Katharina Hanstein-Moldenhauer engagiert sich in der Initiative „Nie Wieder – Erinnern für die Zukunft – Gemeinsam gegen Rechts“. Foto: Klüh
Gedenken

Gedenktag zur Pogromnacht

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Erinnerungen und Aktuelles in Worpswede / Ankündigungen wurden abgerissen

Die Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht auf dem Rosa-Abraham-Platz in Worpswede war mit über 100 Teilnehmern sehr gut besucht. Und das, obwohl Unbekannte im Vorfeld rund 60 in der Gemeinde angebrachte Einladungsflyer kurz nach dem mühsamen anbringen, wieder entfernt hatten. Der 9. November ist in Deutschland mittlerweile ein fester Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus. Barbara Gottwald moderierte den Abend. Redner auf dieser Veranstaltung waren der Worpsweder Pastor Jörn Contag, der ehemalige Arzt Harro Jenss, Katharina Hanstein-Moldenhauer und schließlich Ian Bild. Gesammelt wurden an diesem Abend auch Spenden für AMCHA Deutschland. Die Gelder sollen die medizinische Versorgung von Shoa-Überlebenden aus der Ukraine unterstützen.

Der Bogen der Redebeiträge war breit gespannt. Neben der Erinnerung im Vortrag von Pastor Contag über die gräulichen Verbrechen an das Ehepaar Goldberg aus Bremen-Burgdamm durch die SA im November 1938, fasste Harro Jenss noch einmal die Ereignisse nach dem 9. November zusammen, als öffentlich sichtbar die systematische Verfolgung und Vertreibung der Jüdinnen und Juden begann und in einem millionenfachen Morden endete. Zu Beginn seiner Ansprache ging der ehemalige Internist auch auf die aktuelle Weltlage ein: „Mir geht es so, dass ich zunehmend hilflos und ratlos bin. Wenn ich jetzt den Antisemitismus, der weltweit sichtbar wird, wahrnehme, dann wird mir Angst und Bange.“ Katharina Hanstein-Moldenhauer, Mitglied der Initiative „Nie Wieder – Erinnern für die Zukunft – Gemeinsam gegen Rechts“, war ebenso besorgt über das Erstarken rechter Meinungen und befürchtet, dass sich die damaligen politischen Verhältnisse wiederholen könnten. Mut mache ihr aber die große Anzahl von Bündnissen, Projekten und Initiativen in Worpswede, die über die rechte Szene aufklären und dagegen vorgehen. Der Emotionale Abschluss des Abends war dem Antiquariat Ian Bild vorbehalten. In einer sehr persönlich gehaltenen Rede sprach er über das Leben seiner in Israel beheimateten Familie und seinen in diesem Jahr dort verstorbenen Vater. „Mein Vater wäre über den mörderischen Angriff der Hamas am 7. Oktober dieses Jahres entsetzt gewesen, aber auch über die schockierenden Zustände in Gaza.“ Emotional wurde es, als Ian Bild in Gedenken an Rosa Abraham und andere Verstorbene das traditionelle Kaddisch verlas, eines der wichtigsten Gebete im Judentum. Nach seinen letzten Worten herrschte tiefe Stille über dem mit Kerzen beleuchteten Platz.

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