Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation, Kristina Vogt, wurde 1965 in Münster geboren. Seit 2019 ist sie Senatorin in Bremen. Foto: Marcus Schmidt
Senatorin Vogt

Häfen brauchen das Doppelte

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Senatorin erklärt Zustand, Arbeitsplätze, Mitbewerber und ihre größten Wünsche

Weser Report: Wie geht es den Häfen in Bremen und Bremerhaven? Sind die beiden schon Patienten?

Kristina Vogt: Den Häfen geht es so, wie es auch dem ganzen Land geht, denn all das, was die Menschen und die Unternehmen tagtäglich in den Häfen leisten, das tun sie für die gesamte deutsche Wirtschaft und für die Sicherstellung der Versorgung unserer Bevölkerung. Im Moment beobachten wir eine relative Schwäche in der Wirtschaft und auch eine gewisse Kaufzurückhaltung. Wenn Aufträge ausbleiben und die Menschen ihr Geld lieber sparen als zu investieren, dann zeigt sich das in der Umschlagsstatistik. Von Patienten zu reden ist daher nicht richtig. Die Häfen spiegeln ein Gesamtbild von Deutschland in der Welt wieder. Das gilt nicht nur für den Umschlag, sondern auch für die neuen Aufgaben vor denen unsere Häfen im Angesicht der Energiewende aber auch der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung stehen.

Wie stehen die Bremer im Vergleich zu den Nachbarn in Norddeutschland, Rotterdam und Antwerpen da?

Die deutschen Häfen bewegen sich weitgehend im Gleichschritt, aber unsere Nachbarn im Westen wie im Osten haben zuletzt Marktanteile hinzugewinnen können. Sie haben schneller auf die gerade genannten Trends reagiert, die notwendige Transformation fängt in den deutschen Häfen erst jetzt richtig an.

Muss sich jemand Sorgen um seinen Arbeitsplatz am Meer machen?

Nein, aber die Arbeit von morgen wird nicht die Arbeit von gestern oder heute sein. Das war noch nie so und schon immer war Veränderung unser stetiger Begleiter. Das gilt natürlich auch für die Arbeitswelt und die Unternehmen werden darauf mit Weiterbildung und Qualifizierung reagieren müssen. Ein gutes Beispiel dafür ist ma-co, das maritime Kompetenzzentrum, das heute die Hafenarbeit von morgen gestaltet und ausgehend von den künftigen Jobprofilen geeignete Transformationspfade entwirft.

Was muss schnell angepackt werden: veraltete Kajen, versandete Fahrrinnen, Anwerbung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Digitalisierung, Bahnen, Autobahnen oder Energieversorgung?

Im Grunde alles gleichzeitig und eine Priorisierung ist gar keine leichte Aufgabe. Sie ist dennoch notwendig, denn aus eigener Kraft kann und wird Bremen nicht alles, was notwendig ist, leisten können. Es geht deshalb darum, mit allen Beteiligten, die richtigen Dinge gemeinsam anzupacken. Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel nennen. Der Bund muss selbstverständlich in seiner Verantwortung endlich die Außenweser anpassen. Das ist schon lange überfällig. Bremen wird dann die Kajensanierung auf den Weg bringen. Die Terminals müssen selber in die Automatisierung und die Brücken investieren. Das kostet Bremen und die Unternehmen mehrere 100 Millionen Euro.

Was hat Bremen der Hafenentwicklungsdialog mit den anderen Küstenländern und der Bunderegierung gebracht? Ziehen alle an einem Strang?

Ja, wir Küstenländer stehen alle vor den gleichen Herausforderungen und der Bund will mit einer Nationalen Hafenstrategie die Bedeutung der Häfen tatsächlich auf die Nationale Ebene heben. Das ist notwendig, denn wir betreiben unsere Häfen eben nicht zum Selbstzweck, sondern für die gesamte Bundesrepublik. Als Gastgeberin hatte ich die besondere Möglichkeit gegenüber den beiden für unsere Häfen wichtigsten Ministerien, dem BMDV und dem BMWK die für Bremen besonders wichtigen Themen klar zu adressieren.

Auch andere Bundesländer wie Bayern brauchen die Nord-Häfen. Müssen sich diese Länder mehr einbringen?

Unbedingt und gerade da erwarten wir durch die Nationale Hafenstrategie eindeutige Signale. Der Bund macht damit deutlich, dass die Häfen von herausragender nationaler Bedeutung sind. Wären die Seehäfen blockiert, würden auch in Bayern die Bänder stillstehen.

Schließen Sie weiterhin aus, dass sich Bremens Häfen Großreedereien oder andere Investoren ins Boot holen – zum Beispiel aus China?

Man muss unterscheiden: ein Modell wie in Hamburg, bei dem eine Reederei in die Hafengesellschaft einsteigt, halte ich für überhaupt nicht sinnvoll, da man sich in die Abhängigkeit eines einzelnen Unternehmens begibt. Die Terminalbetreiber hingegen haben in Bremerhaven seit über 20 Jahren hervorragende Erfahrungen mit Beteiligungen internationaler Reedereien am Terminalbetrieb. Das sind Partnerschaften auf Augenhöhe, aber natürlich muss man sich seine Partner genau auswählen.

Können Sie eine Gesamtsumme nennen, die Bremen für seine Häfen braucht?

Wenn wir all das anpacken wollen, was zur Erfüllung der vielen, insbesondere auch der nationalstaatlichen Ziele anpacken müssen, werden die bisher rund 50 Millionen, die Bremen jährlich mindestens in seine Häfen investiert hat, hinten und vorne nicht reichen. Wir werden in Zukunft mindestens das Doppelte pro Jahr benötigen.

Wenn Sie unbegrenzte Mittel hätten, was würden Sie für sie tun?

Ich würde unser Bremisches Hafenkonzept, das HEK, das wir im Dialog mit allen Beteiligten erarbeitet haben und das dann einstimmig beschlossen worden ist, umsetzen. Zudem würde ich dem Bund, der Autobahn GmbH, der Wasserstraßenverwaltung und auch allen anderen, die Verantwortung für kritische, für hafenbezogene Infrastrukturen tragen dazu raten, ebenfalls genau das zu tun, was längst beschlossen und verkündet ist.

Gibt es eine nächste große Sache für den Hafen, die wir schon bald erwarten dürfen?

Unmittelbar anstehend sind Entscheidungen zur Fortsetzung der Planungen für eine neue Drehbrücke und zur Fortführung der Kajen-Erneuerung im Kaiserhafen III. Ich hoffe sehr, dass die Unternehmen in der Verantwortung für die Lloyd Werft, sich erfolgreich um den Bau von Konverter-Stationen am Standort Bremerhaven bewerben. Nur im Schulterschluss von Unternehmen und Politik beziehungsweise Verwaltung können die Häfen erfolgreich gestaltet werden.

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