Rund 40 Jahre lang konnte man den Brill nicht nur über- , sondern auch unterqueren. Von 1968 bis 2009 stieg man vor der Kreuzung herab, um in der Obernstraße wieder vor den Straßenbahnhaltestellen an die Oberfläche zu kommen. Seitdem ist die Unterführung abgesperrt und liegt brach. Studierende der Hochschule Bremen haben ihre Konzepte und Visionen für die Zukunft vorgestellt, wie der Tunnel wieder nutzbar werden könnte.
Sporthub, Kunst-Tunnel oder gar ein Labor der Hochschule mit Fischzuchtbecken? Die Architektur Master Studierenden der Hochschule Bremen haben viele Ideen, wenn es um den Brill geht. Einige Konzepte waren durchaus unkonventionell, wie die Nutzung als Labor.
Jedoch – darauf legten alle Studierenden Wert, würden alle Vorschläge einen Mehrwert für die Bremer Bevölkerung liefern und wären ökonomisch machbar. Alle Studierenden wollen dazu den Tunnel wieder reaktivieren und Fußgänger sicherer von einer auf die andere Straßenseite bringen. Die Investitionskosten lägen je nach Projekt zwischen 11 und 17 Millionen Euro.
Eine Bibliothek auf und unter dem Brill
Heraus stechen zwei Entwürfe, die eine Bibliothek auf dem Brill Areal und eine kombinierte Nutzung als Arbeitsräume, Restaurant und Archiv im ehemaligen Tunnel vorschlagen. Da im August eine Berufsschule in das ehemalige Sparkassengebäude zieht und ein Teil der Hochschule bereits an der Kreuzung sitzt, gäbe es ohnehin eine große Nachfrage. Die Studierenden Preuß und Alostad wollen beide die Bibliothek auf und unter der Kreuzung, das Verkehrskonzept könnte aber kaum unterschiedlicher sein.
Während in einem Vorschlag das Gebäude auf einer bisher ungenutzten Fläche vor der Sparkassen stehen könnte, stellt es die Studentin Anais Alostad mitten auf die Kreuzung Richtung Bürgermeister Smidt-Brücke. Das mit Abstand spannendste: Der Verkehr würde unter dem Gebäude durchgeleitet werden. Durch eine spezielle Bausubstanz könnte innerhalb der Leseräume, trotz der geräuschvollen Umgebung für Ruhe gesorgt werden, stellt sie vor.
Oder darf es doch ein Myco Lab sein?
Eine besonders futuristischer Ansatz stammt von Lena Sohrmann. Die Tiefe des Brills könnte perfekt als Myco-Labor dienen. Dort wachsen Pilze die nicht für den Verzehr gedacht sind, sondern für weit mehr. Die Forschung und die Entwicklung steht zwar noch am Anfang, aber es ist durchaus möglich dass in der Zukunft wir auf Möbeln aus bestimmten Pilzen sitzen. Diese seien robust und trotzdem flexibel einsetzbar, nur Regen können sie nicht ab.
Unter dem Brill soll diese Technologie weiter erforscht und angewandt werden. Im Tunnel könnte man dann wortwörtlich den Pilzen beim wachsen zuschauen. Auf der Kreuzung würde sich, im Gegensatz zur Bibliothek, gar nicht so viel verändern. Nur Eingänge und große Sonnensegel würde Sohrmann dort platzieren. Die Sonnensegel dienen nicht nur als Schutz, sondern sammeln in ihrer Mitte auch Regenwasser, welches unter Tage geleitet wird um es für die Bedürfnisse der Stadt aufzubereiten.
Visionen der Zukunft, schaut der Senat hin?
Das Projekt stand unter der Aufsicht von Professor Clemens Bonnen und Isabella Pullmann. Beide betonen vor Ort wie spannend die Vorschläge der Studierenden sind. Der Brill und der darunterliegende Tunnel hätten großes Potenzial, aber auch große Hürden. So sei man unter Tage nicht nur dem Lichtproblem, sondern auch dem Lärm der darüber fahrenden Straßnbahn ausgesetzt. Alle Studierenden hätten jedoch innovative Lösungsansätze geliefert um die Problematik in den Griff zu bekommen.
Vor Ort sind auch Vertreter des Amts für Straßen und Verkehr sowie dem Projektbüro Innenstadt. Beide sagen, dass sie die vorgestellten Ideen mit in ihre Gremien nehmen wollen.
An Plänen aus der Politik für die stillgelegte Unterführung mangelte es in den vergangenen Jahren nicht. Während die Grünen eine Umfunktionierung als Fahrradparkhaus ins Spiel brachten, forderte die FDP den Senat schon 2018 auf eine Wiedereröffnung „ohne Denkverbote prüfen“ lassen zu wollen.
Bisher ist daraus nichts geworden. Vielleicht werden einige der Studierendenvorschläge auch von der Politik genauer geprüft.