Aufnahme von 1999
Es ist ein historischer Glücksfall, der dafür sorgt, dass aus dem kleinen Ackerbürgerstädtchen Delmenhorst die größte Industriemetropole des Nordwestens Deutschlands wird. Die Nachbarstadt Bremen liegt bis 1888 außerhalb des deutschen Zollgebiets. In der Hansestadt produzierte Waren müssen daher teuer verzollt werden, ehe sie im Deutschen Reich verkauft werden können. Von Delmenhorst hingegen können Waren problemlos in sämtliche Regionen des Kaiserreichs geliefert werden.
Aufnahme von 1987
Größte Industriestadt zwischen Weser und Ems
Mit der 1867 erfolgten Einweihung der Bahnstrecke Bremen-Oldenburg entwickelt sich Delmenhorst bis 1898 zur größten Industriestadt zwischen Weser und Ems. Damit ist sie das bevorzugte Ziel hanseatischer Finanziers. Pioniere auf diesem Gebiet sind die Kaufleute Vogt und Wex, welche für die erste Großindustrielle Kapitalanlage Bremer Investoren sorgen, als sie im Februar 1871 in ihrer am Delmenhorster Bahnhof gelegenen „Hanseatischen Jutespinnerei Vogt, Wex & Co.“ mit 650 dampfkesselbetriebenen Spindeln und 30 Webstühlen die Produktion aufnehmen. Die etwa 130 Beschäftigten, vor allem Frauen und Kinder, arbeiten vornehmlich in industrieller Heimarbeit. Bis 1875 verdoppelt die Jute, die die Fabrik bald nur noch genannt wird, ihren Maschinenbestand.
Aufnahme von 1990
Als 1882 in unmittelbarer Nachbarschaft eine Linoleumfabrik die Produktion aufnimmt, ist der Absatz von Jute auch in Delmenhorst garantiert. Die Belegschaft wächst daraufhin auf über 300 Beschäftigte an. 1892 verlegt die Hanseatische Jutespinnerei ihren Hauptsitz von Bremen an die Delme.
1.200 Menschen arbeiten auf der Jute
Aufnahme von 1995
1914 arbeiten 1.200 Menschen auf der Jute, von denen etwa 65 Prozent Frauen und 80 Prozent Ausländer sind. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise gerät das Unternehmen Anfang der 1930er Jahre in schwere Schieflage und muss die Hälfte seiner Belegschaft entlassen. Der Verfall ist trotzdem nicht aufzuhalten.
Die 1873 im damals noch preußischen Hemelingen gegründete Jute-Spinnerei und Weberei Bremen übernimmt 1932 ihren Delmenhorster Konkurrenten. Anfang der 1960er-Jahre wird die Produktion komplett nach Delmenhorst verlagert. In den 1970er Jahren sucht die Firmenleitung nach einem zweiten Standbein und eröffnet 1973 in einer Webereihalle einen Teppichbodenmarkt. Damit legt sie den Grundstein für die spätere Nutzung des Areals als Einzelhandelsstandort.
126 Jahre Juteproduktion
Aufnahme von 1996
Aufnahme von 1996
Im Jahr 1988 beteiligt sich die Teppich Domäne Harste an der Jute Spinnerei und Weberei Bremen und übernimmt 1996 das gesamte Unternehmen. 1997 kommt nach 126 Jahren Juteproduktion in Delmenhorst das Aus.
Aufnahme vom Abriss aus dem Jahre 1999
Aufnahme vom Abriss aus dem Jahre 1999
Auf dem Gelände der alten Fabrikanlagen entsteht ab 1999 ein innerstädtischen Einkaufzentrum. Der Name Jute-Center erinnert an die historische Vergangenheit, genauso wie einige Gebäudeteile, die bis heute erhalten geblieben sind. Wer auch immer mit der Bahn nach oder durch Delmenhorst reist, blickt zuallererst auf das nördlich des Bahnhofes gelegene Jute-Center, das damit so etwas wie die Visitenkarte der Stadt ist. Oder wie es Oberbürgermeisterin Petra Gerlach jüngst bei der Eröffnung des EDEKA-Centers betonte: „Ein Bindeglied zwischen der Innenstadt und dem künftigen Wonnepark.“
Das Jute-Center entsteht. Aufnahme von 1999
Grundsteinlegung im Jahre 1999