Inmitten einer Teichlandschaft befindet sich eines der abgeschalteten Pumpenhäusern. Fachleute sollen die Pumpenelektrik vor Wassereinlauf schützen, damit die Pumpen wieder angeschaltet werden können. Foto: Martina I. Meyer
Hochwasser

Graftanlagen: Zustand von 1900

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Ratspolitik fordert von Stadtverwaltung und SWD Tempo bei der Entwässerung

Aufgrund der Wetterlage haben die Stadtwerke Delmenhorst (SWD) zwei der insgesamt drei Brunnen in der Graft außer Betrieb genommen. Bei den Stromanschlüssen dieser Brunnen besteht laut SWD die Gefahr, dass es aufgrund des ansteigenden Wassers zu Kurzschlüssen kommt. Das war am 24. Dezember 2023. Seitdem werden anstatt 200 nur noch rund 70 Kubikmeter Grundwasser die Stunde in der Graft abgepumpt.

Unverständnis von allen Seiten

Verstärkt durch die weiterhin hohen Niederschläge sind die Graftanlagen mittlerweile nicht nur von dem hohen Grundwasserspiegel, sondern auch von großflächigem Oberflächenwasser betroffen. Verschiedene Fraktionen sprachen diesen Umstand, die Sorgen der Bevölkerung und das eigene Unverständnis bezüglich der Situation in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Gewässerschutz am vergangenen Dienstag an. Gemeinsamer Tenor: Die SWD sei für die Entwässerung des Stadtparks zuständig, käme ihrer Verantwortung aber nicht nach – trotz gültigem Ratsbeschluss von 2011. Claus Hübscher (FDP) monierte: „Es kann nicht sein, dass die Pumpen so lange nur eingeschränkt in Betrieb sind.“ Detlef Roß (SPD) sowie Joachim Bäcker und Michael Adam (beide CDU) wollten wissen, warum die Stadtverwaltung auf ihre Tochter (SWD) nicht mehr Druck ausübt, die Pumpen wieder anzustellen beziehungsweise kurzfristig eine Lösung für die Probleme mit der Elektrik zu suchen. Bäcker mahnte mit Blick auf die Jahreszeit zur Eile: „Wenn bald die Vegetationsperiode beginnt und das Wasser immer noch nicht weg ist, beginnt das große Baumsterben“.

Maximilian Donaubauer, Leiter des städtischen Fachbereichs Planen, Bauen, Umweltschutz, Landwirtschaft und Verkehr, sieht allerdings ein Problem darin, dass der Ratsbeschluss von 2011 zwar festgelegt habe, wie viel Wasser aus der Graft entnommen werden dürfe, aber keine Vorgaben zur Betriebssicherheit. „Der aktuelle Zustand der Graft entspricht dem natürlichen Zustand des Jahres 1900,“ so Donaubauer.

Pumpenelektrik als zentrales Problem

Die Kritik aus der Politik scheint angekommen zu sein: Auf Einladung von Oberbürgermeisterin Petra Gerlach trafen sich am Donnerstag Vertreter der Fachverwaltung, der SWD sowie politische Vertreter, die die Situation in den Graftanlagen schon länger fachlich begleiten, im Rathaus. Besprochen wurden konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Pumpenelektrik vor Wassereinlauf sowie die dafür notwendigen weiteren Schritte. „Aktuell prüfen Fachleute die Möglichkeit, die vom Hochwasser betroffenen Pumpenhäuser hochzulegen. Das ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche und sichere Reparatur beziehungsweise Umrüstung der elektrischen Betriebsanschlüsse seitens der SWD“, teilte Donaubauer auf Nachfrage mit. Vereinbart wurde auch eine engmaschige weitere Begleitung durch alle Beteiligten mit dem Ziel, die Lage vor Ort entschärfen zu können.

„Wir wollen gemeinsam erreichen, dass die Pumpen trotz des stehenden Wassers in der Graft wieder ihre Leistung abgeben können“, sagt Gerlach. „Es herrscht Einvernehmen über die schnellstmögliche Wiederinbetriebnahme der Pumpen, um stündlich 200 Kubikmeter Grundwasser zu fördern“, so Donaubauer.

Neue Entwässerungsgräben?

Apropos Hochwasser: Hübscher erinnerte im Ausschuss an den Ratsbeschluss zur Lokalisierung und Katalogisierung der vorhandenen Entwässerungsgräben im Delmenhorster Stadtgebiet. Gräben, die verlandet beziehungsweise zugewachsen seien oder ihre Verbindung zum Regenwasserkanal beziehungsweise Vorfluter anderweitig verloren hätten, müssten wieder geöffnet werden. Auf Hübschers Nachfrage verwies der Vertreter des zuständigen städtischen Fachausschusses auf die teils schwierige Suche nach historischen Unterlagen zu den Gräben.

Zur nächsten Sitzung des öffentlich tagenden Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Gewässerschutz am 9. April soll der Geschäftsführer des Ochtumverbandes eingeladen werden. Mit ihm kann sich die Politik über eine Verbesserung des Hochwasserschutzes in Delmenhorst austauschen.

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