Der Großteil der Besucherinnen und Besucher der öffentlichen Sitzung des Rates der Stadt Delmenhorst am vergangenen Dienstag war umsonst gekommen. Die Entscheidung, wie es mit dem Birkenwäldchen zwischen „Zum Tell“ und Wilhelm-Tell-Weg im Norden Delmenhorsts weitergeht, wurde vertagt. Der Antrag wurde wegen Beratungsbedarf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zurückgestellt. Diese Entscheidung trugen die Ratsmitglieder einstimmig mit.
Die politischen Vertreter, die sich in der vergangenen Woche im Ausschuss für Planen, Bauen und Verkehr (wir berichteten) noch mehrheitlich für Variante 3 zugunsten einer Vergrößerung des Parkplatzes für den TuS Hasbergen und damit die Abholzung des rund 2.000 Quadratmeter großen Wäldchens ausgesprochen hatte, sahen dies nun größtenteils anders. Grund wird sicherlich zum Großteil der lautstarke Unmut der Anwohnenden und ihr Unverständnis darüber sein, dass sie nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen wurden.
Im Rahmen der Einwohnerfragestunde verwiesen mehrere Anwohner darauf, dass die seit mehreren Jahrzehnten sich selbst überlassene Fläche zwischenzeitlich zu einem Zuhause für Flora und Fauna geworden sei. „Dort leben zum Beispiel Amphibien, Fledermäuse und viele Insekten.“ Für den Naturschutzbund verlas der Umweltbiologe Meinhard Meiners-Hagen eine Erklärung und erinnerte die anwesende Verwaltung und Politik an eine notwendige Umweltprüfung und Ausgleichsmaßnahmen.
Der Wald ist unlängst zur Heimat geworden
Ein Vertreter des neu gegründeten Baumförder- und Waldschutz-Vereins für Delmenhorst & Umzu (BaWaDel) war ebenfalls als Zuhörer anwesend. Es sei nicht zeitgemäß, gesunde, fast 100-jährige Bäume zugunsten einer Parkplatzerweiterung abzuholzen. „Das Biotop mit dort unter Schutz stehendem Fledermaus-Vorkommen wie Großer Abendsegler, Breitflügel- und Zwergfledermäuse muss erhalten werden“, so Geschäftsführer Henning Suhrkamp. Gesetze und Pläne würden einem fortlaufenden Wandel unterliegen, sodass der noch zu untersuchende Bestandsschutz Vorrang vor einem Beschluss haben sollte, der 45 Jahre zurück liege.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Marianne Huismann, teilte dem DELME REPORT im Anschluss an die Ratssitzung mit, dass „die Grünen mit der Verschiebung der Entscheidung der Fachverwaltung mehr Zeit ermöglichen wollen, die diese für Gespräche mit den Anwohnern nutzen muss. Außerdem ist die Datenlage, die uns vorgelegt wurde, nicht vollständig. Wir benötigen eine ordentliche Planung.“ Das betreffe auch die Umweltprüfung: „Sollte sich herausstellen, dass das Wäldchen unter Schutz zu stellen ist, können wir eh weitere Planungen vergessen“, so Huismann. Die Grünen wollen es zum Antrag erheben, dass die Fachverwaltung Informationen über die Dauer der Planungs- und Bauzeit und die Kostenunterschiede zwischen Variante 1 und Variante 3 darlegt. Huismann: „Das muss transparent dargestellt werden. Erst dann können wir entscheiden.“
Stimmen aus den sozialen Netzwerken
Auch in den sozialen Medien wird die Zukunft des Wäldchens emotional diskutiert. Eine Nutzerin schreibt: „89 Prozent Rodung? Da kommt es auf die letzten 11 Prozent auch nicht mehr drauf an.“ Für sie wäre eine entsprechende grüne Ausweichfläche ein Kompromiss, diese müsse aber in der Nähe der Anwohnenden stehen, um als solche zu funktionieren. Ein anderer Nutzer weist auf die Starkregenkarte der Stadt hin. Demnach würde sich eine zusätzliche Bodenversiegelung negativ auswirken. Sollte es wieder zu starkem Niederschlag kommen, so würde der neue Parkplatz sich in einen See verwandeln. Eine weitere Nutzerin bemerkt ironisch: „Schade um die Bäume, aber Autos und Parken ist eben wichtiger.“