Nach 30 Jahren läuft bei Windkraftanlagen die Typenzulassung – der sogenannte Anlagen-TÜV – aus. Davon betroffen sind die beiden Windräder, die in Hasbergen stehen: Winnie und Klärchen. Sie wurden Ende 1994 in Betrieb genommen. Um diesen Standort weiterhin durch erneuerbare Energien nutzen zu können, kam bei der zuständigen Stadtwerkegruppe Delmenhorst (SWD) die Idee auf, die beiden alten durch leistungsstärkere und effizientere Windräder zu ersetzen. In Fachkreisen nennt man das Repowering. Bis die neuen Anlagen ihre Arbeit aufnehmen könnten, würden jedoch einige Jahre vergehen. Frühstens 2027 peilt die SWD an. Deshalb hofft man dort, für die beiden alten Enercon-Anlagen eine Laufzeitverlängerung bis 2027 zu erhalten.
Winnie und Klärchen sind rund 70 Meter hoch und erwirtschaften jährlich gerade mal 1.100.000 Kilowattstunden (kWh) Strom. Ihre Nachfolgen sollen jeweils eine Gesamthöhe von zirka 200 Metern haben, dafür aber auch über eine Leistung von je 4,2 Megawatt verfügen. Damit könnten jährlich rund 25.000.000 kWh Strom erzeugt werden. Für die Projektentwicklung und den späteren Betrieb will die SWD eine Partnerschaft mit der Trianel Wind und Solar GmbH eingehen. Hierbei handelt es sich um ein Netzwerk aus über 50 kommunalen Stadtwerken als Gesellschafter, das sich seit 2012 um die Projektentwicklung sowie den Bau und Betrieb von Windkraft- und Photovoltaik-Projekten kümmert. Angedacht ist die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft.
Anlagen mit Höhen von 70 Metern laufen aus
Jüngst stellten Dieter Meyer von der SWD und der Dr.-Ing. Christoph Schöpfer von der Trianel Wind und Solar das gemeinsame Projekt der interessierten Öffentlichkeit im Restaurant Perino vor. Auf die Nachfrage, warum die neuen Anlagen so viel höher werden sollen als die alten, antwortete Schöpfer: „Kleine Anlagen mit Höhen von 70 Metern laufen aus.“
Während man 1994 noch relativ einfach eine Genehmigung für eine Windkraftanlage erhalten habe, sei das Genehmigungsverfahren heute deutlich schwieriger. In Hasbergen dürften die neuen Anlagen maximal 200 Meter hoch sein. Alles darunter sei unwirtschaftlich. Für höhere Anlagen fehle dagegen der Platz, da der Mindestabstand zu reinen Wohngebieten, Dorf- und Mischgebieten sowie Einzelgebäuden die zweifache Gesamthöhe der Anlage betragen muss. Das wären in Hasbergen 409 Meter. „Da wir mit einem Abstand von rund 500 Metern zum nächstgelegenen Wohngebäude planen, sind wir deutlich über dem geforderten Mindestabstand,“ so Schöfer. Beim Bürgerdialog gab einer der anwesenden Anlieger jedoch zu bedenken, dass „es sich hierbei um die Mindestabstände handelt. Es gibt bereits Vorschläge von Mindestabständen von über 1.000 Metern zur nächsten Bebauung.“ Damit würde der Standort in Hasbergen nicht mehr in Frage kommen – und wohl auch kaum eine andere Stelle auf Delmenhorster Gebiet.
Maximal 30 Minuten Beschattung pro Tag und 30 Stunden pro Jahr
Der Schattenwurf einer Windkraftanlage wird häufig als unangenehm empfunden, weil er anders als der Schatten von unbewegten Gegenständen periodisch auftritt. „Es sind maximal 30 Minuten Beschattung pro Tag und 30 Stunden pro Jahr erlaubt“, versuchte Schöpfer die Zuhörer zu beruhigen. Moderne Anlagen würden über eine Schattenabschaltung verfügen.
Auch eine befürchtete Lärmbelästigung war ein Thema für die Bürger. Der Schall von Windkraftanlagen ist in der Hauptsache das Windgeräusch der sich im Wind drehenden Rotorblätter. „Tagsüber zulässig ist maximal ein Schallpegel von 60 db(A). Nachts sind lediglich 45 dB(A) erlaubt“, erklärte der Experte und fügte hinzu: „In Hasbergen kommen beim nächstgelegenen bewohnten Gebäude unter 45 dB(A) an.“ Das liege unter Vogelgezwitscher mit rund 50 dB(A). „Neue Windräder drehen sich deutlich langsamer, dadurch sind sie leiser“, erklärte Schöpfer.
Windkraftanlagen mit mehr als 100 Metern Höhe müssen über eine so genannte Nachtkennzeichnung versehen sein. Das dient der Sicherheit des Flugverkehrs. Die charakteristischen roten Blinkmuster werden von einigen Personen als störend empfunden. So auch beim Bürger-Dialog im Perino. Schöpfer versuchte die Anwesenden zu beruhigen.
„Neue Windenergieanlagen müssen mit einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung ausgestattet sein, die sich nur dann einschaltet, wenn sich ein Flugzeug in der Nähe befindet.“ Zusammenstöße zwischen Rettungsfliegern und den Windrädern seien nicht zu befürchten, da die Piloten auf Karten und Daten zugreifen, in denen die Windräder verzeichnet seien. In diesem Zusammenhang sieht der Ingenieur das Problem prinzipiell nicht bei den hauptberuflichen Fliegern, sondern eher bei Freizeitfliegern.
Neue Windräder könnten 2027 in Betrieb genommen werden
Auf den Zeitplan angesprochen, teilte Dieter Meyer (SWD) mit, dass noch in diesem Jahr damit begonnen werden soll, die Bewegungen von Rast- und Zugvögeln sowie Fledermäusen in dem Gebiet zu erfassen. Erst danach folgt das Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Das soll 2025/2026 geschehen. Im Idealfall könnten die neuen Anlagen 2027 in Betrieb genommen werden.
Aktuell sind im Delmenhorster Stadtgebiet fünf Windenergieanlagen in Betrieb – vier davon im Stadtnorden und eine im Südosten an der Stadtgrenze. „Auf der Grundlage der neuen Gesetze zur Förderung der Windenergienutzung beschäftigt sich die Stadtverwaltung derzeit mit der Fragestellung, ob und wo weitere Flächen für die Windenergienutzung ausgewiesen werden sollen“, teilt Felix Frank, stellvertretender Pressesprecher der Stadt Delmenhorst auf Nachfrage mit.
Veranstaltung „Energie im Wandel“
Unter dem Titel „Energie im Wandel“ lädt die Stadtwerkegruppe Delmenhorst (SWD) für Dienstag, 21. Mai in die Markthalle ein. Ab 18 Uhr kann man sich auf fachkundige Vorträge über die Möglichkeiten zum Umstieg auf nachhaltige Energiequellen freuen. Darüber hinaus bekommt das Publikum die Möglichkeit, sich aktiv mit Experten auszutauschen und individuelle Fragen zu klären. Die Teilnahme ist kostenlos. Auf der Internetseite der SWD stadtwerkegruppe-del.de besteht die Möglichkeit zur Anmeldung.