Delme Report: Herr Lehmhaus, Sie sind das neue Gesicht in der Delmenhorster Stadtkirche. Erzählen Sie mir etwas über ihren bisherigen Weg und ihre Verbindung zur Kirche.
Johann Lehmhaus: Geboren und aufgewachsen bin ich in Hamburg, im Kreis Stormarn. Über die Kirchenmusik bin ich im Kinderchor gelandet, zusätzlich habe ich Klavier und Orgel gelernt und gespielt. Über die Kirchenmusik habe ich mich dann zwangsläufig über die Inhalte informiert.
Und wie sind Sie zu dem Beruf des Pastors gekommen?
Ich habe ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung absolviert und danach war die Frage, wo will ich eigentlich hin. Ich bin dann im gleichen Bereich geblieben und habe angefangen Heilerziehungspfleger in Hamburg zu werden. Nach einem dreiviertel Jahr habe ich bemerkt, dass es das nicht so ganz für mich ist. Also wieder die Frage: Was mache ich? Bin dann nach Berlin gegangen und habe das Theologie-Studium begonnen und gemerkt, dass das das Richtige für mich ist.
Woran haben Sie das bemerkt?
Ich konnte mich mit vielen Themen auseinandersetzen. Die Geschichte fand ich spannend, besonders das antike Christentum. Zusätzlich habe ich mich mit den Gottesdienstformen auseinandergesetzt, den Ursprung dessen und wie das historisch gewachsen ist. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Tradition gut ist und wir die nicht ersetzen müssen, sondern wir können damit arbeiten – ohne das Neue gegen das Alte auszuspielen.
Wie ging es mit Ihrem Studium dann weiter?
Ich habe in Leipzig weiter studiert, mein Examen in Kiel, in der Nordkirche, gemacht. Damals war ich auch schon mit meinem Mann zusammen, der kam aus der Landeskirche Oldenburg. Wir haben uns dann gemeinsam überlegt, wo wir hingehen und haben uns für die Oldenburgische Landeskirche entschieden. Vorher habe ich noch vier Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni in Kiel mit dem Fokus auf Kirchengeschichte gearbeitet. Mein Mann war dann auch fertig und ist als Pastor in der Kirche Stuhr/Varrel tätig. Es ist ganz toll, dass die Kirche etwas gefunden hat, was für uns beide passt.
Eine Beziehung wie Ihre erscheint eher ungewöhnlich im kirchlichen Kontext, oder?
Ich merke, dass sich die letzten Jahre da viel getan hat und bei uns hat da keiner groß gefragt. Wir sind auch kirchlich getraut. Natürlich gibt es an einigen Stellen von Kirche und Gesellschaft Diskussion, Widerstände und sogar Ablehnung. Zum Glück hatte ich da keine Probleme
Es ist wirklich schön zu sehen, dass sich das geändert hat und mehr Akzeptanz gepredigt und gelebt wird.
Die Welt verändert sich rasant. Das merken wir überall, auch in der Kirche. Und da habe ich den Eindruck, dass mein Glaube gebraucht wird. Gerade da, wo sich so viel massiv ändert – besonders in den letzten zwei Jahren mit all den neuen Sorgen und Ängsten. Die Sicherheiten sind sehr verschwommen und da kommt dann die Frage auf, woran man sich noch festhalten kann. Gerade da hat der Glaube eine Chance, wenn man ihn als das anbietet.
Nehmen Sie diese Gedanken mit in den Gottesdienst?
Ja. Das Grundgerüst von den Gottesdiensten bleibt, bloß wie man das darin liegende gestaltet, da probiere ich mich aus. Muss es immer der alte Gesang aus dem 17. Jahrhundert sein oder finden wir das mit dem gleichen Inhalt nochmal woanders? Ich suche nach neuen Wegen.
Was ist neben den Gottesdiensten noch ihre Tätigkeit?
Ich übernehme Amtshandlungen, beispielsweise bin ich bei Bestattungen dabei. Da bin ich sehr nah an den Leuten dran. Bei Trauungen geht es den Paaren viel um die Gestaltung des Tages und ich gestalte mit ihnen einen Gottesdienst, in dem die Liebe und die Freude ausgedrückt werden. Bei Taufen ist es ähnlich, sie wird oft zu einem Familienfest. Zum Beruf gehört auch die Gestaltung der Gemeinde, wie auch Bauangelegenheiten und Verwaltungssachen. Auch die Planung längerer Veranstaltungen.