„Wenn Nationalisten das Sagen haben, führt das immer ins Verderben“, betonte David McAllister, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen für die Europawahl und Gastredner beim Delmenhorster Wirtschaftsempfang in der Markthalle. Vor dem Hintergrund des Erstarkens der Rechtsradikalen in ganz Europa sei Gedenkarbeit wichtiger denn je. Nicht vergessen werden dürfen die Opfer der oldenburgischen NS-Krankenmorde.
Vorreiter der NS-Krankenmorde
Für die Nationalsozialisten galten psychische Erkrankte als „minderwertig“ und chronisch Kranke als „Ballastexistenzen“ – ihnen drohte der Tod. In der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen (die heutige Karl-Jaspers-Klinik Wehnen) wurde dieses Denken durch den leitenden Arzt Kurt Mönch schon seit 1924 verkörpert. Mit ihm wurde die oldenburgische Anstalt zu einem Vorreiter der NS-Krankenmorde.
Mittlerweile ist belegt, dass von den insgesamt mindestens 2.173 Opfern 144 aus der Stadt Delmenhorst stammten. 377 Menschen wurden aus Wilhelmshaven nach Wehnen gebracht, 246 aus der Stadt Oldenburg, 237 aus dem Landkreis Weser-Marsch und 230 Menschen aus dem Landkreis Friesland. Weitere 163 Frauen und Männer stammten aus dem Landkreis Oldenburg, 108 aus dem Landkreis Ammerland, 91 aus dem Landkreis Vechta, 71 aus dem Landkreis Cloppenburg, 66 aus Ostfriesland sowie 440 aus Stadt und Land Bremen.
144 Opfer kamen aus der Stadt Delmenhorst
Sie starben unter anderem an Lungenentzündung, Herz- und Kreislaufversagen, Tuberkulose, Typhus und „allgemeinem körperlichen Verfall“. All das ist nachzulesen in den Krankenakten.
Damit die Opfer nicht vergessen werden, gründeten deren Angehörige im Jahr 2004 den Gedenkkreis Wehnen. Drei Jahre später stellte die Kirchengemeinde Ofen dem Gedenkkreis die frühere Pathologie für eine Euthanasie-Erinnerungsstätte zu Verfügung. So entstand ein Zentrum für die Dokumentation der historischen Ereignisse. Das muss nun saniert werden, zudem ist eine Erweiterung geplant. Doch dafür fehlt das Geld.
Die Stadt Delmenhorst stellt dem Verein im laufenden Jahr einen Zuschuss in Höhe von 5.000 Euro zur Verfügung. Die Deckung erfolgt durch Einsparungen aus dem Budget des Fachbereiches Soziales und Gesundheit.
Gedenkkreis Wehnen fehlt Geld, um die Gedenkstätte zu sanieren und zu erweitern
Zu den Haushaltsberatungen für 2024 hatte der Verein bei der Stadt Delmenhorst um finanzielle Unterstützung gebeten. Anfangs hatte sich der Rat der Stadt Delmenhorst, mit Blick auf erforderliche Konsolidierungen im Zuge der schwierigen Finanzlage, gegen die finanzielle Unterstützung ausgesprochen.
Die Stadtverwaltung befasste sich weiterhin mit diesem Thema und tauschte sich mit den anderen Kommunen des Oldenburger Landes hinsichtlich einer Unterstützung der Gedenkstätte aus. Mittlerweile haben alle Landkreise und kreisfreien Städte, die der Gemeinschaft „Das Oldenburger Land“ angehören, einen Zuschuss in Höhe von jeweils 5.000 Euro in ihren Haushalten verankert.
Stadt Delmenhorst unterstützt mit 5.000 Euro
Daraufhin schlug die Delmenhorster Verwaltung der Politik „im Schulterschluss der gemeinsamen Unterstützung und Würdigung der wichtigen Gedenkstättenarbeit“ vor, ebenfalls einen Zuschuss in Höhe von 5.000 zu gewähren. Darauf konnten sich alle Anwesenden in der Sitzung des Rates der Stadt Delmenhorst am vergangenen Dienstag einigen.
„Wir freuen uns über den Beschluss des Delmenhorster Stadtrates zur Zuwendung von 5.000 Euro für die Erweiterung der Gedenkstätte Wehnen. Leider wird der Beitrag bei Weitem nicht ausreichen, um die Gesamtkosten zu decken“, teilt Ingo Harms von der Gedenkstätte Wehnen auf Nachfrage mit.
Informationen zur Gedenkstätte Wehnen
Die Euthanasie-Erinnerungsstätte befindet sich in einem kleinen Backsteinhaus, das sich auf dem Gelände der heutigen Karl-Jaspers-Klinik an der Hermann-Ehlers-Straße in Bad Zwischenahn (Wehnen) befindet. Info unter. Die Gedenkstätte ist von dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr sowie sonntags von 12 bis 16 Uhr geöffnet. Es gibt jeweils am letzten Freitag des Monats um 16 Uhr eine feste öffentliche Führung. Der Kostenbeitrag beträgt 5 Euro. Um eine verbindliche Anmeldung wird gebeten unter Telefon 0441 / 9 99 27 70 oder E-Mail buero@ gedenkkreis.de.