Schnell ist das Smartphone gezückt, die Bezahlung getätigt. Die Spirale der Sucht kommt unbemerkt in Gang. Die Anonyme Drogenberatung Delmenhorst (drob) unter dem Dach der Arbeiterwohlfahrt (Awo) spricht von einer „dramatischen Zunahme“ von Spielsüchtigen. Die Umsätze (Spieleinsätze) sind im Vergleich zum Vorjahr um rund 15 Prozent gestiegen.
„Das ist erheblich“, so Einrichtungsleiterin Evelyn Popp bei der Vorstellung des Jahresberichtes für 2023. Die Summe erreichte mit 53,4 Milliarden Euro eine exorbitante Höhe. Dies sei vor allem dem Segment der Sportwetten, besonders im Online-Bereich, zuzuschreiben. Primär betroffen sind laut Popp junge Männer. Durch das Smartphone mit der schnellen Bezahlfunktion bestehe die starke Gefahr eines Kontrollverlustes. Die Abhängigkeit könne psychosoziae Schäden verursachsen. „Eine Spielsucht lässt sich aber gut behandeln“, macht Popp Mut. Auch für diese schwere Abhängigkeitserkrankung bietet das Team der drob qualifizierte Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen an. Immer mit an Bord nehmen die Fachkräfte die Angehörigen. Denn Sucht ist immer auch eine Familienkrankheit, so Popp.
Erhöhte Klientenzahl
Im vergangenen Jahr zählte die drob insgesamt 1.430 Klienten (2022: 1.393), fast alle aus Delmenhorst. 37 kamen aus dem Umkreis. An erster Stelle der Suchtkrankheiten stand die Alkoholabhängigkeit (356, 2022: 295), gefolgt von Cannabis (281, 2022: 222), Opiate und Opiatersatzstoffe (122, 2022: 124) und Kokain (47, 2022: 49). „Die höchste Dunkelziffer haben wir bei der Medikamentensucht“, sagt Popp. Denn die sei bei Medikamenten als Teil einer Behandlung schwer zu erkennen.
Auffällig ist auch die hohe Zahl der Klienten bis 15 Jahre, sie lag 2023 bei 90. Das liegt laut Popp zum einen daran, dass sie schon riskant konsumierten, und zum anderen, dass viele Kinder von Suchterkrankten dabei sind.
Einen stetigen Anstieg verzeichnet die drob bei den 70- bis 80-Jährigen, die vorwiegend wegen Alkoholsucht in Behandlung sind. Der älteste Betroffene im vergangenen Jahr war 87. „Man will es sich im Alter gutgehen lassen. Zudem bedeutet der Alkohol, eine enge Beziehung“, weiß Cornelia Horn, stellvertretende Leiterin der drob.
Unterstützung in diversen Lebensbereichen
Der Großteil der Klientel liegt in der Altersspanne 25 bis 50 Jahre. Das durchschnittliche Ausstiegsalter beträgt Ende 40. Neun Menschen sind jedoch an ihrer Sucht gestorben. „Das ist sehr viel“, sagt Popp. Fast 60 Prozent konnten ihre Behandlung planmäßig beenden, vorzeitig abgebrochen haben rund 26 Prozent. „Es ist ein Prozess. Viele kommen auch wieder“, so die Einrichtungsleiterin über den schweren Weg aus der Sucht. Sie und ihr Team sind stets bemüht, den Einstieg in die verschiedenen Hilfsmöglichkeiten so leicht wie möglich zu halten. „Wir sind froh, dass wir auch sehr junge und sehr alte Menschen erreichen“, sagt Popp. Für jedes Problemfeld hat die Einrichtung ein Angebot, von Eltern mit ihren Kindern über tagesstrukturelle Angebote bis zu Behandlungen.
Gespannt ist man bei der drob auch, wie sich die Legalisierung von Cannabis auf die Zahlen auswirken wird. Popp selbst sieht den Schritt skeptisch. 50 Gramm dürfen Volljährige ab 1. April besitzen. „Das ist viel und hat schon einen erheblichen Effekt. Cannabis ist eine hochwirksame Substanz, die unterschätzt wird“, meint sie. Zwar sei es gut, dass nicht mehr jeder kriminalisiert wird, aber es gebe schon zahlreiche Menschen mit einer Suchterkrankung. Viele hätten es aber auch im Griff.
Mehr zu den Angeboten der drob gibt es auf drob-delmenhorst.de.