Bei den beschnittenen Robinien an der Damaschkestraße ist trotz nachgewachsenen grünen Trieben der starke Rückschnitt noch deutlich sichtbar. Foto: Martina I. Meyer
Robinien

Kahlschlag in der Brut- und Setzzeit

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Anwohner der Damaschkestraße in Delmenhorst kritisieren den Rückschnitt von 20 Bäumen.

„Mitten in der Brut- und Setzzeit wurden in der Damaschkestraße 20 prächtige Bäume bis auf ihr nacktes Skelett komplett heruntergeschnitten“, beklagen Sovanna Chhoeung und Ingo Zirwes. Es habe dort von Eichhörnchen und anderen Tieren gewimmelt, in den Bäumen brüteten Vögel. „Von Seiten der Stadt wurde uns mitgeteilt, dass ein Baum-Sachverständiger einen Pilzbefall an einigen Bäumen festgestellt hatte und daraufhin die Empfehlung aussprach, alle Bäume zu beschneiden“, berichten die Anwohnenden. Innerhalb eines einzigen Arbeitstages seien alle 20 Bäume komplett gestutzt worden.

Bäume sollen nicht mehr vital gewesen sein

Auf Nachfrage teilt der zuständige Fachbereich Planen, Bauen, Umweltschutz, Landwirtschaft und Verkehr bei der Stadt Delmenhorst schriftlich mit: „Im Rahmen der turnusmäßigen Sichtkontrolle wurde durch den Baumkontrolleur festgelegt, dass bei allen Robinien ein Kronen-Sicherungs-Schnitt von etwa 30 Prozent durchzuführen ist. Hintergrund der Schnittmaßnahmen ist der Vitalitätsverlust der Robinien, der bereits seit mehreren Jahren zu beobachten ist. Durch die starke Verdichtung der Baumbeete wird der Baumbestand nur eingeschränkt mit Wasser, Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zu einem Vergreisen der Bäume führt.

Hinzu kommt, dass der gesamte Baumbestand mit holzzersetzenden Pilzen befallen ist, die insbesondere im unteren Bereich des Baumes an den Wurzelanläufen und am Stammfuß vorzufinden sind. Somit konnte eine Beeinträchtigung der Standsicherheit nicht ausgeschlossen werden. Zur Wiederherstellung der Standsicherheit musste ein Teil der Krone eingekürzt werden, um die Windangriffsfläche zu minimieren und damit den Baum im Stammfußbereich zu entlasten.“

Verkehrssicherheit hat Vorrang

Dazu muss man wissen, dass – sobald es um die Verkehrssicherheit geht – umfangreiche Schnittmaßnahmen an Straßenbäumen auch während der Brut- und Setzzeit erlaubt sind. Voraussetzung ist eine Genehmigung durch die Untere Naturschutzbehörde. Unabhängig davon gelten die Rechtsvorschriften des Artenschutzes.

Vor der Ausführung der Schnittarbeiten ist darauf zu achten, dass sich keine Vogelnester und andere Nistplätze im Baum befinden. Denn dann müssen die Arbeiten außerhalb der Brut- und Setzzeit vorgenommen werden. Laut dem städtischen Fachdienst wurde eine solche Kontrolle an der Damaschkestraße durchgeführt. Bei vier Robinien fand man Nester und verschob daraufhin die Schnittmaßnahmen. Die Anwohner sind dagegen davon überzeugt, dass sich niemand die Zeit genommen habe, nach Nestern zu schauen oder ob ein Ausdünnen ausgereicht hätte.

Für Verwunderung habe bei den Bürgerinnen und Bürgern in dem Zusammenhang auch gesorgt, dass alle Bäume bereits vor einigen Monaten gestutzt wurden. Darauf angesprochen betont der Pressesprecher der Stadt Delmenhorst, dass die ersten Schnittarbeiten nicht fachgerecht ausgeführt worden seien. „Sie entsprachen nicht den Erfordernissen der Verkehrssicherheit.“ Um die Standsicherheit der Bäume sicherzustellen, habe man die Kronen wiederholt beschneiden müssen.

Bürger können Baumgutachten kostenpflichtig anfordern

Laut Pressestelle der Stadt Delmenhorst können interessierte Bürgerinnen und Bürger die Herausgabe von Baumgutachten kostenpflichtig beantragen. Eine kostenfreie Bereitstellung sei dagegen nicht möglich. Als Begründung heißt es: „Die Veranschlagung von Kosten begründet sich darin, dass das Gutachten vor der Herausgabe so aufgearbeitet werden muss, dass ein mit der Sache nicht vertrauter Leser das Gutachten gut nachvollziehen kann.“

Aufnahme vom 30. Mai.                                                        Foto: Konczak

Aufnahme vom 20. Juni. Foto: Martina I. Meyer

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