöst und neue Oberschulen (OBS) gegründet werden. Diese fasst die beiden Schulformen (Haupt- und Realschule) unter einem Dach zusammen, sodass die Schülerinnen und Schüler (SuS) je nach Fähigkeiten innerhalb der Schule wechseln können. Am Standort des Schulzentrums West, an der Lilienstraße und an einem weiterem Standort würden OBS neu gegründet werden. Die Züge der Schulen werden erhöht, sodass man dem Anstieg der Schüleranmeldungen gerecht werden kann.

„Mit der Umwandlung der Haupt- und Realschule in eine weitere OBS homogenisiert sich die Schullandschaft in Delmenhorst, sodass die zu erwartenden SuS-Ströme leichter zu lenken sind“, heißt es in dem Gutachten. Zusätzlich zu der Umwandlung würde ein drittes Gymnasium in einem Mobilbau errichtet werden, während parallel der langfristige Festbau gebaut wird.

Kindern die Schulform bieten, die sie brauchen

Diese Einschätzung berücksichtigt nicht den Elternwillen, der Variante 1 präferiert. Hierbei würde der Status Quo erhalten bleiben. Eine dritte Realschule mit drei bis vier Zügen würde am Standort Wilhelm-von-der-Heyde eingerichtet werden, während die OBS auf zwei bis drei Züge begrenzt wird. „Wir haben viel debattiert und es soll endlich zu Ende gebracht werden. Die Haupt- und Realschulen müssen erhalten bleiben und der Elternwille muss berücksichtigt werden“, plädiert Murat Kalmis (FDP) für diese Variante. Gleichzeitig fordert er eine geheime Abstimmung, da die Diskussion bereits zu starken Unruhen und Auseinandersetzungen geführt habe.

„Die CDU hat bereits vor fünf Jahren für den Erhalt gestimmt und dabei wird es bleiben. Durch die Vielfalt in unserer Stadt sind wir gut aufgestellt und können unseren Kinder die Schulform bieten, die sie brauchen“, stimmt Frauke Wöhler (CDU) der Variante 1 zu.

Emotionale Reden der Schülerinnen und Schülern

Hierfür setzen sich auch die SuS der Realschule Lilienstraße besonders ein. Einheitlich gekleidet mit einem grünen T-Shirt, symbolisieren sie den starken Zusammenhalt in ihrer gewählten Schulform. Einige SuS berichteten zu Beginn der Ratssitzung über ihre individuellen Erfahrungen. „Ich habe mich bewusst mit meinen Eltern für die Realschule Lilienstraße entschieden, weil mir mein freier Nachmittag wichtig ist und ich nicht in eine Ganztagsschule will“, so ein Schüler. Ein anderer berichtete über den enormen Zusammenhalt der Schüler- und Lehrerschaft, der durch eine Schließung verloren gehen würde. Dieser Einschätzung pflichtet eine weitere Schülerin bei und auch eine Lehrkraft plädiert dafür, dass diese Harmonie nicht zerstört wird.

„Delmenhorst brüstet sich mit der Vielfalt in allen Lebenslagen, wieso sollen jetzt gerade Abstriche in der Schullandschaft gemacht werden? Gerade damit wird Kindern die bestmögliche Bildung ermöglicht“, so der stellvertretende Elternvertreter an der Realschule Lilienstraße Martin Mertens.

„Mit der Diskussion wurden die unterschiedlichen Schulformen gegeneinander aufgebracht, obwohl es darum nicht gehen sollte. Der Schulfrieden untereinander wurde durch das Einbringen der Variante 3 gestört“, erklärt Jens Volbert, Lehrer an der Realschule Lilienstraße. Dagegen argumentiert ein Lehrer der OBS. Er sieht ein Problem in der Variante 1, da hierin zu wenig Hauptschulplätze zur Verfügung stehen und ein Mobilbau keine geeignete Lernatmosphäre sowie weder eine Mensa, noch Schulhof, noch Sporthalle vorweist.

Das Ergebnis der geheimen Abstimmung

„Wir stehen insgesamt als Stadtrat vor einer wichtigen Entscheidung und Weichenstellung für die Schulentwicklungsplanung. Es ist unabdingbar, dass heute eine Entscheidung getroffen wird, damit mit der Planung begonnen werden kann. Es steht außer Frage, dass an allen Schulen hervorragende Arbeit geleistet wird, deswegen gibt es heute auch keine richtige oder falsche Entscheidung“, beendete Oberbürgermeisterin Petra Gerlach den Austausch. Für sie zählt der Elternwille, deswegen wird die Variante 1 bevorzugt.

Am Ende der Debatte fand die geheime Abstimmung statt. Die Variante 1 gewann mit 21 zu 20 Gegenstimmen. Drei weitere Stimmen waren Enthaltungen.

Definition Oberschule

Laut dem Niedersächsischen Kultusministerium umfasst eine Oberschule (OBS) als Schule des Sekundarbereichs I die Schuljahrgänge 5 bis 10. Sie kann entweder mit oder ohne gymnasiales Angebot geführt werden. Eine Oberschule kann nach § 23 Abs. 1 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) als offene, teilgebundene oder voll gebundene Ganztagsschule geführt werden. Es ist das Ziel der OBS, den Schülerinnen und Schülern (SuS) eine grundlegende, erweiterte oder vertiefte Allgemeinbildung zu vermitteln und ihnen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Neigungen eine individuelle Schwerpunktbildung zu ermöglichen. Die OBS stärkt Grundfertigkeiten, selbstständiges Lernen und fördert soziales Lernen im Unterricht sowie durch ein gemeinsames Schulleben. An der OBS sollen die SuS die Qualifikationen erwerben, mit denen sie ihren Bildungsweg berufs-, aber auch studienbezogen fortsetzen können. Die OBS bietet im 9. und 10. Schuljahrgang einen berufspraktischen Schwerpunkt mit Maßnahmen zur Berufsorientierung und Berufsbildung sowie im gymnasialen Angebot eine Vorbereitung auf den Besuch der gymnasialen Oberstufe an.

(Quelle: Oberschule | Nds. Kultusministerium (niedersachsen.de))

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