Bezüglich des Bebauungsplans für die Nienburger Straße und den Reinersweg hat der Rat der Stadt Delmenhorst der Stadtverwaltung nochmals mehr Zeit gewährt. Grund für die erneute Verzögerung ist eine Eingabe zum Naturschutz, dem die Stadtverwaltung zuerst nachgehen muss. „Auf die Neuansiedlung des Möbeldiscounters Poco auf dem Gelände des früheren Max Bahr-Baumarktes hat dies jedoch keinen Einfluss, da dieses Vorhaben nicht den Zielen des Delmenhorster Einzelhandelskonzeptes widerspricht“, verkündete die Stadtplanerin Elke Tewes-Meyerholz am vergangenen Dienstag in der Sitzung des Fachausschuss für Bauen, Planen und Verkehr.
Regionales Zentren- und Einzelhandelskonzept
Claus Hübscher (FDP) kritisierte die Verzögerung als Stillstand, der auf potentielle Investoren abschreckend wirkt. „Das gefährdet unseren Ruf als Wirtschaftsstandort“. Das wollte die Stadtbaurätin Bianca Urban so nicht stehen lassen und entgegnete: „Wir bekommen von Wirtschaftsverbänden Lob für unser Einzelhandelskonzept.“
Apropos Einzelhandelskonzept: Anders als die Stadt Delmenhorst, erkennt die Gemeinde Stuhr das Regionale Zentren- und Einzelhandelskonzept der Region Bremen nicht an. Hierbei handelt es sich um eine Strategie zur vorrangigen Stärkung der Innenstädte und Ortskerne und eine regionale Abstimmung von Einzelhandelsgroßprojekten.
Mittlerweile seit 2017 wehrt sich Delmenhorst gegen die Ansiedlung eines neuen Decathlon-Markts im Gewerbegebiet Brinkum-Nord. Nur: Die Beschwerden und Bedenken der Delmenhorster mit Verweis auf ein innenstadtrelevantes Angebot des französischen Herstellers und Händlers von Sportgeräten und Bekleidung beeindruckten und beeinflussten die Stuhrer bei ihrer Entscheidung nicht weiter. Vor rund einem Jahr eröffnete Decathlon seinen Markt.
Verstoß gegen Vorgaben des Landes
Die Delmenhorster ließen sich jedoch von den vollendeten Tatsachen nicht entmutigen und zogen vors Gericht. Mittlerweile hat das zuständige Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg den Bebauungsplan „Brinkum Nord Sportfachmarkt“ für unwirksam erklärt. Das OVG war der Ansicht, dass der Bebauungsplan eine Vorgabe des Raumordnungsprogramms des Landes Niedersachsen missachtet: Demnach dürfen zentrenrelevante Sortimente (wie im Fall von Decathlon die Sportbekleidung) nicht an außerhalb gelegenen Standorten, in diesem Fall also im Gewerbegebiet Brinkum-Nord, angesiedelt werden. Damit der Markt dort trotzdem angesiedelt werden durfte, schloss Stuhr Sportbekleidung kurzerhand als zentrenrelevant aus. „Wenn dieses Verhalten Schule macht, kann jedes Dorf, das einen Dorfkrug und eine Kirche hat, vorgeben sein Zentrum zu schützen, um auf der grünen Wiese ein Einkaufszentrum anzusiedeln. Das verstößt gegen Vorgaben des Landes Niedersachsen“, ist die Delmenhorster Stadtplanerin Tewes-Meyerholz überzeugt. Stuhr hätte bei seinen Bauplänen den Schutz innenstadtrelevanter Sortimente über sein Gemeindegebiet hinaus berücksichtigen müssen.
Zusätzlich zum Bauplan für einen „Sportfachmarkt“ (Decathlon) sind in dem Gewerbegebiet wohl auch weitere B-Pläne fehlerhaft. Hierbei geht es um „einen Teppichmarkt“ (Kibeck) und „einen Baumarkt mit Gartencenter“ (Toom). In Stuhr will man nun alle Baupläne aufheben und neu planen. Übergangsweise gilt der B-Plan für Gewerbe aus dem Jahr 1978.
In Delmenhorst wird man die Entwicklung weiter aufmerksam verfolgen. Tewes-Meyerholz: „Es ist uns schleierhaft, wie Stuhr das Problem lösen will.“ Einen Abriss des rund 3.600 Quadratmetern großen Sportfachmarktes leht die Gemeine kategorisch ab.