Die von Jürgen Knapp erschaffene Bronzeskulptur einer anonymen Arbeiterin steht vorläufig im Nordwestdeutschen Museum für Industriekultur auf der Nordwolle. Foto: Konczak
Geschichte

Frauen im Fokus

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Enthüllung der Skulptur einer Arbeiterin

Erst seit etwas über 100 Jahren, seit dem 12. November 1918, haben Frauen das Recht zu wählen. Von diesem Wahlrecht konnten die Bürgerinnen nur wenige Monate später, am 19. Januar 1919, Gebrauch machen. Dies war ein weiterer Schritt der Emanzipation. Dennoch lebten und arbeiteten die Frauen weiter in einer männerdominierten Welt.

Mit der Initiative „FrauenOrte“ in Niedersachsen soll die Rolle der Frau im Laufe der Geschichte im Fokus stehen. Dafür werden bedeutende weibliche Personen in Erinnerung gerufen. Am 21. September 2018 ist die Stadt Delmenhorst mit Ruth Müller zu einem solchen Ort vom Landesfrauenrat Niedersachsen ausgezeichnet worden.

Sprachrohr der Arbeiterinnen

Doch eigentlich sollte eine ganz andere Persönlichkeit in den Fokus gerückt werden, wie Herta Hoffmann weiß. „Als ich im Sommer 2016 auf Forschungsreise für Gräfin Sibylla Elisabeth war, besuchte ich auch ihren Geburtsort Dannenberg an der Elbe“, erinnert sich die ehemalige Lehrerin und Vorsitzende des Heimatvereins Delmenhorst zurück. „Dort steht vom Schloss wenigstens noch der Turm, in dem eine Ausstellung zu der Frau ist, die Dannenberg für den FrauenOrt ausgesucht hat: Eleonore Prochaska, gefallen 1813 bei Dannenberg im Freiheitskrieg gegen Napoleon“, so Hoffmann weiter. In Dannenberg kam laut Hoffmann die Frage auf, ob Delmenhorst denn schon selbst FrauenOrt sei. Mit mehr Material im Gepäck als ursprünglich intendiert reiste die pensionierte Geschichtslehrerin nach Delmenhorst zurück und klügelte gemeinsam mit Carsten Jöhnk, Leiter des Nordwestdeutschen Museums für Industriekultur auf der Nordwolle, einen Antrag aus. Ihr Vorschlag für Sibylla Elisabeth wurde abgelehnt, stattdessen fiel die Wahl auf Ruth Müller. „Sie war eine Fabrikarbeiterin auf der Nordwolle und setzte sich als Betriebsrätin und Gewerkschaftlerin für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Kolleginnen ein“, begründet Jöhnk die Wahl.

Eine Skulptur zur Erinnerung

Neben der Initiatorin und dem Museumsleiter war der ehemalige Vorsitzende des Förderkreises des Industriemuseums (FID), Friedrich Hübner, Antrieb für das Projekt. Dieser ist jedoch 2021 verstorben. Die Schirmherrschaft übernehmen die Delmenhorster Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag und Oberbürgermeisterin Petra Gerlach. „Frauen hatten damals noch eine andere Rolle, die Leistungen der Frau wurde nicht gewürdigt“, sagt Gerlach. Eben jene Frauen bekämen mit der Skulptur nun ein Gesicht, das auch Rückschlüsse auf die textile Vergangenheit zulässt.

Das Kunstwerk stammt von Jürgen Knapp. „Sie befindet sich in der typischen Beinstellung für Arbeiter an der Ringspinnmaschine. Die Bewegung fließt von den Knien in die Arme“, beschreibt der Künstler. In ihrer Bewegung innehaltend blickt sie den Betrachter an. Am Sockel soll später eine Plakette mit weiteren Informationen und den Sponsoren angebracht werden. Dazu gehören bereits die Landessparkasse zu Oldenburg (LzO) sowie Delbus und die Stadtwerke Delmenhorst. Weitere Geldgeber für die Finanzierung des Sockels werden gesucht. Diese können sich entweder an den Heimatverein oder an den FID wenden.
Derzeit kann die Skulptur im Nordwestdeutschen Museum für Industriekultur begutachtet werden. Sobald die Erneuerung des Bahnhofsvorplatzes abgeschlossen ist, wird das Kunstwerk dort einen geeigneten Ort erhalten.

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